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Unmögliches wird wahr: Donald Trump und Kim Jong-un wollen sich treffen

Korea-Experte Lars-André Richter beantwortet dazu die wichtigsten Fragen

Noch vor kurzem fürchtete man einen schweren militärischen Konflikt auf der koreanischen Halbinsel. Völlig unerwartet kam heute die Nachricht, dass Kim Jong-un US-Präsident Trump zu direkten Gesprächen eingeladen habe – und Trump umgehend zugesagt hat. Nach Jahren des Säbelrasselns und der Provokationen nun ein Hoffnungsschimmer?

Woher der plötzliche Sinneswandel in Pjöngjang?

Mehrere Punkte spielen hier eine Rolle: Zum einen scheinen die Sanktionen Wirkung zu zeigen. Sie sind vor allem im vergangenen Jahr massiv verstärkt worden. Außerdem stieg der Druck auf Länder, die gegen die Sanktionen verstoßen haben.
Zum zweiten scheint das erratische Auftreten des US-Präsidenten in Pjöngjang Verunsicherung ausgelöst zu haben. Obama war berechenbar. Niemand hat geglaubt, dass er Nordkorea attackieren würde. Bei Trump schien das am Ende nicht ganz ausgeschlossen. Auch China könnte das Sorgen bereitet haben: Einen militärischen Konflikt vor der Haustür, den wollte Peking nicht.

Sie spielen auf die zahlreichen Raketen- und Atomtests des Regimes der vergangenen beiden Jahre an?

Richtig. Allerdings herrscht unter Raketenexperten Uneinigkeit, ob die Interkontinentalraketen auch wirklich einsatzfähig sind und mit Atomsprengköpfen bestückt werden können. Auf jeden Fall hat sich das Land im Herbst offiziell zur Atommacht erklärt. Auch wenn die internationale Gemeinschaft das nicht glaubt: Nach Innen lassen sich mögliche Gespräche mit dem US-Präsidenten nun als Zeichen der Stärke verkaufen.

War der Sinneswandel denn zu erwarten?

Die Olympischen Winterspiele im Februar im südkoreanischen Pyeongchang waren eine günstige Gelegenheit für den Norden, aus seinen wirtschaftlichen Nöten gesichtswahrend rauszukommen. Derzeit bestimmt Kim Jong-un das Spiel, überrascht täglich mit neuen Schlagzeilen, mit Angeboten, die wohl kaum jemand so schnell erwartet hätte. Die Gesprächseinladung an Trump gehört dazu.

Nordkorea hat nun viel versprochen, wie glaubhaft sind die Zugeständnisse?

Sollte der Norden wirklich versprochen haben, eine Denuklearisierung einzuleiten, könnte im Idealfall tatsächlich Bewegung in den Konflikt kommen. Den Worten müssen nun freilich Taten folgen. Nordkorea hat im Gegenzug einer möglichen Aufgabe seines Nuklearprogramms „Sicherheitsgarantien“ gefordert. Wie genau die aussehen, wer sie abgeben und ihre Einhaltung kontrollieren soll, ist im Moment allerdings noch unklar.

Das Treffen soll im Mai stattfinden. Reicht die Zeit für eine solide Vorbereitung?

Eigentlich findet ein solcher Gipfel erst nach längerer Vorbereitung statt, nach entsprechenden Verhandlungen auf der Arbeitsebene. Nur etwas mehr als zwei Monate Vorbereitung, mit einem personell ausgedünnten State Department und wenigen Korea-erfahrenen Diplomaten, wird das sportlich.

Trotzdem ein Grund zur Hoffnung?

Ja, da siegt der Optimist in mir, man sollte direkte Gespräche zwischen Kim und Trump zunächst durchaus als Chance verstehen. Beide Seiten müssen die Sache aber ernst nehmen. Dann besteht mittelfristig die Chance zur Lösung des Konflikts.