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US-Wahlen
Trump geht – Die Russlandpolitik bleibt

Wahlsieger Joe Biden
© Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit

„Wouldn´t it be nice if we could get along with Russia? –Wäre es nicht schön, wenn wir gut mit Russland auskommen würden?! Mit diesem Satz sorgte Donald Trump in seinem Wahlkampf 2016 für Aufmerksamkeit. Es stellte sich heraus: Leichter gesagt als getan. Denn die Russlandpolitik der Trump-Administration kam einer Achterbahnfahrt gleich. Sie schwankte zwischen Trumps persönlicher Zuneigung und Freundschaft zu Wladimir Putin und harten Strafsanktionen seines Kabinetts gegen Russland.

Joe Bidens Haltung zu Russland ist klar: Obwohl China immer mehr in den Fokus Europas und den USA gerät, bezeichnet Biden Russland weiterhin als die größte Bedrohung für die Vereinigten Staaten. Biden kritisierte zuletzt den Umgang mit der Opposition des russischen Verbündeten Belarus und hat der Ukraine Waffenlieferungen für ihren Krieg gegen separatistische, prorussische Rebellen in der Ostukraine angeboten.

Bidens klarer außenpolitischer Kompass

Unter Biden lässt sich eine klarere und vorhersehbarere Russlandpolitik erwarten. Zumindest Letzteres könnte auch vom Kreml durchaus begrüßt werden. Was im Kreml dagegen übel aufstoßen könnte, ist Bidens Bekenntnis zur NATO und zu einem starken Europa. Hier ist die russische Politik auf das Säen von Zwietracht ausgerichtet.
 

Trotz Bidens Engagement für die Stärkung der NATO gibt es Hoffnung, dass das von Trump 2019 aufgekündigte INF-Abkommen, das die Stationierung von Marschflugkörpern mittlerer Reichweite in Europa begrenzt, wieder neues Leben eingehaucht bekommen könnte. Zumindest scheinen Neuverhandlungen wahrscheinlich, da auch Russland an einer Rückkehr an den Verhandlungstisch interessiert sein sollte, um hohe Kosten für die eigene Rüstung einsparen zu können. Eine nukleare Abrüstung Europas läge im beiderseitigen Interesse – falls dabei die starken Bedenken bezüglich der Vertragstreue Russlands ausgeräumt werden können.

Bidens Position zu Putin ist ebenso eindeutig wie seine Sympathie für konstruktive Verhandlungen: „I was able to help negotiate a New START agreement with Russia, not because I like Putin. The guy's a thug. – Ich konnte bei den Verhandlungen über ein neues START-Abkommen mit Russland helfen, aber nicht, weil ich Putin mag. Er ist ein Gangster.”
Jüngst hat Biden angekündigt, Tony Blinken zu seinem neuen Außenminister machen zu wollen. Blinken ist in Bezug auf Russland ein Hardliner, der während der Krimkrise im Jahr 2014 bei der Ausarbeitung der amerikanischen Reaktion eine Schlüsselrolle spielte.

Blinkens Ziel ist es, Russland international zu isolieren. Er schrieb dazu: „[…] one way President Putin and Russia define power is by the geopolitical influence that Russia is able to obtain. And undermining Russia politically in the international community and isolating it politically diminishes that power. – Präsident Putin und Russland definieren Macht durch geopolitischen Einfluss, den Russland auszuüben in der Lage ist. Das Untergraben dieses Einflusses und die Isolierung Russlands in der internationalen Gemeinschaft verringert diese Macht.“ Biden und Blinken werden also voraussichtlich hinsichtlich der Gebiete, die Russland als seine privilegierte Interessenssphäre sieht, eine klare Linie fahren.

Russland steht mittlerweile auf europäischer Bühne ziemlich allein da. Spätestens seit dem Giftanschlag auf Alexej Nawalny hat sich gerade die Haltung Deutschlands gegenüber Russland entschieden geändert. Das stärkt Bidens Position. Was das für das Projekt „Nord Stream 2“ bedeuten könnte, bleibt abzusehen. Die Kritik an der mutmaßlichen Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland wird von Demokraten und Republikanern unisono geteilt. Die Sanktionen, die gegen die beteiligten Firmen erlassen wurden, wurden unter Federführung Trumps, von beiden Parteien mitgetragen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Biden diesen Kurs weiter fortsetzen wird.

Eines ist klar: Bidens künftige Russlandpolitik wird großen Einfluss auf Europa haben. Konfliktpunkte im transatlantischen Bündnis, wie etwa die Verteidigungsausgaben der europäischen Bündnispartner, werden bestehen bleiben. Man wird es sich in Zukunft nicht mehr so leichtmachen können, diese US-amerikanischen Forderungen auf Trumps Art zu schieben und zu hoffen, dass unter einem neuen Präsidenten wieder alles ins alte „Business as usual“ zurückfällt. In der Russlandpolitik wird der neue Präsident eine klare Linie vertreten. Diese wird sich nicht Putins Machtanspruch unterwerfen, sondern ihm entgegentreten.