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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Wirtschaft
Konjunkturprognose: Hoffnung ja, aber keine Gewissheit

Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Spreeufer Lockdown
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene

Die Aussicht auf einen baldigen Impfstoff gibt Anlass zur Hoffnung. Die gute Nachricht spiegelt sich auch in der Konjunkturprognose des Sachverständigenrats wider. Doch ohne langfristige Lösungsstrategien im Umgang mit dem Corona-Virus ist eine Erholung der Wirtschaft alles andere als gesichert – trotz Impfstoff.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechnet für das laufende Jahr mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um 5,1 Prozent. Mit dieser Einschätzung ist er optimistischer als die meisten Wirtschaftsforschungsinstitute, die von einem etwas stärkeren Einbruch des realen BIPs in diesem Jahr ausgehen. Die Zahlen für das aktuelle Jahr fallen damit beim Sachverständigenrat besser aus als bisher erwartet. Im Juni rechnete er noch mit einer BIP-Schrumpfung von 6,5 Prozent.

Bereits für das nächste Jahr haben die fünf Wirtschaftsweisen ihre Konjunkturerwartungen deutlich zurückgeschraubt – auf ein Wachstum von 3,7 Prozent nachdem dramatischen Einbruch in diesem Jahr. Das ist eine deutliche Korrektur nach unten gegenüber der Konjunkturprognose von 4,9 Prozent Mitte dieses Jahres.  

Fazit: Es gibt Anlass zu Hoffnung, mehr nicht. Und dies mitten im zweiten Lockdown – ein sogenannter „Lockdown-Light“, bei dem das öffentliche Leben und die Wirtschaft zumindest teilweise am Laufen gehalten werden soll. Für die vielen Gastronomen, Hoteliers, Solo-Selbständigen und Kulturschaffenden ist dies alles nur ein schwacher Trost. Viele von ihnen hatten mit ausgeklügelten Hygiene-Konzepten gearbeitet, und nun trifft sie der zweite Lockdown in seiner ganzen Härte. Und viele Beschäftigte in den betroffenen Dienstleistungsbranchen werden es nicht leicht haben, nach einer Normalisierung der gesamtwirtschaftlichen Lage in ihre alten Tätigkeiten zurückzukehren. Die Spuren der Krise werden wohl auf Dauer am Arbeitsmarkt sichtbar bleiben, auch und gerade bei strukturell benachteiligten Gruppen, die in den vom Lockdown betroffenen Branchen weit überdurchschnittlich vertreten sind, allen voran in der Gastronomie und Kultur.

Aber immerhin: Die Nachricht von einem Impfstoff, der uns im kommenden Jahr zur Verfügung stehen könnte, ist ohne jeden Zweifel großartig – und obendrein ein Sinnbild für die Innovationsfähigkeit unserer Marktwirtschaft auch im medizinischen und humanitären Bereich. Doch klar ist: Auch ein Impfstoff wird die Corona-Pandemie nicht von heute auf morgen beenden. Auch nach einer beschleunigten Zulassung wird es einige Monate dauern, bis ein ausreichender Schutz in allen Bevölkerungsgruppen angekommen ist. Von einem „normalen Leben“ kann bis dahin keine Rede sein.

Die Politik braucht weiterhin langfristige Lösungsansätze für den Umgang mit der Corona-Pandemie. Denn eines ist klar: Weitere „Wellenbrecher-Lockdowns“ sind keine Lösung. Sie ruinieren Gastronomie und Kultur. Und sie hinterlassen tiefe langfristige Spuren am Arbeitsmarkt.