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Religiösen Extremismus bekämpfen

Ahmad Mansour spricht in Hamburg über die „Generation Allah“
Ahmad Mansour (2.v.l.) in Hamburg.

Ahmad Mansour (2.v.l.) in Hamburg.

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

„Präventionsarbeit ist Begegnung auf Augenhöhe!“ So die knappe wie eindringliche Formulierung von Ahmad Mansour während einer Veranstaltung in Hamburg zum Thema „Religiöser Extremismus – Wie eine wirksame Präventionsstrategie aussehen könnte“. Der 1976 in Israel geborene und seit 2004 in Deutschland lebende Psychologe gehört zweifellos zu den herausragenden Experten in Sachen Extremismus und Islamismus. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er als Autor sowie durch zahlreiche Medienauftritte und als Sprecher des Muslimischen Forums Deutschland bekannt. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für demokratische Kultur in Berlin sowie als Programme Director bei der European Foundation for Democracy.

Seit über zehn Jahren diskutiert er in Schulen und Jugendclubs mit Jugendlichen über den Islam, bildet Lehrer und Sozialarbeiter fort und fordert von Politikern, die Bekämpfung von ideologischer Radikalisierung zur Chefsache zu machen anstatt nach Anschlägen nur immer wieder in die gleichen Rituale und blinden Aktionismus zu verfallen.

Wenige Tage vor der jüngsten Bundestagswahl beschrieb er in der Tageszeitung DIE WELT die Integration von Zuwanderern als „Jahrhundertaufgabe“: „So schaffen wir das nicht: Deutschland steht vor einer Jahrhundertaufgabe mit offenem Ausgang. Es geht um die Integration von Millionen von Menschen in unser demokratisches und freiheitliches Gesellschaftssystem, Menschen, die seit kurzem hier leben, und solchen, die schon in der zweiten und dritten Generation hier sind, aber nie richtig angekommen sind.“

Seine Forderung: Aus der „aktuellen Integrationslotterie“, wie er es nennt, einem diffusen Patchwork der Programme von Kommunen, Gemeinden und Ländern, NGOs, Organisationen und Initiativen, müsse ein klares, bundesweites Konzept erarbeitet werden. 

In seinem Vortrag in der Bucerius Law School widmete er sich maßgeblich der „Generation Allah“, wie bereits der Titel seines 2015 erschienenen Buches lautet. Gemeint sind damit diejenigen, „die vielleicht nicht im Fokus des Verfassungsschutzes sind“, wie er sagt, „weil sie sich nicht durch gewalttätige Aktionen oder explizit antidemokratisches Verhalten als Gefährdung für unsere Gesellschaft offenbart haben, für die aber ideologische Inhalte und Werte Teil ihrer Identität geworden sind.“

Die große Aufgabe der gesamten Gesellschaft bestehe darin, diese radikalisierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zurück zu gewinnen. Dies sei vor allem deswegen so schwierig, weil die ideologisch/religiösen Verführer es „perfekt“ verstünden, Bedürfnisse, Sprache und Codes der Jugendlichen zu identifizieren und entsprechende Angebote zu unterbreiten. Über soziale Medien verbreitete Verschwörungstheorien und Feindbilder, wobei der Antisemitismus eine besondere Rolle spiele, erfreuten sich größter Beliebtheit.
 

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Die anschließende – von Christoph Giesa moderierte - Diskussion offenbarte einen großen Informations- und Klärungsbedarf zu vielen Aspekten der Debatte. Mansour sprach sich in seinen Antworten u. a. für eine Reform der sozialen Berufe aus, um etwa Radikalisierungstendenzen frühzeitig erkennen oder auf familiäre Gewalt professionell reagieren zu können. Des Weiteren plädierte er für eine „komplette Entrümpelung der Lehrpläne“. Seit Jahren vermisse er ein Angebot für Lehrer, um sich in Interkulturalität fortbilden zu können. Gerade in kulturell und ethnisch gemischten Klassen seien die Lehrer oft überfordert.

Eindringlich mahnte er: „Wir brauchen keine Broschüren“, sondern den kritischen Dialog auf Augenhöhe: „Mit all jenen, die Geschlechtertrennung befürworten, die Gleichberechtigung ablehnen, die an Verschwörungstheorien glauben, die antisemitische Einstellungen haben, die jeden Zweifel und jedes Hinterfragen des Glaubens ablehnen, die an einen zornigen Gott glauben, der Ungläubige mit der Hölle bestraft, mit all jenen, die Andersdenkende abwerten, müssen wir uns auseinandersetzen, auch wenn sie sich nicht explizit zum Islamismus bekennen.“