EN

UNICEF-Studie
Staatsversagen in der Hauptstadt

Kitas

Laut offiziellen Zahlen fehlen in Berlin rund 3.000 Kitaplätze. Nach Schätzun- gen betroffener Eltern sind es Zehntausende. Mit einer Onlinepetition ma- chen sie ihrem Unmut nun Luft. 70.000 Unterzeichner gibt es bereits

© picture alliance/Soeren Stache/dpa

„Mein Name ist Christine Kroke, ich bin Mutter eines fast sechs Monate alten Sohnes. Seit über einem Jahr suche ich nach einem Kitaplatz – ich habe fast 100 Kitas angeschrieben. Auch viele meiner Freund/innen und Kolleg/innen finden keine Betreuung für ihre Kinder. Wir alle sind verzweifelt. Denn es gibt keine Kitaplätze.“

Mit diesen dramatischen Worten beginnt die Onlinepetition einer verzweifelten Berliner Mutter an die Adresse der zuständigen Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres, und des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Inzwischen haben sich fast 71.000 Berliner Mütter und Väter der Forderung nach mehr Kitaplätzen in der Hauptstadt angeschlossen. Offiziell fehlen in Berlin nur 3.000 Plätze, nach Schätzungen der betroffenen Eltern sind es Zehntausende. Mit dem Problem ist die deutsche Hauptstadt nicht allein: Bundesweit fehlten 2018 nach einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln 273.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren (U3). Die Betreuungslücke betreffe 11,6 Prozent der Kinder in diesem Alter. Im Vergleich zu 2017 hat sich danach kaum etwas gebessert – allen politischen Beteuerungen zum Trotz. Die Zahl der fehlenden Plätze verringerte sich in der gesamten Bundesrepublik nur um magere 6.000 Plätze. Doch nirgendwo sonst scheint die Not so groß zu sein wie in Berlin: In seiner Verzweiflung, so ein Bericht der Berliner Zeitung, stellte ein Vater auf Ebay sogar 5.000 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines U3-Platzes in Aussicht. Mit diesem Geld könnte er sein 18 Monate altes Kind in Frankfurt am Main oder Leipzig rund zweieinhalb Jahre lang jeweils 35 Stunden pro Woche betreuen lassen, in Köln immerhin noch fast ein Jahr. Und in der Hauptstadt selbst würde der Kitaplatz gar nichts kosten – vorausgesetzt, es gäbe einen.

 

Dieser Text erscheint Ende Juni in der neuen Ausgabe der liberal.