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Ungarn
Ein Anschlag auf die Offene Gesellschaft

Karl-Heinz Paqué beobachtet mit Sorge die gefährliche Entwicklung für die europäischen Grundwerte
Die Central European University (CEU). Sie ist eine Privatuniversität mit Sitz in New York (USA), und einem Campus in Budapest (Ungarn)

Die Central European University (CEU). Sie ist eine Privatuniversität mit Sitz in New York (USA), und einem Campus in Budapest (Ungarn)

© dpa/Jens Kalaene

Lange hielt sie dem Druck der ungarischen Regierung stand - nun gibt sich die vom ungarischstämmigen US-Philantropen George Soros gegründete Zentraleuropäische Universität in Budapest geschlagen: Der Großteil des Lehrbetriebs wird nach Wien verlegt. "Viktor Orbán hat eine kosmopolitische Universität aus Ungarn vertrieben – und dies mit nationalistischen und antisemitischer Begleitmusik. Die Christdemokraten und Konservativen Europas tun nichts dagegen", kritisiert unser Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Paqué in der Welt. 

Aus für die Zentraleuropäische Universität (CEU) in Budapest: Auf Druck der Orban-Regierung verlegt die von George Soros gegründete Lehranstalt nach 26 Jahren den Großteil ihres Lehrbetriebs nach Wien. Die Universität sehe sich "gezwungen", die ungarische Hauptstadt zu verlassen, teilte die englischsprachige Privatuniversität mit. Die CEU war der Regierung wegen ihres dort herrschenden liberalen Geistes ein Dorn im Auge. Der Fortbestand der CEU in Budapest stand wegen eines umstrittenen Hochschulgesetzes der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban schon länger auf der Kippe.
 
Für Karl-Heinz Paqué ist das Scheitern der Verhandlungen zwischen CEU und dem Staat Ungarn eigentlich nicht mehr als die logische Konsequenz einer perfiden Strategie: „Orbán will im eigenen Land die Räume der Aktivität für all jene beseitigen, die sich für die `Offene Gesellschaft‘ einsetzen, und darunter fällt eben auch die Wissenschaft. Er verwendet dazu genau jene Instrumente, die längst bei den deutschen politischen Stiftungen für deren Auslandsarbeit unter dem Begriff `shrinking spaces`  mit Sorge beobachtet werden, allerdings bisher vor allem außerhalb der Europäischen Union, wo Autokraten durch gesetzliche und administrative Schikanen das Verbreiten unliebsamer Erkenntnisse behindern.“
 
Offenbar habe diese Strategie nun auch das Territorium der Europäischen Union erreicht. "Das ist eine höchst gefährliche Entwicklung für die europäischen Grundwerte von Wissenschafts-, Forschungs- und Meinungsfreiheit", warnt der Freidemokrat. Ihr dürfe man nicht tatenlos zusehen. Den Christdemokraten und der Europäischen Volkspartei (EVP) wirft Paqué vor, genau das zu tun: „Die Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigt, und die CSU hat geradezu freundschaftliche Kontakte zu Viktor Orbán aufgebaut. Die Langzeitwirkung dieser Tatenlosigkeit könnte verheerend sein: ein ungestrafter Präzedenzfall.“

Der Artikel erschien erstmals in der Welt am 07. Dezember 2018 und ist hier zu finden. Autor: Karl-Heinz Paqué © Die WELT.