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Verbrechen gegen Journalisten
Mugabe ist weg - die Probleme bleiben

Journalisten in Simbabwe leiden weiter unter der Straflosigkeit und Missachtung der Gesetze
Yeshiel Pachia

Ein Soldat attackiert Yeshiel Pachia, Journalist der European Pressphoto Agency (EPA) am 1. August 2018 in Harare

© The Zimbabwe Independent

Der greise Robert Mugabe ist vor einem Jahr als Präsident Simbabwes gestürzt worden. Im Juli dieses Jahres wurde gewählt – Mugabes alte Partei stellt nun die Zweidrittelmehrheit im Parlament und auch den Präsidenten, Emmerson Mnangagwa, genannt ‘das Krokodil’ und vor allem bekannt als langjähriger Weggefährte und Vollstrecker Mugabes. Die Opposition weist auf Wahlbetrug im großen Stile vor, während und nach dem Urnengang hin. Bei Demonstrationen in der Hauptstadt Harare kurz nach den Wahlen erschossen die Sicherheitskräfte mindestens sechs unbewaffnete Demonstranten und griffen Journalisten tätlich an. Seitdem zweifelt auch niemand mehr daran, wer eigentlich die Fäden in der Regierung zieht: eine de facto Militärjunta, die ihre Mitglieder durch das gesamte Kabinett gestreut hat.

Wie ist es aktuell um die strafrechtliche Verfolgung von Journalisten im Land bestellt? Hat sich die Lage im vergangenen Jahr verbessert oder verschlechtert?

Die Situation hat sich, in den letzten zwölf Monaten seit dem Sturz Mugabes, nicht geändert: Trotz reichlich dokumentierter Übergriffe auf Journalisten gibt es immer noch keinen einzigen Strafgerichtsprozess gegen diese teilweise wohl bekannten Angreifer. In Simbabwe herrscht weiterhin eine Kultur der Straflosigkeit und Missachtung der Gesetze. Organisationen wie das Media Institute of Southern Africa (Misa) bemühen sich zwar weiterhin um die Zusammenarbeit mit der Polizei mit dem Ziel, ein sicheres Umfeld für Journalisten zu schaffen, aber trotz aller Lippenbekenntnisse der Sicherheitskräfte ist es bis jetzt noch zu keiner einzigen Verhaftung gekommen.

Von dem im März 2015 entführten Journalisten Itai Dzamara fehlt weiterhin jede Spur und ernstzunehmende Ermittlungen von staatlicher Seite gibt es nicht.

Auch sind die Mitglieder der Sicherheitskräfte, die bei den Demonstrationen in Harare im August unbewaffnete Demonstranten erschossen und verletzt haben, immer noch nicht verhaftet worden – auch nicht für die tätlichen und dokumentierten Übergriffe gegen die anwesenden Journalisten.

Allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres ist belegt, dass 16 Journalisten ernsten Bedrohungen, und verbalen und tätlichen Übergriffen ausgesetzt waren. Die Anstifter und Täter bleiben weiterhin ungeschoren und erfreuen sich des aktiven Schutzes genau der Systeme und Strukturen, die deren Taten eigentlich ahnden sollten.

Mitglieder der Sicherheitskräfte, Angehörige der Regierungspartei und deren Unterstützter genießen Straffreiheit. Verbrechen gegen Journalisten gelten nicht als solche, sondern sind bestenfalls geringfügige Vergehen und werden von den Ermittlungsbehörden meistens vollkommen ignoriert.

Inwieweit wirkt sich die Straflosigkeit auf die Meinungs- und Pressefreiheit im Land aus?

Straflosigkeit hat den Effekt, dass Journalisten aus reinem und verständlichem Selbsterhaltungstrieb gewisse Nachrichten und Informationen zurückhalten, oder diese ‘verwässern’ und oft eine Art Selbstzensur als Überlebensstrategie praktizieren. Wer als Journalist Korruption investigativ untersucht und darüber berichtet, weiß, dass sie oder er nicht mit dem Schutz von Institutionen rechnen kann, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, Journalisten vor Repressalien bis hin zum Mord zu schützen, oder damit, dass Schuldige zur Rechenschaft gezwungen werden.

Nach dem Sturz Mugabes hatten sich einige Journalisten wieder mehr getraut auch kritisch über die Militärs oder Spitzenpolitiker der Regierungspartei zu berichten. Spätestens seitdem die Sicherheitskräfte im August so brutal in Harare gegen unbewaffnete Demonstranten und Journalisten vorgingen, ist aber ganz klar, dass sich nichts geändert hat.

Wird die Straflosigkeit von Verbrechen gegen Journalisten in der öffentlichen Debatte thematisiert? Gibt es konkrete Fälle, die in den Fokus der Öffentlichkeit geraten sind?

Simbabwer kämpfen täglich um die Existenz – die meisten werden nicht oder nur unregelmäßig satt, Cholera ist wieder in mehreren Städten ausgebrochen, die medizinische Versorgung ist ein Hohn. Verbrechen gegen Journalisten werden daher in der breiteren Öffentlichkeit verständlicherweise nicht vorrangig diskutiert. Es gibt jedoch eine Reihe von Foren wie Presseclub-Veranstaltungen und Protestkundgebungen, die die Situation von Journalisten, sowie Presse- und Meinungsfreiheit  immer und immer wieder thematisieren. Das führt dazu, dass die Regierung und die Sicherheitskräfte – widerwillig – zumindest ein Lippenbekenntnis darüber ablegen, dass Verbrechen gegen Journalisten und die Straflosigkeit ein Problem sind – und dann nichts unternehmen um dies zu ändern.

Die sichtbarsten Fälle, die mit Bildern und Liveaufnahmen um die Welt gingen, waren diejenigen von simbabwischen und ausländischen Journalisten, die von den Sicherheitskräften während der Demonstrationen am 1. August in Harare tätlich angegriffen wurden. Die Angreifer sind zum Teil sehr einfach auszumachen, ebenso wie die Todesschützen, die sechs unbewaffnete Demonstranten auf dem Gewissen haben. Aber trotz des Gelöbnisses der Regierung, man werde dies alles sehr genau untersuchen und die Schuldigen bestrafen, ist nichts passiert.

Übergriff

Übergriff eines Polizisten in Zivil auf den Newsday-Reporter Obey Manyaiti

© Newsday

Welche Organisationen setzen sich im Land gegen die Straflosigkeit von Verbrechen gegen Journalisten ein? Inwieweit unterstützt die FNF diese Bemühungen?

Es gibt einige dezidierte Organisationen wie das Media Council of Zimbabwe, das simbabwische Kapitel des Media Institute of Southern Africa und das Voluntary Media Council of Zimbabwe, die sich besonders der Problematik der Straflosigkeit von Verbrechen gegen Journalisten annehmen. Darüber hinaus gibt es noch Menschenrechts- und Rechtshilferoganisationen wie Zimbabwe Lawyers for Human Rights, die spezifische Programme zur Unterstützung von inhaftierten Journalisten unterhalten.

Mit dem Voluntary Media Council of Zimbabwe arbeitet die Stiftung konkret an einer Strategie, um deren Kampagne für mehr Pressefreiheit und größeres Verständnis für Journalisten und ihre Arbeit mehr Wirkung zu verleihen.

Im Endeffekt ist die Straflosigkeit von Verbrechen gegen Journalisten ein weiterer Datenpunkt dafür, dass in Simbabwe Menschenrechte verletzt und diese Verletzungen nicht geahndet werden. Journalisten sind in diesem Zusammenhang natürlich besonders exponiert. Daher ist die Arbeit der Stiftung mit Rechtshilfeorganisationen, wie dem langjährigen Partner Legal Resources Foundation, im allgemeineren Bereich der Stärkung der Menschenrechte auch ein robuster Beitrag, um die Situation von Journalisten im Lande zu verbessern. Denn ohne eine breitere Verbesserung der Menschenrechtskultur eines Landes wird es weiterhin Straflosigkeit von Verbrechen gegen Journalisten geben.

Fungisai Sithole ist Mitarbeiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung im Büro in Harare, Simbabwe. 

Für Medienanfragen kontaktieren Sie unsere Simbabwe-Expertin der Stiftung für die Freiheit:

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Fungisai Sithole
Telefon: +263 772 265 433