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Wirtschaft
Monopole in Europa, Wettbewerb in der Welt?

Eine teure Illusion
Karl-Heinz Paqué

Karl-Heinz Paqué

© Photothek / Thomas Imo

Wirtschaftsminister Altmaier und Staatspräsident Macron plädieren dafür, in Europa monopolistische Strukturen zu ermöglichen, um den Giganten der Weltmärkte aus Amerika und China etwas Kräftiges entgegenzusetzen. Nun fordert auch Kartellamtschef Andreas Mundt eine Diskussion darüber, in Europa Monopole zuzulassen.  

Eine gefährliche Forderung! Dies lässt sich schon aus wenigen Gesichtspunkten der Wettbewerbsökonomik ableiten. Der Kern der Strategie ist nämlich ganz einfach: Hiesigen Unternehmen wird absichtlich eine marktbeherrschende Stellung in Europa erlaubt, um dadurch zulasten der Kunden höhere Preise und Gewinnmargen durch Monopolrenten zu erzielen, die dann durch Quersubventionierung im Unternehmen den Kampf außerhalb Europas um Weltmarktanteile erleichtern. Dies ließe sich rein wirtschaftspolitisch nur dann rechtfertigen, wenn gewaltige Größenvorteile der Produktion zu erzielen wären, die dann langfristig doch auch in Europa zu niedrigeren Preisen oder besserer Qualität der Produkte und Dienstleistungen führen würden – dann wieder zu Gunsten der Kunden. Man fragt sich allerdings, warum die betreffenden Unternehmen nicht von selbst diese Größenvorteile im Wettbewerb nutzen.

Wo genau soll denn der marktwirtschaftliche Engpass liegen? Bestimmt nicht in der Finanzierung, denn es geht hier regelmäßig um ohnehin große Unternehmen vom Schlage Alstom oder Siemens - und nicht um „Start-ups“ oder „hidden champions“, die es am Kapital- und Kreditmarkt wegen hoher Risiken oder mangels Bonität schwer haben könnten. Im Übrigen gibt es andere Wege als die Fusion, um Synergien auch in der gleichen Branche zu nutzen – viele Automobilfirmen machen das längst vor, und dies mit Erfolg.

Es bleibt natürlich der Vorwurf, dass die machtvolle außereuropäische Konkurrenz durch nationale Industrie- und Technologiepolitik staatlich massiv gestützt wird. Für China stimmt dies, für die Vereinigten Staaten im Regelfall nicht – jedenfalls wäre es absurd, den globalen Aufstieg der amerikanischen Giganten der Informationspolitik auf staatliche Lenkung zurückzuführen.

Was also tun mit Chinas Staatskapitalismus? Hier bedarf es durchaus eines entschlossenen Vorgehens, aber nicht durch Schaffung eigener Monopole, sondern durch eine Reform der Welthandelsordnung WTO, bei der die Europäische Union die treibende Kraft sein muss. Also: möglichst rasche Beilegung der amerikanisch-europäischen Konflikte, am besten durch Abschluss eines schlanken transatlantischen Freihandelsabkommens; und mehr gemeinsamer Druck auf China, das als „Exportweltmeister“ ein großes Interesse hat, WTO-Mitglied zu bleiben. Dies gilt auch für jene umstrittenen sicherheitspolitischen Erwägungen in der Informationstechnologie, die derzeit im Umgang mit China intensiv diskutiert werden. Sie gehören mit in das Paket einer grundlegenden WTO-Reform.

Zugegeben, das ist ein schwieriger Weg, der im Notfall auch an Sanktionen mit Strafzöllen gegenüber China nicht vorbeiführt. Aber es ist die ordnungspolitisch angemessene Lösung. Monopole einfach zu erlauben oder gar politisch zu fördern heißt letztlich jene Grundprinzipien aufzugeben, auf denen unsere Soziale Marktwirtschaft selbst beruht. Dies ist gar nicht nötig und wird langfristig viel teurer – und zwar nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Politik. Es kostet nämlich das wertvollste Kapital: die Glaubwürdigkeit.