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Stabwechsel
„Der Tisch liegt voll von Aufgaben, die Motivation des Teams ist groß."

Karl-Heinz Paqués Ausblick auf die zukünftige Arbeit der Stiftung anlässlich des Stabwechsels
Karl-Heinz Paqué bei seiner Rede zum Stabwechsel in der Bauakademie

Karl-Heinz Paqué bei seiner Rede zum Stabwechsel in der Bauakademie

© Wolfgang Borrs / franknuernberger.de

Mein kurzer Redebeitrag trägt einen einfachen Titel: Ausblick. Und das wird er auch im Wesentlichen sein: ein äußerst knapper Ausblick auf das, was mit dem neuen Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit vor uns liegt.

Der Ausblick für die Stiftung ist geprägt von großen Herausforderungen. Es ist keine einfache Zeit für freiheitlich-liberales Denken in der heutigen Welt: grassierender Populismus im Westen, autoritäre Tendenzen im Osten, und überall zunehmende Skepsis gegenüber Freiheit und Fortschritt. Immer mehr Staatskapitalismus statt Marktwirtschaft, Protektionismus statt Freihandel, geschlossene Räume statt offene Gesellschaft. Immer mehr exekutiver Durchgriff statt unabhängige Justiz, immer mehr Medienlenkung und Selbstzensur statt freies Wort und fruchtbarer Austausch. Was vor drei Dekaden noch als freiheitliche Errungenschaft bejubelt wurde, wird eine Generation nach dem Fall von Mauer und Eisernem Vorhang zur Zielscheibe von Hasstiraden und Fake News.

Tröstlich ist dabei allein, dass die Erfahrung eines lehrt: Das Bewusstsein für die liberalen Werte von Freiheit, Rechtsstaat und Marktwirtschaft wird immer dann geschärft, wenn diese bedroht sind. Das motiviert uns als Friedrich-Naumann-Stiftung, in der Zukunft für diese Werte noch mehr zu tun, als in der Vergangenheit möglich war. Das neue Vorstandsteam mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als stellv. Vorsitzende, Manfred Richter als Schatzmeister, Bettina Stark-Watzinger und Michael Link als Beisitzer und mir als Vorsitzenden dieses Team ist sich seiner Verantwortung bewusst.

Unser Hauptgeschäftsführer Steffen Saebisch, mit dem wir wunderbar zusammenarbeiten, hat es jüngst so formuliert: Wir haben eine Reformstufe I hinter uns, nun folgt die Reformstufe II. Es geht dabei überhaupt nicht darum, irgendein Ruder herumzureißen, sondern allein darum, die Modernisierung der Stiftung konsequent fortzusetzen und voranzutreiben. Erstes Ziel ist dabei, die Rolle der Stiftung als Think Tank des Liberalismus in der liberalen Familie zu stärken. Eine politische Partei, auch die FDP, muss politische Botschaften oft in schnittiger vereinfachter Form den Wählern nahebringen. Eine Stiftung muss immer tiefer bohren und differenzierter argumentieren. Dies ist die intellektuelle Aufgabe unseres Liberalen Instituts, das liberale Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit suchen und geben muss – auch mit Blick auf wissenschaftliche Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen, mit Forschungsinstituten und Think Tanks, nicht zuletzt durch gezielte Forschungsaufträge, noch stärker als in der Vergangenheit.   

Lassen Sie mich weitere fünf wichtige Bereiche nennen, in denen wir die Modernisierung unserer Stiftung vorantreiben werden.

Erstens die Kommunikation: In der Informationsgesellschaft müssen wir die Menschen mit den Mitteln erreichen, die zunehmend ihr tägliches Leben durchdringen. Neben die traditionellen Instrumente von Veranstaltungen bis Veröffentlichungen wie unserer Zeitschrift LIBERAL muss ein starkes digitales Angebot her, auch und vor allem in den Sozialen Medien – und dies mit Qualität: nicht Fakes und Polemik, sondern attraktive Information und Diskussion über liberale Inhalte.

Zweiter Bereich: die Formate der Veranstaltungen. In einer Welt, die sich zu spalten droht – zwischen Stadt und Land, Zentrum und Peripherie, bildungsnahen und bildungsfernen Schichten, bodenständigen und globalisierten Bürgern, müssen wir mit unseren Angeboten raus aus der „Blase“ der Selbstbestätigung von Gleichgesinnten. Auch da gilt: offene Gesellschaft und nicht geschlossene Räume.

Dritter Bereich: die Auslandsarbeit. Sie ist von überragender Bedeutung – ich merke dies bei meinen vielen Auslandsreisen im Auftrag der Stiftung. Aber sie muss noch stärker als bisher im Inland wahrgenommen werden. „Germany First“ ist keine Option für liberale politische Bildung. Was in den USA oder Großbritannien, in Russland oder der Türkei, in Südafrika oder in Lateinamerika geschieht, ist sehr wichtig, auch hierzulande.

Vierter Bereich: die Begabtenförderung. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist Teil der liberalen Familie, und deren Mitglieder sollen stolz darauf sein, dazu zu gehören. Wir werden alles tun um diesen Geist zu fördern und lebenslang zu verfestigen, und zwar im Inland wie im Ausland. Noch viel mehr als bisher müssen der Austausch und der Kontakt mit den Stipendiaten und Altstipendiaten, mit Vertrauensdozenten und Mitgliedern des Auswahlausschusses gepflegt werden. Dafür wird die Stiftung sorgen, mit neuen Veranstaltungsformaten und Netzwerken.

Und schließlich der fünfte Bereich: die Geschichte: Wir müssen noch mehr tun, um uns alle an die manchmal glanzvolle, oft schwierige und gelegentlich tragische Geschichte des Liberalismus in Deutschland zu erinnern – die lange Folge von 100-jährigen Gedenktagen zur Geschichte der Weimarer Republik wird uns in naher Zukunft beste Gelegenheit dazu geben. So zum Beispiel 2019 einhundert Jahre Weimarer Reichsverfassung, das Werk des großen Liberalen Hugo Preuß, und natürlich der einhundertste Todestag von Friedrich Naumann selbst. Die Rückbesinnung auf die Geschichte ist dabei alles andere als verstaubte Erinnerungskultur. Es ist eine Kraftquelle, gerade auch in schwierigen Zeiten.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem, was wir vorhaben. Der Tisch liegt voll von Aufgaben, die Motivation des Teams aus Vorstand und Kuratorium, Geschäftsführung und den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist vorhanden. Wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit.