EN

Vorstandswechsel
„Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit vertritt die Freiheit und sie gibt nie auf"

Vorstandswechsel in der Stiftung
Der Kuratoriumsvorsitzende Jürgen Morlok (l.) mit Wolfgang Gerhardt (4.v.l.) und dem neuen Vorstand (v.l.n.r.): Manfred Richter, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Karl-Heinz Paqué, Bettina Stark-Watzinger, Michael Link

Der Kuratoriumsvorsitzende Jürgen Morlok (l.) mit Wolfgang Gerhardt (4.v.l.) und dem neuen Vorstand (v.l.n.r.): Manfred Richter, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Karl-Heinz Paqué, Bettina Stark-Watzinger, Michael Link

© Wolfgang Borrs / franknuernberger.de

Am Montagabend wurde der Stabwechsel feierlich vollzogen: Nach zwölf Jahren übergab Wolfgang Gerhardt die Amtsgeschäfte in die Hände seines Nachfolgers Karl-Heinz Paqué. In einer Festveranstaltung mit hochkarätigen liberalen Rednern und Gästen wurde der Vorstandswechsel gebührend gefeiert. 

Die Bauakademie am Schinkelplatz war der richtige Ort dafür: Hier wurde vor 98 Jahren die erste Deutsche Hochschule für Politik eröffnet, die aus der 1918 von Friedrich Naumann gegründeten Staatsbürgerschule hervor ging. Die Hochschule für Politik öffnete am 24. Oktober 1920 als eine „freie Vereinigung vaterländisch gesinnter Männer und Frauen“ (Theodor Heuss) in der Berliner Bauakademie ihre Pforten. Anders als die zweieinhalb Jahre zuvor gegründete Staatsbürgerschule wollte sie nicht mehr in erster Linie für die Verbreitung liberalen Gedankenguts sorgen und dabei auch einen liberalen Führungsnachwuchs heranbilden, sondern zielte auf die Schaffung einer akademisch gebildeten Funktionselite, die jenseits von Parteigrenzen zu einer Stütze der liberal-demokratischen Republik werden sollte. In den Gremien und im Lehrbetrieb der DHP überwog zwar die liberale Prominenz aus dem Umfeld Friedrich Naumanns, fanden sich aber auch Vertreter anderer prorepublikanischer Kräfte. Die Institution wurde 1958 als Otto-Suhr-Institut in die Freie Universität eingegliedert – genau in dem Jahr, als die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gegründet wurde.

An diesem besonders für Liberale historisch so bedeutsamen Ort hielten am Montagabend der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Prof. Dr. Jürgen Morlok, Dr. Wolfgang Gerhardt, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué und Christian Lindner MdB, Bundes- und Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, spannende Reden. Dabei wurden nicht nur die Verdienste Gerhardts und des Vorstandsmitglieds Wolf-Dieter Zumpfort, der sich ebenfalls nach langjähriger liberaler Tätigkeit von der Stiftung verabschiedet, gewürdigt; es wurden auch von Gerhardt ein Rückblick und von Paqué ein Ausblick gegeben. 

Der Kuratoriumsvorsitzende Jürgen Morlok machte die Bedeutung Friedrich Naumanns staatsbürgerlicher Auffassungen auch für die heutige Arbeit der Stiftung, vor allem im Bereich politischer Bildung, deutlich: „In einer seiner letzten öffentlichen Reden 1919 hat Naumann sein Anliegen noch einmal auf den Punkt gebracht: ,Wenn wir Republikaner sein wollen, müssen wir ein anderes Bildungsideal haben als bisher. Vom Untertanen verlangt man keine Staatskenntnisse, aber vom Bürger. Der Untertan zahlt Steuern, gehorcht und spielt Klavier oder Skat, der Bürger braucht noch etwas mehr.' Oder in meinen Worten ausgedrückt: Demokraten wachsen nicht auf Bäumen, die man – je nach Bedarf – abpflücken kann, sondern zu Demokraten wird man herangebildet. Und gerade eine freiheitliche Gesellschaft braucht Staatsbürger, die einerseits die politischen Tugendwächter und Ordnungsrufer nicht zur Ruhe kommen lassen und andererseits den Denkfaulen und Patentrezeptinhabern den Schlaf rauben – heute mehr denn je.“

 

Demokraten wachsen nicht auf Bäumen, die man – je nach Bedarf – abpflücken kann, sondern zu Demokraten wird man herangebildet.

Jürgen Morlok
Prof. Dr. Jürgen Morlok

„Darauf wollte Wolfgang Gerhardt mit der politischen Bildungsarbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung reagieren, den Wert der Freiheit betonen und das Bewusstsein für ihre Gefährdung neu verankern. Dies gilt für die Inlands- und Auslandsarbeit, die auf dem Grundsatz beruht, dass Freiheit Entwicklung und Frieden fördert“, würdigte Jürgen Morlok den langjährigen Vorstandsvorsitzenden. „Gleich nach der Übernahme des Vorsitzes des Vorstands durch Wolfgang Gerhardt hat die Friedrich-Naumann-Stiftung ihren traditionsreichen Namen um den zentralen Grundwert unserer Gesellschaft erweitert: den der Freiheit.“

Die Herausforderungen für den Liberalismus sind in den zwölf Jahren des Vorstands Gerhardt nicht weniger geworden – im Gegenteil. In Hinblick auf die Zukunft einer Gesellschaft, die durch die Herausforderungen von Migration und Populismus geprägt wird, sagte Wolfgang Gerhardt in seiner Rede: „Wir müssen uns deshalb erneut und immer wieder der Grundlagen unserer freiheitlichen Ordnung bewusst sein. In ihren Fehlern und Schwächen, aber auch in ihrer Kraft. [...] Wir sollten all denen entgegentreten, die in neuen Uniformen das Totalitäre wieder etwas aufhübschen wollen. Sie sind die Verlierer von morgen.“

Gerhardt: „Ideen brauchen überzeugende Botschafter und die liberale ganz besonders. Sie braucht Menschen, die Fähigkeiten und Können mit Bescheidenheit verbinden und Vertrauen ausstrahlen." Stolz blickt er auch intern auf eine herausfordernde Zeit zurück: „Die Friedrich-Naumann-Stiftung arbeitet weltweit in vielen Ländern. Wir mussten unser Büro in Peking schließen, wir haben zuletzt wieder eines in Hongkong aufgemacht. Wir konnten in Ägypten nicht mehr arbeiten, wir haben in Amman ein neues Büro eröffnet“, sagte Gerhardt. Und resümiert treffend: „Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit vertritt die Freiheit und sie gibt nie auf.“

Karl-Heinz Paqué und Wolfgang Gerhardt

Karl-Heinz Paqué und Wolfgang Gerhardt

© Wolfgang Borrs / franknuernberger.de

Christian Lindner machte in seiner Rede deutlich: „Politik ist immer auch eine Stilfrage. Man wird die Rechtspopulisten nicht klein machen, indem man sich auf ihr Niveau begibt.“ In seiner Würdigung des Liberalen Wolfgang Gerhardt, der als Vorgänger im Bundes- und Fraktionsvorsitz auch die Geschicke der FDP prägte, betonte Lindner besonders seinen politischen Stil. Auch bei schwierigen politischen Konflikten habe Gerhardt immer auf Diskurs und Ausgleich gesetzt. Mit Blick auf den Stabwechsel und die Agenda des neuen Vorstandes der liberalen Stiftung sagte Lindner: „Du bringst einen internationalen Horizont mit ein, den präzisen Blick eines Ökonomen. Wir freuen uns, die nächsten Kapitel aufzuschlagen und die der gemeinsamen Geschichte der liberalen Familie weiterzuführen."

Das Bewusstsein für die liberalen Werte wird immer dann geschärft, wenn diese bedroht sind

Karl-Heinz Paqué skizzierte in seinem Ausblick die großen Herausforderungen in schwierigen Zeiten für freiheitlich-liberales Denken in der heutigen Welt: „Grassierender Populismus im Westen, autoritäre Tendenzen im Osten und überall zunehmende Skepsis gegenüber Freiheit und Fortschritt. Immer mehr Staatskapitalismus statt Marktwirtschaft, Protektionismus statt Freihandel, geschlossene Räume statt offene Gesellschaft. Immer mehr exekutiver Durchgriff statt unabhängige Justiz, immer mehr Medienlenkung und Selbstzensur statt freies Wort und fruchtbarer Austausch.“  Doch er zeigte sich kämpferisch und zuversichtlich: „Das Bewusstsein für die liberalen Werte von Freiheit, Rechtsstaat und Marktwirtschaft wird immer dann geschärft, wenn diese bedroht sind. Das motiviert uns als Friedrich-Naumann-Stiftung, in der Zukunft für diese Werte noch mehr zu tun, als in der Vergangenheit möglich war.“

Paqué formulierte mehrere Ziele für die Zukunft der Stiftung. „Erstes Ziel ist dabei, die Rolle der Stiftung als Think Tank des Liberalismus in der liberalen Familie zu stärken. Eine politische Partei, auch die FDP, muss politische Botschaften oft in schnittiger vereinfachter Form den Wählern nahebringen. Eine Stiftung muss immer tiefer bohren und differenzierter argumentieren. Dies ist die intellektuelle Aufgabe unseres Liberalen Instituts, das liberale Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit suchen und geben muss – auch mit Blick auf wissenschaftliche Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen, mit Forschungsinstituten und Think Tanks, nicht zuletzt durch gezielte Forschungsaufträge, noch stärker als in der Vergangenheit.“ 

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

Darüber hinaus hätten nun fünf Bereiche der Stiftung den Auftrag, mit ihren Mitteln das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für freiheitliche Werte zu schärfen: Erstens das digitale Angebot in der Kommunikation zu stärken, um den politischen Dialog in den sozialen Netzwerken auszubauen und statt „Fakes und Polemik gehaltvolle Information und Diskussion über liberale Inhalte“ anzubieten. Zweitens mit vielfältigen Veranstaltungsformaten in den Bundesländern noch mehr Interessierte anzusprechen, um einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft entgegen zu wirken. Drittens die Expertise der Auslandsarbeit für den Bildungsauftrag im Inland nutzbar zu machen. Viertens die intensivere Förderung des liberalen Nachwuchses voranzutreiben und fünftens die Geschichte des Liberalismus zu pflegen, denn „die Rückbesinnung auf die Geschichte ist alles andere als verstaubte Erinnerungskultur.“ Es sei eine Kraftquelle für die liberale Familie, gerade auch in schwierigen Zeiten. Paqué versprach: „Das neue Vorstandsteam mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Stellvertretende Vorsitzende, Manfred Richter als Schatzmeister, Bettina Stark-Watzinger und Michael Link als Beisitzer und mir als Vorsitzenden, ist sich seiner Verantwortung bewusst.“