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Südafrika
Neue Herausforderungen für die liberale Democratic Alliance in Südafrika

Der Ausgang der Wahlen in Südafrika und die folgenden Rücktritte bedeuten neue Schwierigkeiten für die Liberalen in Südafrika. Ein Interview.
Zurückgetretener Parteichef der Democratic Alliance, Mmusi Maimane
Nach den Wahlen ist der Parteichef der Democratic Alliance (DA), Mmusi Maimane, zurückgetreten. Die liberale Partei in Südafrika steht vor neuen Herausforderungen. © picture alliance / NurPhoto

Die gesellschaftliche Vielfalt der Regenbogennation mit ihren Herausforderungen und Chancen spiegelt sich in der südafrikanischen Democratic Alliance (DA) wie in einer Art Mikrokosmos wider. Besonders die letzten Tage und dem gestrigen Rücktritt des Parteichefs Mmusi Maimane waren für die liberale Partei besonders ereignisreich. Was es mit den parteiinternen Diskussionen auf sich hat und welche Relevanz sie für die Zukunft haben, das erklärt Südafrika-Expertin Barbara Groeblinghoff im Interview. Die Fragen stellte Kati Georgoussaki, Referentin im Bundesprogramm und ehemalige Mitarbeiterin des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Johannesburg.

Das vergangene Wochenende war für die liberale Democratic Alliance (DA), dem langjährigen Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Südafrika, besonders ereignisreich. Was ist passiert?

Um die Ereignisse des Wochenendes zu verstehen, müssen wir zunächst auf die Parlaments- und Landtagswahlen im Mai dieses Jahres zurückblicken. In diesen konnte die DA zwar ihre Mehrheit im Westkap behaupten, doch verfehlte sie knapp ihr Ziel, den regierenden African National Congress (ANC) in der wirtschaftsstärksten Provinz Gauteng abzulösen. Diese Wahlen stellen aber insbesondere aus einem Grund einen Wendepunkt für die liberale Partei dar: Zum ersten Mal in über zwanzig Jahren konnte die DA ihren Stimmenanteil bei einer Wahl nicht erhöhen, sondern erzielte einen Verlust von 1,95 Prozentpunkte im Vergleich zu den Vorwahlen.

Der nun zurückgetretene Parteivorsitzende Mmusi Maimane setzte daraufhin eine unabhängige Untersuchungskommission ein, deren Ergebnisse am Wochenende dem erweiterten Parteivorstand präsentiert wurden. Der Kommissionsbericht, der noch nicht allgemein bekannt gemacht worden ist, sorgte intern bereits für bitteren Streit. Es heißt, darin werde dem Parteivorsitzenden Maimane Unentschlossenheit und Führungsschwäche vorgeworfen und er werde zum Rücktritt aufgefordert. So kam es nun auch: Parteivorsitzender Maimane gab gestern seinen Rücktritt und Rückzug aus der Partei bekannt. 

Auf der Agenda stand am vergangenen Wochenende allerdings noch ein zweiter, nicht weniger strittiger Tagesordnungspunkt, die Wahl eines neuen Generalsekretärs. Das Rennen machte mit Helen Zille, die kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist überraschend ihre Kandidatur bekannt gegeben hatte, eine alte Bekannte. Das Comeback der ehemaligen Parteivorsitzenden, demokratisch legitimiert durch die Wahl des erweiterten Vorstands, sorgte bei weiten Teilen der Partei und bei vielen Beobachtern für Befremdung. Seit ihrem Rücktritt als Parteivorsitzende 2015 machte Zille mehrmals Schlagzeilen durch umstrittene Tweets, in denen sie das Erbe des Kolonialismus in Teilen positiv bewertete. Ihr auf Ausgleich bedachter Nachfolger Maimane entschied sich gegen einen Ausschluss Zilles aus der Partei, was ihm sowohl in den eigenen Reihen als auch von anderen Parteien Kritik und den Vorwurf von Führungsschwäche einbrachte.

Am Montagmorgen folgten Schlagzeilen, als der angesehene DA-Bürgermeister der Wirtschaftsmetropole Johannesburg, Herman Mashaba, in einer Pressekonferenz seinen Rücktritt verkündete. War diese Entscheidung eine Reaktion auf die Wahl Helen Zilles?

Die Wahl Helen Zilles zur Generalsekretärin war der Anlass, nicht der Grund für den Rücktritt Mashabas. In seiner Abschiedsrede wurde deutlich, wie zerrüttet sein Verhältnis zu Teilen der eigenen DA-Stadtratsfraktion war. Die DA selbst sei für ihn der schwierigste Koalitionspartner gewesen, so Mashaba, der in den vergangenen drei Jahren mit einer sehr komplizierten Mischung aus Koalitions- und Minderheitsregierung die Stadt regierte. Es sei zudem mit seinen eigenen Werten unvereinbar, einer Organisation anzugehören, in der sich eine Gruppe von Individuen weigere, die Relevanz ethnischer Zugehörigkeit im Hinblick auf die Ungleichheit und Armut im Land anzuerkennen. Mashaba bezieht sich hier auf eine innerhalb der DA heiß diskutierte Frage, ob ethnische Zugehörigkeit („race“) als Äquivalent für Benachteiligung betrachtet werden kann - eine Frage, die Helen Zille und ihre Unterstützer verneinen.  

Wie geht es nun weiter?

Herman Mashaba verkündete, bis zum 27. November im Amt bleiben zu wollen. Darüber muss die Partei noch entscheiden. Eine zentrale Frage wird es sein, ob die komplexe Minderheitsregierung aus Koalitionen in Johannesburg, insbesondere die informelle Duldung der linksradikalen Economic Freedom Fighters (EFF), ohne Herman Mashaba aufrechterhalten werden kann. Weiterhin offen bleibt die Frage, welche Position die DA in der Diskussion um ethnische Zugehörigkeit und deren Relevanz vertreten wird. Es handelt sich hierbei keineswegs um eine rein philosophische Frage, sondern um eine Grundsatzfrage mit praktischen Konsequenzen, etwa wenn es um die Einführung von gezielten Fördermaßnahmen oder Quotenregelungen für benachteiligte Gruppen geht. Diese Diskussion ist in Südafrika keineswegs neu und wird bereits in der allgemeinen Öffentlichkeit geführt. Allerdings ist die DA die einzige Partei, in der diese Frage zu hitzigen Debatten führt, was darauf zurückzuführen ist, dass sie die einzige ethnisch nicht-homogene Partei Südafrikas darstellt. Die gesellschaftliche Vielfalt der Regenbogennation mit all ihren Herausforderungen und Chancen spiegelt sich in der DA wie in einer Art Mikrokosmos wider. Für die Zukunft der DA wird es entscheidend sein, wie sie sich in dieser Diskussion positionieren wird.