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Vorwahlen USA
Triumphale erste Wochen für Trump in 2020, Unsicherheiten bei den Demokraten

In den USA ist 2020 politisch noch vieles möglich, analysieren unsere Nordamerika-Experten Claus Gramckow und Johanna Rudorf
State of the Union address 2020
© picture alliance/ZUMA Press

Ein unbestrittener Sieg in Iowa, eine Rede, die von Millionen Zuschauern verfolgt wurde, und ein Freispruch im Senat: Eine triumphale Woche und fantastischer Beginn des Wahljahres 2020 für Präsident Donald Trump.

Nach drei Jahren einer unvergleichlichen Präsidentschaft, stimmte eine politisch tief gespaltene Nation letzte Woche bei den ersten Präsidentschaftsvorwahlen im Bundestaat Iowa ab. Aber die erste Vorwahlnacht der US-Demokraten, im „Caucus Format“, endet im Debakel. Statt eines offiziellen Ergebnisses gab es zunächst nur inoffizielle Daten ohne Gewähr. Die Verzögerung ausgelöst durch eine nicht funktionierende „App“ bedeutete, dass die Demokratischen Partei mal wieder als unvorbereitet da Stand.

Einige hofften, dass die Iowa Caucus-Ergebnisse die Spaltungen im demokratischen Lager endlich erleichtern und eine Richtungsentscheidung für sie treffen würden. Aber nach Jahren der Vorbereitung, um das Chaos und die Verwirrung, die die Vorwahlen 2016 trübten, zu verhindern, starteten die Demokraten am Montag ihren Nominierungswettbewerb unter einer Wolke von noch größerer Unsicherheit.

Mit seinen nur 3 Millionen Einwohnern, größtenteils weiß, ist der Bundesstaat Iowa nicht repräsentativ für die gesamte US-Wählerschaft und insbesondere nicht für die Demokratische Partei, deren wesentliche Wählergruppen die Latinos und farbige Wähler sind. In der Vergangenheit hat sich dort aber sehr oft abgezeichnet wer am Ende des landesweite Rennen weiter macht. Das Debakel in Iowa hat nicht nur die Demokraten geschwächt, sondern auch Iowas Behauptung, dass es als ein vertrauenswürdiges Sprungbrett für die Nominierung der Parteien fungiert. Trump, der den Caucus der Republikaner in Iowa klar gewann, verspottete schnell das Caucus-Chaos mit einem Tweet: „Das ist ein totales Desaster für die Demokraten“.

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Wie schon in Iowa vor einer Woche haben die Vorwahlen in New Hampshire am Dienstagabend die Unentschlossenheit der demokratischen Basis gezeigt, wer im Herbst ihr Kandidat sein soll. Mit dem Sieg von Bernie Sanders in New Hampshire sorgten die Wähler für neue Unsicherheit in einem Rennen, das in der vergangenen Woche in Iowa begann.

Darüber hinaus ist Pete Buttigiegs überraschend starker Auftritt in Iowa und New Hampshire ein Indiz dafür, dass der gemäßigte Flügel der Partei für die Wähler immer noch attraktiv ist und dass Buttigieg offensichtlich stark von Joe Bidens Schwäche profitiert. Die Tatsache, dass Sanders und Buttigieg sowohl in New Hampshire als auch in Iowa in den Top 2 landeten, lässt - zusammen mit Mike Bloombergs steigenden nationalen Umfragewerten - vermuten, dass die Wähler immer noch ähnlich hungrig nach einem „Outsider“ sind, wie sie es 2016 waren.

Die Partei muss sich nun auf einen langen und kontroversen Wettbewerb für die Nominierung ihrer Partei vorbereiten. Dies könnte sogar bis zu der Democratic National Convention dauern. Was die Ergebnisse und Befragungen ergeben, ist das keiner der Präsidentschaftskandidaten eine Koalition gebildet hat, um die Mehrheit der Partei zu gewinnen. Dies garantiert einen langwierigen Parteinominierungsprozess und könnte am Ende Präsident Trump in die Hände spielen.

Rede zur Lage der Nation – Alle Augen auf Trump

Surreal war das Wort des Abends, als Trump in dieselbe Kammer des US-Kongresses marschierte, in der er vor sieben Wochen vom US- Repräsentantenhaus „Impeached“ worden ist, um seine Rede zur Lage der Nation letzte Woche zu halten.

Trumps Botschaft direkt an die amerikanische Öffentlichkeit - nicht an einen Kongress, der von der schlimmsten Verbitterung geprägt ist, die Washington seit Jahrzehnten erlebt hat - plädierte für seine Wiederwahl. Obwohl Trump seine Ansprache vor einem Publikum hielt, zu dem Demokraten gehörten die das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn im Dezember eingeleitet hatten, war er entschlossen, den Impeachment-Prozess nicht einmal zu erwähnen.

Die diesjährige Rede zur Lage der Nation war aufgrund des Zeitpunkts wichtiger als in den Vorjahren. Dies ermöglichte es Trump nicht nur, seine erste Siegesrunde nach einem erwarteten Freispruch des Senats zu drehen, sondern bot auch die Gelegenheit nach den Ergebnissen in Iowa, mit Millionen von Wählern zu sprechen, die möglicherweise sein Amtsenthebungsverfahren nicht von Anfang bis Ende verfolgt hatten.

Impeachment-Verfahren - Donald Trump bleibt Präsident der USA

Nach monatelangen Ermittlungen und einem fast dreiwöchigen Prozess im US-Senat ist das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump offiziell vorbei.

Trump bezeichnete seinen Freispruch als „Sieg“ des Landes über den „Impeachment-Scherz“. Nun bleibt den Demokraten angesichts dieser Niederlage nur noch ein Sieg im November um Trump zu stoppen.

Trumps Freispruch zeigt weiterhin die außerordentliche Spaltung in der US-Politik, aber auch seinen unbestrittenen Einfluss auf die republikanische Partei. Seine Macht über die Republikaner wurde im Amtsenthebungsverfahren bekräftigt, in dem die republikanischen Senatoren weitgehend zusammen hielten. 

Zudem hat der Freispruch tiefgreifende und langfristige Folgen für die amerikanischen Institutionen und das Kräfteverhältnis zwischen der Exekutive und Legislative. Die Gründer der Vereinigten Staaten gaben dem Kongress Aufsichtspflichten und Amtsenthebungsbefugnisse als Kontrolle über die Exekutive. Mit dem Freispruch von Trump ist der Senat jedoch zu einem Instrument geworden, mit dem der Präsident seine eigene Macht aufrechterhalten kann. Ein freigesprochener Trump ist ein immunisierter Trump. In der Tat senkt der Senat die Messlatte für ein akzeptables Verhalten künftiger US-Präsidenten.

 

Claus Gramckow ist Leiter des Regionalbüros USA und Kanada mit Sitz in Washington, DC. 

Johanna Rudorf ist Regional Communications Officer & Policy Analyst im Projektbüro Washington, DC.