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Rente
Das Rentenpaket ist ein Komplott gegen die Jungen

Mit ihrem Rentenpaket verabschiedet sich die Bundesregierung vom Generationenvertrag - und schürt einen Generationskonflikt

Dieser Artikel wurde zuerst auf Huffingtonpost.de veröffentlicht und ist online hier zu finden.

Die Große Koalition hat geliefert: Im Koalitionsvertrag wurde eine Rentenreform angekündigt, in dieser Woche wurde sie im Kabinett beschlossen, der Rest ist parlamentarische Routine. Sie geht massiv zu Lasten der jungen Generation. Unser stellvertretender Vorstandsvorsitzender Professor Paqué erläutert, warum und wie stark.

Meistens ist es kompliziert, die Wirkungen einer Reform finanziell abzuschätzen. Manchmal ist es aber auch relativ einfach, jedenfalls der Größenordnung nach. So bei der Rente. Der Grund: Im Wesentlichen geht es um ein Hin- und Herschieben von Finanzmassen zwischen Rentenempfängern sowie Beitrags- und Steuerzahlern - jedenfalls dann, wenn Eintrittsalter in die Erwerbstätigkeit und Beginn des Rentenbezugs einigermaßen unverändert bleiben.

Eine solche Berechnung hat das Prognos-Institut für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft vor wenigen Wochen vorgelegt - und zwar ziemlich genau für den Gesetzesentwurf, der jetzt vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Das Ergebnis ist beeindruckend: bis 2025, dem vorgeblichen Zeithorizont der Reform, entstehen für Beitrags- bzw. Steuerzahler 48 Mrd. Euro Zusatzkosten, je nachdem, wer von den beiden Gruppen belastet wird. Bis 2045 sind es dagegen Zusatzkosten von 286 Mrd. Euro, weil ja, was oft vergessen wird, die heutigen Beschlüsse zur Rentenerhöhung sicherlich 2025 nicht rückgängig gemacht werden.

Dies ist eine massive Umverteilung zu Lasten der Jüngeren und zu Gunsten der Älteren. Prognos hat errechnet, dass alle bis 1974 Geborenen durch das Paket gewinnen, alle ab 1975 Geborenen aber verlieren. Dies ist höchst plausibel, und zwar nicht nur arithmetisch, sondern auch politisch: Die zahlenmäßig stärkste Generation in Deutschland sind die sogenannten Babyboomer, geboren in der Zeit von 1955 bis 1970. Sie gehen in etwa zwischen 2020 und 2040 in den Ruhestand. Sie sind eine riesige Wählergruppe, wahrscheinlich auch in der Zukunft mit überdurchschnittlich hoher Wahlbeteiligung. Ihnen etwas Gutes zu tun - ohne Rücksicht auf die Jüngeren - liegt durchaus im Interesse von "Volksparteien", die es mit der Nachhaltigkeit der Politik nicht so ernst nehmen.

Eine fatale Politik! Und sie wird umso fragwürdiger, wenn man bedenkt, dass mit "Haltelinien" die Beiträge zur Rentenversicherung möglichst niedrig gehalten werden sollen. Als Konsequenz heißt dies: massive Erhöhung des Staatszuschusses und damit Steuererhöhungen. Also ein mächtiger Schritt in die steuerfinanzierte Rente, wie sie Olaf Scholz und der SPD vorschwebt.

Gibt es Alternativen? Selbstverständlich, aber sie verlangen ehrliche Worte und mutige Schritte, vor allem gegenüber der Generation der Babyboomer. Zum einen muss es eine Flexibilisierung des Eintrittsalters in die Rente geben - und zwar bei steigender Lebenserwartung mit Tendenz nach oben. Der deutsche Arbeitsmarkt wird dies hergeben: In den nächsten Jahren wird es einen dramatischen Mangel an Fachkräften geben - eben wegen der Demographie des Babybooms! Ist es dieser Generation nicht doch zumutbar, länger zu arbeiten? Die Wirtschaft wird sie dringend brauchen und gute Löhne zahlen. Dies gilt zumindest für viele Tätigkeiten, die körperlich nicht anspruchsvoll sind - und davon gibt es heute dank moderner Technik immer mehr.

Zum anderen muss mehr rentable Vorsorge möglich werden, auch bei relativ niedrigen Zinsen. Das verlangt eine Reform des Kapitalmarkts - hin zu besseren steuerlichen Anreizen für den langfristigen Immobilien- und Aktienbesitz. Daran hapert es in Deutschland; seit Einführung der Riesterrente ist da viel zu wenig geschehen.

Fazit: Politische Phantasie ist gefragt, um Nachhaltigkeit in der Altersvorsorge zu erreichen. Die Bundesregierung hat mit ihrem Rentenpaket das Gegenteil bewiesen.