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USA
Halbzeitwahlen 2018: Gewinner und Verlierer auf beiden Seiten

Ein Denkzettel für Trump und so viele Frauen wie nie im Kongress
Mit Spannung wurde erwartet, wie die Kongresswahlen 2018 ausgehen würden

Mit Spannung wurde erwartet, wie die Kongresswahlen 2018 ausgehen würden

© TriggerPhoto / iStock / Getty Images Plus

Das Interesse an den diesjährigen Halbzeitwahlen war riesig. Seit dem Amtseintritt von Donald Trump wurde auf den Wahltag hingefiebert. Auf demokratischer Seite mit der Hoffnung, die politische Landkarte der USA wieder in Blau zu tunken und auf republikanischer Seite mit dem Ziel, die Mehrheiten weiter auszubauen. Doch wer ist nun der Gewinner der Halbzeitwahlen? Das kommt wohl ganz darauf an, welchen Nachrichtensender man einschaltet oder welche Zeitung man aufschlägt. Tatsache ist, dass es am Morgen nach dem Wahlabend auf beiden Seiten Gewinner und Verlierer gab.

Bei den Demokraten war es die Minderheitsführerin Nancy Pelosi, die stellvertretend für die gesamte Partei eine Siegesrede hielt. Denn den Demokraten ist es gelungen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu erobern – und das erstmalig seit 2010. Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, aber die Demokraten werden schätzungsweise zwischen 26 und 32 Mandaten hinzugewinnen. Der Erfolg im Rennen um das Repräsentantenhaus kam wenig überraschend und dennoch ist er bedeutsam.

Die demokratischen Kandidaten konnten sich gerade in Städten und städtischen Randgebieten durchsetzen. In einigen Wahldistrikten, die als republikanische Bollwerke galten, konnten moderate Demokraten jene Wähler überzeugen, die in der Regel Kandidaten der Mitte oder Mitte-Rechts-Kandidaten bevorzugen sowie unentschlossene Wähler, die sich von Trumps politischer Hetze abgeschreckt fühlten. Das bedeutet also, dass im nächsten Jahr neben progressiven Abgeordneten, die mit linker Politik das demokratische Establishment herausfordern wollen, auch ein ganzer Schwung moderater Demokraten in das Repräsentantenhaus einziehen wird. Für die demokratische Führung ist das eine Chance und Herausforderung zugleich. Auf der einen Seite können sie so die politische Mitte für sich beanspruchen und mit Blick auf 2020 unabhängige Wähler von sich überzeugen. Auf der anderen Seite muss der oder die zukünftiger Mehrheitsführer bzw. Mehrheitsführerin den Drahtseilakt bewältigen, die moderaten und progressiven Kräfte der demokratischen Fraktion im Haus zu vereinen. Denn was Washington nun als Allerletztes braucht, ist neben der parteipolitischen Polarisierung auch noch eine parteiinterne Polarisierung.

Demokratische Hoffnungsträger gingen leer aus

Auch auf Bundesstaatenebene konnten die Demokraten punkten und die Gouverneursposten in Illinois, Kansas, Maine, Michigan, New Mexico, Nevada und Wisconsin hinzugewinnen. In anderen bedeutenden und knappen Rennen mussten sie allerdings Verluste einstecken. So gewann in Florida der Republikaner Ron DeSantis den Gouverneursposten. In Texas konnte der Republikaner Ted Cruz seinen politischen Untergang abwenden. Sein Kontrahent Beto O’Rourke, dem man gute Chancen ausgerechnet hatte im republikanisch dominierten Texas tatsächlich zu gewinnen, musste den Kürzeren ziehen. Auch im „Swing State“ Ohio konnte sich der republikanische Kandidat für das Amt des Gouverneurs behaupten und in Georgia sieht es ganz danach aus, dass der Gouverneursposten an den Republikaner Brian Kemp geht. Andrew Gillum (Florida), Stacey Abrams (Georgia) und Beto O’Rourke (Texas) galten als Hoffnungsträger der Demokraten. Auch die Verluste in Ohio und Florida sind schmerzhaft, denn diese Bundesstaaten werden bei den Präsidentschaftswahlen 2020 wieder das Zünglein an der Waage sein.

Trumps Wahlkampfstrategie trug Früchte

Zwar haben die Republikaner das Repräsentantenhaus verloren. Dennoch zeigte sich Präsident Trump sehr erfreut über die Ergebnisse seiner Republikaner. Für ihn und seine Partei war die Wahl keinesfalls eine Niederlage, auch wenn der Siegesjubel der Demokraten durchs ganze Land hallt. Den Republikanern ist es gelungen, ihre Mehrheit im Senat zu verteidigen und weiter auszubauen. Man hatte schon damit gerechnet, dass Haus an die Demokraten zu verlieren. Deshalb fokussierte sich Trump im Wahlkampf verstärkt darauf, republikanische Senatskandidaten zu unterstützen. In den umstrittenen „toss up“ Staaten konnte Trump seine Basis erfolgreich mobilisieren. Die Senatsposten in North Dakota, Missouri, Indiana und Florida gingen an Republikaner. Wie schon bei den Vorwahlen beobachtet, schnitten diejenigen Kandidaten, die sich im Wahlkampf von Trump distanziert haben, schlechter ab als Trump-Unterstützer.

 

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The Future is Female

Schon zu Beginn der Vorwahlen zeichnete sich ab, dass 2018 das Wahljahr der Frauen sein würde. Und tatsächlich: Die „pinke Welle“, wie sie in den Medien ein wenig despektierlich genannt wird, hat es bis in den Kongress geschafft und ist nicht schon vorher – wie teilweise befürchtet - abgeebbt. Mehr als 90 Frauen werden im nächsten Jahr in das Repräsentantenhaus einziehen. Leider werden Frauen weiterhin unterrepräsentiert sein. Aber immerhin konnten die Kandidatinnen den alten Rekord von 84 weiblichen Abgeordneten brechen. Es ist ein positiver und vor allem demokratischer Trend, denn mehr als 80 der Mandatsträgerinnen sind Demokratinnen.

Ein weiterer positiver Trend der sich am Dienstag abgezeichnete ist die hohe Wahlbeteiligung. Wie schon erwähnt war das Interesse der Amerikanerinnen und Amerikaner an den Halbzeitwahlen außergewöhnlich groß. Seit der Wahl von Donald Trump sahen die Demokraten erstmals die Chance, das Rad wieder umdrehen zu können. Dieser Enthusiasmus, der auch schon auf den verschiedensten Demonstrationen wie etwa dem „Women‘s March“ oder dem „March for Our Lives“ zu verspüren war, schlug sich auch in der Wahlbeteiligung nieder. Auch die republikanische Basis zeigte sich motiviert, an dem Projekt Ausbau der Mehrheiten mitzuwirken. Gerade in „toss up“ Staaten wie Florida und Virginia waren die Schlangen lang. Ersten Schätzungen zufolge gaben 114 Millionen Wählerinnen und Wähler ihre Stimmen ab. Bei den Halbzeitwahlen 2014 waren es nur 83 Millionen und in 2010 91 Millionen. An die 138 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner, die 2016 an den Präsidentschaftswahlen teilnahmen, kommt dieser Wert natürlich nicht heran und generell gibt es bei der Wahlbeteiligung immer Luft nach oben. Dennoch lässt der Enthusiasmus der Bürgerinnen und Bürger an Wahlen hoffen.

Politischer Stillstand vorprogrammiert

Nachdem die Demokraten ihren Siegesrausch ausgeschlafen haben, wird es vermutlich erst mal zu Spannungen kommen. Gerade wenn es um die Personalie Nancy Pelosi und ihre Zukunft als Sprecherin des Repräsentantenhauses geht, gibt es Reibungen. Während die progressiven Demokraten mit dem Parteiestablishment brechen wollen, für das Nancy Pelosi steht, vertrauen moderatere Abgeordnete der erfahrenen Parteiführerin. Wer auch immer am Ende an der Spitze der demokratischen Parteiführung steht, muss diese Spannungen überwinden und sicherstellen, dass die Demokraten als gemeinsame Opposition auftreten. Ohne einen demokratischen Senat und ohne einen demokratischen Präsidenten im Weißen Haus wird es jedoch schwer für die Demokraten, ihre legislativen Wünsche gerade im Bereich Migration und Gesundheit in die Realität umzusetzen. Bei den Themen Außen- und Sicherheitspolitik hat ohnehin der Senat das Sagen. Allerdings haben die Demokraten nun die Möglichkeit Untersuchungen gegen Trump voranzutreiben – z.B. die Einsicht in seine Steuererklärung – die als Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren dienen könnten. Ein solches Verfahren könnte mit einer einfachen Mehrheit im Repräsentantenhaus beschlossen werden, würde dann im Senat aber sehr wahrscheinlich scheitern. Zwar hagelt es aus dem Senat ab und an Kritik, im Zweifelsfall halten die republikanischen Senatoren aber zu ihrem Präsidenten.  Und nach den erfolgreichen Senatswahlen dürfte Trump die Senatoren nun noch besser im Griff haben.

Mit dem Wahlausgang wird das Regieren in Washington also nicht einfacher. Im Gegenteil: Die geteilte Macht im Kongress wird zu mehr Stillstand führen. Und Donald Trump wird versuchen, die Demokraten für diesen Stillstand verantwortlich zu machen. Das meint auch der Projektleiter des Stiftungsbüros in Washington, DC Claus Gramckow. „Mit dem Wahltag 2018 beginnt der Präsidentschaftswahlkampf 2020.“ Und um sich 2020 behaupten zu können, müsse es den Demokraten gelingen, neben ihrer „Anti-Trump-Kampagne“ auch eine neue politische Botschaft zu formulieren.

Iris Fröba, Policy Analyst und Media Officer, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Sehen Sie die erste Einschätzung unseres US-Experte Claus Gramckow, Leiter des Transatlantischen Dialogprogramms der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington, DC im Video. 

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