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Rede zur Freiheit
Nous sommes Prof - Extremismus in Deutschland und Frankreich

Die schreckliche Hinrichtung eines Lehrers, der für die Werte der französischen Republik einstand, lässt uns aufhorchen
Proteste gegen islamistische Gewalt in Paris.
Proteste gegen islamistische Gewalt in Paris. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Olivier Donnars

Der Psychologe und Autor Ahmad Mansour ist eine der bekanntesten Stimmen im Bereich der Integration und ein ausgewiesener Experte zum Thema Extremismus und Islamismus. Am kommenden Montag wird er die 14. Berliner Rede zur Freiheit halten. Er steht für eine nachhaltige und gelebte Integration, aber auch für die Akzeptanz der Tatsache, dass ein Integrationsprozess Zeit bedarf. Wir haben ihn zu den Ereignissen in Frankreich und den Lektionen, die sich hieraus für Deutschland ergeben, befragt.

Nach der brutalen Ermordung des Lehrers Samuel Paty will Frankreich stärker gegen Radikalisierung vorgehen und die Sicherheit an Schulen verbessern. Sie sind mit Ihrer Präventionsarbeit viel an deutschen Schulen. Wie erleben Sie die Situation hier in Deutschland?

Ich warne davor, zu glauben, Frankreich sei etwas anderes und so etwas könne hier in Deutschland nicht passieren. Die meisten Islamkritiker in unserem Land leben unter Polizeischutz. Viele Konflikte rund um das Thema Religion werden tagtäglich in vielen Schulen ausgetragen. Die Unterschiede liegen viel mehr in der Intensität des Problems. Frankreich ist uns 10 Jahre voraus in der Entwicklung dieses Problems. Das heißt: Wir haben noch genug Zeit, darauf zu reagieren.

Sehen Sie die Gefahr einer islamistischen Parallelgesellschaft auch in Deutschland?

Ja, absolut. Ich würde natürlich nicht verallgemeinern wollen. Aber Orte, an denen andere Werte herrschen, an denen die demokratischen Grundprinzipien nicht herrschen, existieren auch in Deutschland. Das ist fatal, wenn man weiß, dass das Einzige, was gegen Extremismus, Rassismus und Parallelgesellschaften hilft, Begegnungen sind.

Wie kann man mit Jugendarbeit dem Extremismus vorbeugen?

Durch Demokratieerziehung in Schulen, die Akzeptanz der Mündigkeit der Schüler und eine gesunde und offene Debattenkultur. Aber auch der Austausch von Argumenten, die Vermittlung von Werten in Schulen und ein starker Rechtsstaat, der seine Werte klar verteidigen kann, sind hier essenziell.

Wie könne die Werte der liberalen Demokratie den Schülern vermittelt werden?

Durch Begegnungen auf Augenhöhe, durch persönliche Beziehungen und regelmäßige Interaktion. Dazu brauchen wir in den Schulen Orte, an denen offen diskutiert werden kann und darf, und Lehrer, die für diese Aufgaben vorbereitet und gut ausgebildet werden. Wir brauchen aber auch eine Politik, die diese Aufgabe endlich angeht und - statt Sonntagsreden zu halten - durchdachte und nachhaltige Konzepte entwickelt.

Seid beim Livestream am 26.10. dabei!