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Trump verabschiedet sich in den Golfurlaub

Chaos vor der Sommerpause
Washington D.C. befindet sich in die Sommerpause.

Washington D.C. befindet sich in die Sommerpause.

© iStock/ BruceWilley

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat sich für zweieinhalb Wochen in den Urlaub in den „Trump National Golf Club“ in Bedminster bei New York zurückgezogen, wo er nach Selbstauskunft selbstverständlich „hart arbeiten“ werde. Zeit für Washington, durchzuatmen und innezuhalten.

Die Geschwindigkeit, mit der der amtierende Präsident für sensationelle Schlagzeilen aus dem Weißen Haus sorgte, ist atemberaubend. Allein in den vergangenen zwei Wochen wurde Anthony Scaramucci zum Kommunikationsdirektor ernannt und kurz darauf wieder entlassen. Pressesprecher Sean Spicer trat freiwillig zurück, als Scaramucci auf die Bildfläche trat. Auch der Stabschef des Weißen Hauses Reince Priebus wurde entlassen, um Platz für seinen Nachfolger John Kelly zu machen. Seinen Justizminister Jeff Sessions demontierte Donald Trump persönlich und in aller Öffentlichkeit. Neben der chaotischen Personalpolitik sorgen zudem die Russland-Beziehungen der Trump-Administration für schlechte Nachrichten. Das ausgelöste Chaos wird in Washington, D.C. und dem Rest der Welt aufgesogen, kopfschüttelnd diskutiert und als klarer Indikator dafür gesehen, dass – sollte Trump nicht des Amtes enthoben werden oder freiwillig zurücktreten – er im Jahr 2020 sicherlich nicht wiedergewählt wird.

Zukunft der Republikanischen Partei unsicher

An dieser Stelle müssen politische Beobachter einmal kräftig durchatmen und über den eigenen Tellerrand blicken. Gespräche, die Stiftungsvertreter in den vergangenen zwei Wochen mit politischen Beratern beider Parteien führten, zeigten ein differenzierteres Bild der Lage. Die erste Erkenntnis dabei ist, dass Präsident Donald Trump laut aktueller Umfragen zwar sehr unbeliebt ist, er von seiner Wählerschaft aber weiterhin unterstützt und seine Politik für gut befunden wird. Für eine Bewertung der Trump-Präsidentschaft nach knapp zweihundert Tagen im Amt sei es aber noch zu früh, empfinden viele Experten in Washington.

Die chaotische Personalpolitik sowie die Russlandaffäre interessieren Trumps Wählerschaft kaum. Auch die Verantwortung für das Scheitern der Reform von „Obamacare“ weisen treue Trump-Wähler nicht dem Präsidenten, sondern dem „unfähigen Parlament“ zu. Nachdem das Repräsentantenhaus seine Version der Reform mit einer knappen Mehrheit verabschiedet hatte, stiegen die Umfragewerte der Abgeordneten in ihren Wahlbezirken an. Die Wähler im Rest des Landes wollen, dass sich in Washington etwas tut. Viele republikanische Abgeordnete haben dies offensichtlich schon wieder vergessen und setzen auf ideologische Reinheit statt politischer Kompromisse. Bei der Kongresswahl im nächsten Jahr könnte dies der Republikanischen Partei zum Verhängnis werden. Bei den kommenden Gesetzesvorhaben wie der Steuerreform, den Infrastrukturplänen oder dem Haushalt, kann sich die Partei deshalb keine weiteren Niederlagen erlauben.

Untergründig herrschen in der Grand Old Party schon jetzt Angst und Unsicherheit darüber, was mit der Partei während und nach der Trump-Präsidentschaft passieren wird. Unter den Parteioberen herrscht Einigkeit darüber, dass Trump aus ihrer Sicht kein „wahrer“ Republikaner ist. Bisher hat sich die republikanische Führung im Parlament jedoch noch nicht von ihrem Präsidenten abgewendet. Nun geht es für die Abgeordneten für fünf Wochen in die Sommerpause, während der sie ihre Wähler in den Bundesstaaten und Wahldistrikten treffen werden. Nach der Sommerpause wird es dann interessant zu sehen, ob sich die Abgeordneten stärker von Trump distanzieren oder seine Gesetzesvorhaben unterstützen werden.

Demokraten gehen unter

Angesichts der ausführlichen Berichterstattung über Trump und seine Administration geht die Demokratische Partei in den Medien fast völlig unter. Zwar gelang es der demokratischen Führung im Kongress, Geschlossenheit gegen Trump zu gewährleisten. Allerdings wurde diese Geschlossenheit ausschließlich über die Aversion gegenüber Präsident Trump erreicht, und nicht durch innovative Politikansätze oder eine neue Botschaft. Viele Demokraten sind sich darüber bewusst, dass eine reine „Anti-Trump-Strategie“ auf lange Sicht nicht genug sein wird, um die Kongress- bzw. Präsidentschaftswahlen 2018 und 2020 zu gewinnen. Die Demokraten brauchen dringend einen umfassenden Plan und eine starke Botschaft. Im Moment haben sie weder das Eine noch das Andere. Der organisatorische Arm der Partei, das Democratic National Committee (DNC), ist noch immer nicht neu aufgestellt und der nach der Präsidentschaftswahl gewählte Vorsitzende des DNC, Tom Perez, erfährt keinerlei öffentliche Wahrnehmung.

Ein erster Versuch, einen neuen Plan und Slogan vorzustellen, ging in der vergangenen Woche ordentlich daneben. Viele Beobachter schüttelten den Kopf über den neuen Slogan „A Better Deal“, der an den Werbespruch einer bekannten Pizzakette erinnert. Auch Altlasten schaden dem Image der Partei: Hillary Clinton ist unter den Wählern nach wie vor unpopulärer als Donald Trump. Das gleiche gilt für die Fraktionsvorsitzende der Demokraten im Repräsentantenhaus Nancy Pelosi. Bei den in den vergangenen Monaten durchgeführten Nachwahlen nutzten die Republikaner sowohl Clinton als auch Pelosi als Motivationsinstrumente, um ihre Wähler an die Wahlurne zu bringen. Wollen die Demokraten 2018 die Mehrheit im Kongress zurückerobern, haben sie folglich noch viel Arbeit vor sich.

Die zweite Jahreshälfte zählt

Da auf Gesetzesebene nicht viel erreicht wurde, haben die verbleibenden Monate bis zum Jahresende eine noch größere Bedeutung erhalten. So wird Präsident Trump gemeinsam mit der republikanischen Mehrheit im Kongress eine Steuerreform verabschieden und ein Infrastrukturpaket durch das Parlament bringen müssen. Beide Gesetzesvorhaben versprechen, Arbeitplätze zu sichern und neue zu schaffen. Gelingt Trump die Verabschiedung dieser Gesetze, hat er sicherlich gute Chancen, wiedergewählt zu werden. Bis dahin ist es aber noch ein langer und steiniger Weg, der noch für viele Überraschungen sorgen wird.

Claus Gramckow ist Repräsentant für die USA & Kanada und das Transatlantische Dialogprogramm der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.