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Was jetzt zu tun ist
Herausforderungen für die Freiheit

Welche Rolle muss der Liberalismus in der heutigen Welt einnehmen?
Linda Teuteberg und Udo van Kampen

Linda Teuteberg und Udo van Kampen

© Dirk Beichert

Nicht erst seit den beunruhigend starken Wahlergebnissen der AfD bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen, insbesondere unter jungen Wählerinnen und Wählern ist klar: Viele Menschen in Deutschland hadern mit der Politik. Sie fühlen sich nicht repräsentiert und entwickeln Verachtung gegenüber Parteien. Von den Rändern her sind Bewegungen entstanden, die den Frust über die Unübersichtlichkeit der Verhältnisse verstärken und Affekte mobilisieren. Aber auch in der Mitte der Gesellschaft wachsen Gereiztheit, Verunsicherung und Zweifel. Woher also stammen dieser Unmut und Frust? Und welche Rolle muss der Liberalismus angesichts der vorhandenen Extreme in Politik und Gesellschaft einnehmen? Darüber diskutierte die Generalsekretärin der Freien Demokraten Linda Teuteberg mit dem Journalisten Udo van Kampen.

Wie hochaktuell das Thema ist, unterstrich der Ehrenvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Dr. Wolfgang Gerhardt, in seiner Begrüßungsansprache. Weltweit gebe es immer mehr autoritäre Regime und Menschenrechtsverletzungen – hervorgebracht von Staatsmännern, denen niemand zugetraut hatte, jemals an die Spitze eines Staates zu gelangen. Trotz unserer freiheitlichen Verfassung brauchen wir daher Staatsbürger, die wissen, dass sich Staatsbürgerschaft nicht im Besitz des Personalausweises erschöpft, sondern mit der täglichen Herausforderung, sich um die Freiheit zu bemühen.

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Im anschließenden Impulsreferat erinnerte Linda Teuteberg an die Aufbruchsstimmung, die sie zur Zeit des Mauerfalls in Deutschland und Polen spürte; warnte jedoch, dass die anschließende, von vielen als Siegeszug empfundene, Stärkung von Demokratie, Marktwirtschaft und Rechtsstaat nicht unumkehrbar sei, solange die Zivilgesellschaft sich nicht täglich dafür engagiere. Insbesondere im außenpolitischen Rahmen und im Dialog mit China und Russland müsse sich Deutschland stärker für die Menschenrechte und das Völkerrecht eintreten und Verantwortung übernehmen. Es gebe keinen notwendigen Gegensatz zwischen Dialog und Konsequenz: Wir müssen Dialog führen und dürfen gleichzeitig einen Völkerrechtsbruch nicht hinnehmen. 

Linda Teuteberg ist Generalsekretärin der Freien Demokraten

Linda Teuteberg ist Generalsekretärin der Freien Demokraten

© Dirk Beichert

Liberale müssen politischen Angebote machen

Doch diese „Soft Power“ könne Deutschland nur ausüben, so Teuteberg, wenn wir international den notwendigen wirtschaftlichen Einfluss haben. Hier müsse Deutschland Vorreiter sein, indem wir die Instrumente der Marktwirtschaft nutzen, um die CO2-Emissionen effizient zu reduzieren. Nur so könne Deutschland denen, die einen legitimen Bedarf nach Wohlstand – und somit Energie – hätten als Vorbild dienen. Die Klimadebatte darf daher nicht binär schwarz-weiß geführt werden, sondern müsse neben dem ökologischen auch den ökonomischen und sozialen Fußabdruck berücksichtigen, betonte die Generalsekretärin. Das könne jedoch nur gelingen, wenn wir effektiven Klimaschutz mit wirtschaftlichem Fortschritt, mit Wohlstand und einer freiheitlichen Lebensweise verbinden – dafür müssen die Liberalen politische Angebote machen. 

Erschreckend sei in diesem Zusammenhang auch die große gesellschaftliche Resonanz auf Kevin Kühnerts regelmäßige Vorschläge aus der sozialistischen Mottenkiste. Historisch habe sich gezeigt, dass der Sozialismus weder für Umweltschutz, noch für sonstige große soziale Herausforderungen, befriedigende Lösungen bieten könne. Daran – und an die Versäumnisse des Sozialismus im Allgemeinen – gilt es laut Teuteberg zwar zu erinnern, aber nicht stehen zu bleiben:

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Um das bei vielen Menschen verlorene Vertrauen in die Marktwirtschaft und deren Aufstiegsversprechen wiederzugewinnen, müssen Maßnahmen auf zwei Ebenen greifen: In der Bildungspolitik und auf privatwirtschaftlicher Basis. Insbesondere der Bildung muss dabei höchste Priorität eingeräumt werden, von der frühkindlichen Bildung bis ins hohe Alter, „auf das keine Biografie zur Sackgasse werde.“ Dafür müssten jedoch die Bedingungen für lebenslanges Lernen grundlegend verbessert werden – beispielsweise mit einem Midlife-BAföG. Hinsichtlich der privatwirtschaftlichen Maßnahmen müsse es den Menschen ermöglicht werden, aus ihrem verdienten Geld Existenzen aufzubauen: durch Sparen, Bauen und Investieren.

Doch alle geplanten Maßnahmen können nur dann umgesetzt werden, wenn die notwendige Wählerschaft gewillt ist, diese zu unterstützen, statt den regressiven Ideen destruktiver politischer Kräften Glauben zu schenken. Umso wichtiger ist es, den Populisten von rechts und links nicht den politischen Diskurs zu überlassen. Nur eigene zukunftsweisende Positionen können Wählerinnen und Wähler von demokratischen Ideen überzeugen. So stellte Linda Teuteberg im Umgang mit der AfD unmissverständlich klar:

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Die mit dem Populismus einhergehende Diskursverweigerung von rechts und links, also die mangelnde Bereitschaft über verhältnismäßige Lösungen zu diskutieren, statt mit moralischem Rigorismus der jeweils anderen Seite den guten Willen abzusprechen, sei ein zentrales Problem des heutigen gesellschaftlichen Diskurses. Frau Teuteberg zeigte sich dahingehend überzeugt, dass die offene Gesellschaft nur behauptet und verteidigt werden kann, wenn die Liberalen als deren tragende Säule, nicht auf die größtmögliche Polarisierung und Eskalation zurückgreifen, sondern mit Argumenten überzeugen. In der heutigen Zeit sei der Selbstbehauptungswille des Liberalismus zur Erhaltung der offenen Gesellschaft und des freiheitlichen Rechtsstaates von zentraler Bedeutung: Der Liberalismus müsse sensibel sein, um Stimmungen und Veränderungen in der Gesellschaft aufzunehmen und zu verstehen. Gleichzeitig müsse er mit Robustheit antworten, Regeln durchsetzen und Probleme klar benennen können.

Schlussendlich hat der Liberalismus jedoch eine zentrale Aufgabe: Er muss den Menschen positive Angebote machen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, das Aufstiegsversprechen in unserer Gesellschaft umzusetzen. Dann wird auch die Vernunft wieder den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen können.