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Politik im Metaverse

Metaverse
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Guillermo Gutierrez Carrascal

Die Pandemie hat menschliche Begegnungen weitgehend ins Internet verlagert. Während vor allem berufliche Treffen auf Onlineplattformen und die Nutzung von Co-Working-Tools inzwischen Normalität geworden sind, hat das kürzlich von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg vorgestellte Metaverse die digitale Welt an einen völlig anderen Punkt gebracht. Aber was genau ist Metaverse?

Metaverse kann als Technologie für eine erweiterte Realität definiert werden. Innerhalb von Metaverse kann man in ein anderes Universum reisen, um sich mit Freunden zu treffen, man kann Konzerte auf der anderen Seite der Welt besuchen und sogar verstorbene Verwandte sehen.

De facto unternimmt man diese Reise auf dem heimischen Sofa und mit einer Virtual-Reality-Brille auf der Nase. Tritt man in ein Metaverse-Meeting ein, erscheint ein Avatar, also die eigene virtuelle Identität, in einem virtuellen Raum, mithilfe dessen man Gespräche mit den Avataren anderer Personen führen kann. Die Interaktion der Avatare wird dabei als realistischer empfunden als ein klassischer Videoanruf.

Die neue Technologie entwickelt sich derzeit schnell zu einem neuen Investitionsbereich für Marken. Einige Firmen kündigen bereits die Eröffnung ihrer Läden im Metaverse an, auch türkische Firmen annoncieren ihre Pläne für die virtuelle Welt. Verwunderlich ist dies nicht, da das Land ein beträchtliches Interesse an virtuellen Technologien besitzt. So war es das erste europäische Land mit Kryptowährungen, die – nicht zuletzt wegen der volatilen türkischen Lira – von vielen Menschen als sichere Investition gesehen werden und nun auch im Metaverse, etwa zum Erwerb digitaler Immobilien und Grundstücke, genutzt werden können. Die Türkei könnte innerhalb des neuen virtuellen Universums daher einen bemerkenswerten Aufstieg vor sich haben.

Denn Grundstücke im Metaverse, die man für jeden Ort der Welt erwerben kann, haben auch im realen Leben einen Wert. Und die Nachfrage in der Türkei ist hoch. So kaufen einige Nutzerinnen und Nutzer beispielsweise schöne Orte, um dort Partys und Hochzeiten zu feiern. Und auch für Themen wie Unternehmensführung, Einkaufen, Unterhaltung und sogar Politik und Regieren könnte das digitale Universum richtungweisend werden.

Politikerinnen und Politiker nutzen zunehmend innovative Technologien, um dort zu kommunizieren und Kontakte zu knüpfen, wo Menschen interagieren. Damit hat auch Metaverse für sie das Potenzial, Wählerinnen und Wähler besser zu verstehen und auf dieser Grundlage politische Kampagnen durchzuführen. Einige politische Parteien in der Türkei haben bereits damit begonnen, dies zu nutzen. Die regierende Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) kündigte an, ihr Treffen im Januar via Metaverse abhalten zu wollen. Außerdem plane sie, den Einsatz von Metaverse auf ihre Parteiverbände in allen 81 Provinzen des Landes auszudehnen.

Die Republikanische Volkspartei (CHP) betonte immerhin, dass sie die neuen technologischen Entwicklungen genau verfolge und nicht ignorieren werde.

Die Partei für Demokratie und Fortschritt (DEVA) war sogar die erste Partei, die ihre Parteizentrale in den Metaverse verlegte. Neben dem Bestreben, technologische Transformationen voranzutreiben, betont die Partei damit auch ihren Ehrgeiz, ein Ministerium für digitale Transformation einzurichten. Treffen mit ihren Freiwilligen und Mitgliedern will sie künftig hier organisieren. Im digitalen Hauptquartier der Partei wird man von Avataren der Parteivorsitzenden begrüßt.

Auch wenn das Phänomen Metaverse noch jung ist, zeigt sich bereits, dass es in der Türkei eine Rolle spielen wird – nicht zuletzt in der Politik.

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