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Türkei
Türkei: 3 Fragen an Nadja Hirsch

"Mit diesem Wahlergebnis hat sich die Türkei für die Autokratie entschieden"
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. © Creative Commons Attribution 3.0/ Kremlin.ru

Nadja Hirsch ist Mitglied in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa und sitzt in der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss "EU-Türkei". Freiheit.org hat mir ihr über den Wahlsieg Erdogans gesprochen.

Wie bewerten Sie den Ausgang der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei?

Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht und dennoch hat es mich nicht überrascht. Mit 52,5 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang kürt sich Erdoğan zum Alleinherrscher in der Türkei. Das ist sehr bedauerlich, nicht nur für Türkei, sondern auch für ihre Partner.

Wie erklären Sie sich seinen Erfolg?

Trotz der Einschüchterungen und Verhaftungen von Kritikern und anhaltendem Ausnahmezustand seit 2016  scheint die deutliche Unterstützung für Erdoğan und sein Wahlbündnis ungebrochen zu sein. Wählermanipulation durch regierungsnahe Medien im Vorfeld der Wahlen, die das Bild des starken und erfolgreichen Staatsmannes massiv propagierten, ist sicherlich einer von vielen Gründen. Dieses Bild gefällt immerhin einer knappen Mehrheit der Wähler, im Sinne von: Was er verkündet, setzt er auch rigoros um. Um die andere Hälfte der Wähler restlos hinter sich zu versammeln, hätte es einen namhaften, durchsetzungsstarken Gegenkandidaten gebraucht.

Wie wird sich das Ergebnis auf das Verhältnis zwischen der EU und der Türkei auswirken?


Mit diesem Wahlergebnis hat sich die Türkei für die Autokratie entschieden. Damit schlägt sie die Tür für einen EU-Beitritt endgültig zu. Der Umbau der Türkei in eine autoritäre Präsidialrepublik ist der Anfang vom Ende der Demokratie. Erschreckend dabei sind auch die Wahlsiege Erdoğans in Europa. Offenbar teilen diese Menschen nicht die Werte unserer liberalen Demokratie bzw. wissen sie nicht zu schätzen. Dieser Aspekt muss bei bei einer im März 2016 vereinbarten Visa-Liberalisierung im Rahmen des Flüchtlingsabkommens zwischen Ankara und Brüssel berücksichtigt werden: Diese ist nun noch unwahrscheinlicher geworden, denn dafür wäre die die Rücknahme der Terrorgesetzgebung eine wesentliche Voraussetzung. 

Die Europaabgeordnete Nadja Hirsch (FDP)
Die Europaabgeordnete Nadja Hirsch (FDP) © Maja Pintaric - CC BY-SA 4.0