Gutachten
Das NetzDG wird durch den Digital Services Act faktisch abgeschafft

Ein Gutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zeigt, dass durch den Digital Services Act (DSA) nationale Regelungen, wie das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), faktisch abgeschafft werden.
Flaggen der Europäischen Union am Berlaymont-Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel
© gettyimages / © Santiago Urquijo

Mit dem aktuell im Trilog befindlichen DSA wird die Europäische Union den Goldstandard für Grundrechte im Netz setzen. Gleichzeitig wird mit der Verordnung das umstrittene NetzDG faktisch abgeschafft. Deutschland darf keine starren Löschfristen für Inhalte mehr vorgeben. Die höchst umstrittene Meldepflicht für verdächtige Inhalte zum BKA, die aktuell wegen Klagen von Facebook, YouTube, TikTok und Twitter de facto auf Eis liegt, wird ebenfalls durch Regelungen im DSA abgelöst. Die Gefahr übermäßigen Löschens von Inhalten wird nicht komplett gebannt. Das von der Friedrich-Naumann-Stiftung beauftragte Gutachten geht aber davon aus, dass sich die Gefahr des Overblockings mit der Ergänzung eines Schadenersatzanspruchs für Nutzerinnen und Nutzer eindämmen ließe.

Die Plattformen werden durch den DSA ausdrücklich verpflichtet, bei der Durchsetzung ihrer AGB die Grundrechte, wie etwa die Meinungsfreiheit, zu achten. Gegen diskriminierende Moderations-praktiken und Zensur von Inhalten, wie sie beispielsweise bei TikTok bekannt wurden (Downranking von Menschen mit Behinderung oder Blockieren einzelner Wörter), könnte nun von den Aufsichtsbehörden effektiv vorgegangen werden. Gleichzeitig werden Plattformen durch die Grundrechtsbindung ihrer AGB vor übergriffigen Regimen geschützt, die Inhalte im Netz nach ihren Wünschen zensieren wollen.

Der DSA wird das gesamte Ausmaß der Moderation von Inhalten auf Social Media-Plattformen transparenter machen. Die aktuellen NetzDG-Berichte enthalten nur einen kleinen Bruchteil von gelöschten oder gesperrten Inhalten. Durch den DSA werden Anbieter künftig verpflichtet die gesamte Anzahl ihrer Moderationsentscheidungen in einem Bericht offenzulegen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und ehemalige Bundesjustizministerin, äußert sich wie folgt zu dem Gutachten:

„Für Europa ist der Digital Services Act (DSA) ein Meilenstein, ermöglicht er doch endlich ein einheitliches Vorgehen gegen Hass im Netz. Die EU hat erneut die Chance, weltweit Standards zu setzen. Plattformbetreiber wie Telegram, die den Rechtsstaat ignorieren, geraten mit dem DSA auch wirtschaftlich unter Druck. Eine Verweigerungshaltung werden sie sich in Zukunft nicht mehr leisten können. 

Es ist das richtige Zeichen, dass sich der international sehr aufmerksam verfolgte DSA die Achtung der Grundrechte auf die Fahnen geschrieben hat. Das dient nicht nur den Freiheiten der Nutzerinnen und Nutzer, sondern ist auch Schutzschild für Social Media-Anbieter oder App Store-Betreiber, um übergriffige Zensur-Fantasien von Regimen abzublocken.

Der enthemmte Mob, der gerade erst die Kieler Bildungsministerin Prien durch das Netz gejagt hat, wird durch Regulierung alleine nicht gestoppt. Jede Nutzerin und jeder Nutzer müssen helfen, dass Recht und Anstand in den sozialen Medien wieder wachsen. Verantwortung im Netz erfordert immer einen Dreiklang aus Plattformen, Rechtsstaat und Nutzern.“

Das Gutachten „Mehr Freiheit und Sicherheit im Netz – Gutachten zum Entwurf des Digital Services Act” wurde von Prof. Dr. Henrike Weiden, LL.M., im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit erstellt. 

Mehr Freiheit und Sicherheit im Netz

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Mit dem Digital Services Act wird die Europäische Union den Standard für die Regulierung von Plattformen im Netz setzen. Gleichzeitig wird mit der Verordnung das umstrittene NetzDG wohl de facto abgeschafft. Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger müssen von Online-Plattformen künftig besser geachtet werden. Unser Rechtsgutachten analysiert, ob es dem Digital Services Act gelingt, einen europäischen Regulierungsrahmen zu setzen.

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