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Militärputsch in Simbabwe?

Barbara Groeblinghoff über die Ereignisse der gestrigen Nacht in Simbabwe
Robert Mugabe
Simbabwes Noch-Präsident Robert Mugabe © CC BY 4.0 kremlin.ru

Was wissen wir?

Seit heute Morgen 4 Uhr laufen auf dem staatlichen Fernsehen und Radio keine normalen Programme mehr, sondern es wird fortwährend das Statement des Armeechefs gesendet. Die Armeeführung sagt, man habe Präsident Mugabe und seine Familie in Gewahrsam genommen, um den Präsidenten vor kriminellen Elementen zu schützen. Weiterhin heißt es, dass dies kein Militärputsch sei, sondern dass die Regierung Simbabwes weiterhin stünde.

Fakt ist, dass sich seit der Absetzung des Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa letzte Woche und seinem Parteiausschluss auf Geheiß der Präsidentengattin Grace Mugabe die Lage in Simbabwe immer weiter zuspitzt. Kurz gesagt geht es darum, wer den greisen und sichtbar schwächelnden Präsidenten Robert Mugabe beerben soll: Herr Mnangagwa, der innerhalb der Regierungspartei ZANU-PF und den Streitkräften hervorragend vernetzt ist, oder die erheblich jüngere Präsidentengattin Grace Mugabe und ihr Kreis von ebenfalls jüngeren Ministern und ZANU-Apparatschicks. Beiden Flügeln ist gemeinsam, dass sie äußerst korrupt sind und sich der – dank der verheerenden Politik Mugabes immer weiter schrumpfenden –Volkswirtschaft bemächtigen wollen, um diese auszuplündern.

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Der Stand von heute Morgen ist, dass die Armee eingeschritten ist, allerdings haben wir noch keine Aussagen der anderen Streitkräfte, die von der Armee aufgefordert worden sind, sich ihr anzuschließen. Die sozialen Medien berichten über Festnahmen, z.B. des Finanzministers, und darüber dass andere, Grace Mugabe nahestehende Minister geflohen sein sollen.

Was denken wir?

Das Statement des Armeeführers, das fortwährend gesendet wird, ist in gewissen Aspekten ernst zu nehmen und in anderen nicht. Nicht ernst zu nehmen ist die Aussage, dass es sich nicht um einen Militärputsch handelt. Ernst zu nehmen ist die indirekte Aussage, dass die Streitkräfte eigentlich nicht an den Regierungsgeschäften interessiert sind, sondern daran, dass sie ihren (seit den 80er und 90er Jahren ausufernden und korrupten) Geschäftsinteressen ungestört nachgehen können. Robert Mugabe war für die Generäle und ihre Interessen seit den 80er Jahren eine Art Schutzheiliger, der sie unterstützt hat und sie hat gewähren lassen. Eine derartige Verbindung besteht mit Grace Mugabe und ihrem Kreis, von denen niemand im Unabhängigkeitskrieg gekämpft hat, nicht.

Wie geht es weiter?

Wie es genau weitergeht, weiß niemand – vermutlich auch nicht die simbabwischen Streitkräfte oder die Präsidentenfamilie. Die sozialen Medien berichten, dass Grace Mugabe das Land verlassen habe oder unmittelbar davorstehe es zu verlassen und dass die Generäle mit Präsident Mugabe über dessen Abtritt und Nachfolger verhandelten. Ob das so stimmt, weiß man nicht, aber es ist sehr plausibel. Herr Mnangagwa hat bereits aus seinem inoffiziellen Exil in China seine Zustimmung zu dem Vorgehen der Armee getwittert.

In den nächsten Wochen und Monaten werden folgende Fragen Antwort darauf geben, wie es in Simbabwe weitergeht. Erstens: Werden die Streitkräfte den für Dezember angesetzten ZANU-PF-Parteitag stattfinden lassen? Welche Rolle werden sie beim Parteitag spielen und wird dort eventuell der Nachfolger von Robert Mugabe gewählt? Zweitens: Werden die Streitkräfte die für 2018 geplanten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zulassen? Und wenn ja, werden diese Wahlen auch nur annähernd frei und fair sein? Zu bedenken ist an dieser Stelle, dass die Generäle Frau Mugabe fast mit den gleichen Worten „abgesetzt“ haben, die sie schon vor Jahren gebrauchten, als sie ankündigten, dass sie einen Wahlsieg der Opposition nicht dulden würden. Aber nun da das Militär den gordischen Knoten der politischen Situation in Simbabwe zerschnitten hat, ist es gut möglich, dass eben nicht alles so ablaufen wird und sich managen lässt, wie die alternden und Gehorsam gewohnten Generäle des Unabhängigkeitskrieges es von ihren Truppen gewohnt sind. Mit anderen Worten: Es ist nicht auszuschließen, dass die Streitkräfte hier unfreiwillig Freiräume für Opposition und Zivilgesellschaft geschaffen haben.

Barbara Groeblinghoff ist Projektleiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Südafrika und Simbabwe.