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Polen und die EU: "Es bleiben erhebliche Zweifel"

Am Dienstag hat die polnische Premierministern Beata Szydlo die viel diskutierten Reformen der PiS-Regierung zum Verfassungsgericht und zum neuen Mediengesetz vor dem Europaparlament verteidigt. Hintergrund ist die Entscheidung der EU-Kommission ein Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Polen einzuleiten. Eine erste Reaktion auf Frau Szydlos Auftritt im Europaparlament hat uns das Kuratoriumsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und Vizepräsident des Europaparlaments, Alexander Graf Lambsdorff gegeben. Die polnische Premierministerin Beata Szydlo hat vor dem EU-Parlament in Straßburg die neuen Gesetze ihrer Regierung erläutert. War dies der Einstieg in eine Versachlichung der Debatte und haben sich die Gemüter durch ihren Auftritt beruhigt? Das Europäische Parlament ist mittlerweile der zentrale Ort für die großen europäischen Debatten geworden. Das ist eine positive Entwicklung, denn so sind die Bürgerinnen und Bürger über ihre Abgeordneten ganz nah dran an den aktuellen und wichtigen Themen. Dass die polnische Premierministerin Szydlo ebenfalls den Weg nach Straßburg gewählt hat, beruhigt die Gemüter und trägt jedenfalls zu einer Versachlichung bei. Dennoch bleiben erhebliche Zweifel an den eingeleiteten Reformen der polnischen Regierung, insbesondere in Hinblick auf das Gesetz über das Verfassungsgericht. Sie befürworten das eingeleitete Rechtsstaatverfahren gegen Polen, haben aber auch klar gemacht, dass eine pauschale Verurteilung des Landes vermieden werden muss. Wie sollten sich Ihrer Meinung nach die Bundesregierung und die Europäische Union nun verhalten? Die EU-Kommission hat das Rechtsstaatsverfahren eingeleitet, um mit der polnischen Regierung in den Dialog zu treten. Wichtig ist, nun erstmal die Ergebnisse der Gespräche abzuwarten und keine vorschnelle Verurteilung vorzunehmen. Klar ist aber auch: sollte die polnische Regierung sich der Zusammenarbeit verweigern oder systematische und fortgesetzte Verletzungen der Werte der Europäischen Union festgestellt werden, müssen weitere Schritte eingeleitet werden. Nach Ungarn nun Polen; auch die Äußerungen aus der Slowakei sind für manche europäische Ohren befremdlich. befürchten Sie einen nachhaltigen Bruch in der Europäischen Union? Bei den Maßnahmen von der Regierung Orbán in Ungarn hätte man viel früher einschreiten müssen. Als Liberale haben wir das auch stets angemahnt. Aber leider haben sich die europäischen Christdemokraten immer schützend vor Orbán gestellt. Jetzt findet er Nachahmer, die mit Methoden wie der Entmachtung des Rechtsstaats oder Einschränkungen der Pressefreiheit ebenfalls erfolgreich sein können. Dies gilt es zu verhindern. Wir Europäer haben gemeinsame Werte, die wir jeden Tag aufs Neue nach innen wie nach außen leben und verteidigen müssen. Nur wenn wir selbst von der Wirkkraft unserer Werte überzeugt sind und ihnen auch bei Gegenwind Geltung verschaffen, sind wir glaubwürdig.