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Westafrika in Zeiten terroristischer Bedrohung

Delegation aus Westafrika bei Besuchsprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Deutschland
Westafrika

In Stuttgart berichtete eine Besuchsgruppe aus Westafrika aus erster Hand über die aktuelle Lage in ihrer Heimat

© iStock / mega73

Westafrika ist insbesondere seit der Krise in Mali von politischem Extremismus und Terroranschlägen bedroht. Nicht nur in Mali, sondern auch in Burkina Faso, Côte d 'Ivoire und anderen Ländern Westafrikas gibt es immer wieder Terroranschläge mit einer Vielzahl ziviler Opfer. Senegal ist bislang von extremistischen Terroranschlägen verschont geblieben, aber auch hier gibt es wiederholt Warnungen vor Anschlägen und die Sicherheitsmaßnahmen wurden verschärft – was teils auch eine Beschränkung von Freiheitsrechten beinhaltet.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit setzt sich in über 60 Ländern weltweit für Freiheit und Demokratie ein. Eine ganz spezielle Art, diese Werte zu vermitteln, bieten dabei Delegationsreisen. In der vergangenen Woche befand sich Inge Herbert, Projektleiterin Côte d'Ivoire, Senegal, Mali der Stiftung für die Freiheit mit sieben Repräsentanten von internationalen Organisationen, Medien und Zivilgesellschaft auf einer solchen Reise, die unter dem Thema des Spannungsfeldes zwischen Freiheit und Sicherheit stand. Eine Station war ein mehrtägiger Stopp in Stuttgart, wo die westafrikanische Delegation nicht nur selbst Besuche bei Ministerien, beim Verfassungsschutz und anderen Institutionen wahrnahm und so einen Eindruck von Deutschland bekam, sondern auch dem deutschen Publikum bei einer Abendveranstaltung die Möglichkeit gegeben wurde, aus erster Hand Informationen über die aktuelle Lage vor Ort in Westafrika zu bekommen und einen unmittelbaren Eindruck zu bekommen.

Hintergründe des Terrorismus

Einer der Repräsentanten, der aus dem Senegal stammende Abdoul Latif Aidara, der dort als Professor tätig sowie Direktor des Afrikanischen Zentrums für Frieden und Sicherheit (CISPaix) ist, berichtete zunächst, dass es zwar in seiner Heimat bisher keine terroristischen Anschläge gegeben hat, dennoch aber im gesamten Westafrika eine ähnliche Lage vorherrsche. Als eines der Hauptprobleme identifizierte er wenig bewohnte Regionen und eine fehlende Infrastruktur, wodurch an sich eine große Gefahr ausgehe. Mangels legaler Alternativen seien illegaler Drogen-, Waffen- oder auch Menschenhandel in verstärktem Ausmaß anzutreffen. Bei terroristischen Gruppen seien grundsätzlich zwei Hintergründe zu unterscheiden: so gebe es zum einen Indoktrinierte, denen es verhältnismäßig gut gehe und die Anschläge aus voller religiöser Überzeugung begehen sowie diejenigen, die durch die vorherrschenden Bedingungen radikalisiert worden sind. Letztere stünden mit dem Rücken zur Wand, haben keine Zukunftsperspektive und fühlen sich dadurch erniedrigt. Dies könne sich einerseits in Fluchtversuchen widerspiegeln, in vielen Fällen führe es jedoch vor allem dazu, sich dem Dschihad anzuschließen. 

Das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit

Auch die anderen Vertreter aus Westafrika gingen auf das Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit ein, das durch die schwierige Lage vor Ort immer wieder ausgereizt wird. Ein fehlender Rechtsstaat, die große Armut sowie die noch aus dem Kolonialismus übernommenen und durchlässigen Grenzen stelle Staat und Bevölkerung vor große Probleme. Namizata Sangare, Vorsitzende der nationalen Menschenrechtsorganisation von Côte d’Ivoire, berichtete, dass beispielsweise europäische Restaurants zuletzt kaum mehr besucht wurden, da es dort ein verstärktes Risiko gebe und diese potentielle Anschlagsziele seien.

Wege zu positiveren Zukunftsaussichten

Alle Teilnehmer des Besuchsprogramm waren sich einig: man müsse zunächst vor allem bei der Arbeitspolitik ansetzen um die bestehenden Probleme zu lösen und die vorherrschenden Strukturen zu bekämpfen. Nur wenn Jugendlichen Entwicklungsmöglichkeiten und ein Arbeitsplatz geboten werden können, verhindere dies, dass der Terrorismus als Alternative gesehen werde. Ein Ausbau der Infrastruktur mit Straßen, Schulen, Gesundheitszentren und weiteren Angeboten sei ein wichtiger erster Schritt, der Bevölkerung zu signalisieren, dass es einen Staat gibt und sie Teil der Gesellschaft sind. Dazu gebe es inzwischen auch einige Initiativen, die mit der jungen Gesellschaft arbeiten und die auf Hoffnung setzen, betonte die Projektleiterin Inge Herbert und gab so - vorsichtig - positive Zukunftsaussichten.