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„Solange wir Menschen wie sie haben, gibt es in Russland die Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit“

Die politische Aktivistin Nadezhda Mityushkina erhält Boris Nemtsov Preis 2018
Eine stille, aber beharrliche Kämpferin für die Freiheit: Nadezhda Mityushkina

Eine stille, aber beharrliche Kämpferin für die Freiheit: Nadezhda Mityushkina

© Valentin V. Nikitchenko

Am 20. Juni 2018 verleiht die Boris-Nemtsov-Stiftung für die Freiheit den Boris-Nemtsov-Preis 2018 für besonderen Mut im Kampf um demokratische Werte und Menschenrechte sowie ein freies Russland. Auch in diesem Jahr wird die Zeremonie von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit unterstützt. In diesem Jahr erhält die Aktivistin Nadezhda Mityushkina den Preis. Als Teil der „Solidarnost“-Bewegung war sie an der Seite von Boris Nemtsov eine der Hauptorganisatoren der Proteste 2011 bis 2013 und bewahrt Nemtsovs Erbe bis zum heutigen Tag. Sie gehört zu den unermüdlichen russischen Freiheitskämpfern, die sich nicht in den Vordergrund drängen, aber das Rückgrat für den Einsatz für Freiheit und Demokratie bilden. Unser langjähriger Stiftungspartner, Dimitri Androssow, kennt Nadezhda Mityushkina schon viele Jahre und teilt mit uns seinen sehr persönlichen Blick auf die diesjährige Gewinnerin.

Ich freue mich sehr, dass Nadezhda Mityushkina den Boris-Nemtsov-Preis 2018 erhält. Es ist leider oft so, dass diejenigen, die mit ihrer wichtigen Arbeit hinter den Kulissen bleiben, der breiten Öffentlichkeit unbekannt sind. Ich hoffe, dass mit diesem Preis mehr Menschen in unserem Land und im Ausland über Nadezhda und ihr Engagement erfahren werden.

Nadezhda ist mir ein Begriff, seit ich im Jahr 2011 zur demokratischen Bürgerbewegung stieß, die gegen die Wahlfälschungen bei den Dumawahlen vorging. Als ich dann Mitglied in der von Boris Nemtsov gegründeten „Solidarnost“-Bewegung wurde, war Nadezhda Mityushkina eine der ersten, die ich innerhalb der Bewegung persönlich kennenlernte.

Tragende Säule bei den Straßenprotesten 2011-2013

Über viele Jahre hinweg unterstützte sie Boris Nemtsov unmittelbar in seinem Kampf für ein freies und demokratisches Russland. Während der Proteste 2011 bis 2013 waren es in erster Linie „Solidarnost“-Mitglieder, die sich bei der Vorbereitung von Kundgebungen und Demonstrationen engagierten. Nadezhda Mityushkina koordinierte die gesamte Organisation maßgeblich. Ohne ihr Engagement wären die großen Straßenaktionen der demokratischen Opposition damals so nicht zustande gekommen.

Die Vorbereitung umfasste auch immer die Kommunikation mit den Moskauer Behörden – mit manchmal sehr schwierigen Gesprächen. Nadezhda sorgte dafür, dass die Behörden sich an ihre Vereinbarungen mit der Opposition hielten. Es war für jeden offensichtlich, dass Boris Nemtsov sich immer und vollkommen auf sie verlassen konnte und er das sehr zu schätzen wusste.  

Infolge der friedlichen Kundgebungen der Opposition wurden bekanntlich dennoch viele Menschen verhaftet; einige für mehrere Jahre inhaftiert. Zusammen mit anderen hat Nadezhda Veranstaltungen wie die „Abende der Solidarität“ ins Leben gerufen, um für die politischen Gefangenen und ihre Familien finanzielle Mittel zu sammeln und ihnen so unter die Arme zu greifen.

Nadezhda hält die Erinnerung an Boris Nemtsov wach.

Dimitri Androssow, langjähriger Freund der Preisträgerin und Stiftungspartner
Dimitri Androssow

Freundin von Nemtsov, Behüterin seines politischen Erbes

Seit dem Mord an Boris Nemtsov hält Nadezhda die Erinnerung an ihn wach: Als eine der Freiwilligen auf der „Nemtsov-Brücke“ trägt sie sein Andenken auch in die Öffentlichkeit. Nadezhda betreut die Gedenkstätte auf der „Nemtsov-Brücke” und kümmert sich nach jeder Verwüstung durch die Behörden unermüdlich um den Wiederaufbau. Wenn ich alleine oder mit meinen russischen und ausländischen Freunden auf die besagte Brücke komme, treffe ich Nadezhda oft vor Ort. Wie viele bin ich ihr für die Mahnwache vor dem „Nemtsov-Volksdenkmal” und für dessen Schutz unglaublich dankbar.

In Kooperation mit der Partei PARNAS [Anmerkung der Red.: die wie die FDP Mitglied der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa ist] organisiert sie nach wie vor die jährlichen Nemtsov-Märsche. Persönlich hoffe ich, dass PARNAS und die „Solidarnost“-Bewegung auch in anderen gesellschaftspolitischen Themenfeldern wieder eng zusammenarbeiten. Die Einigung der demokratischen Opposition war Nemtsovs Ziel und bildet sein politisches Erbe.

Nadezhda Mityushkina ist eine sehr mutige Frau. Sie steht felsenfest hinter ihren Werten und Prinzipien. Ich bin stolz darauf, dass ihre Treue, ihr Mitgefühl sowie ihre Arbeit im Namen von Gerechtigkeit, Demokratie und Menschlichkeit mit dem Boris-Nemtsov-Preis ausgezeichnet werden. Solange wir Menschen wie sie haben, gibt es in Russland die Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit.

Dimitri Androssow ist Mitglied des Föderalen Politischen Rates der Partei der Volksfreiheit (PARNAS)