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Rassismus
Black Lives Matter – Rassismus und Diskriminierung sind nach wie vor eine Gefahr

Erster Todestag von George Floyd – Wie umgehen mit Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit?
Dos and Don'ts im Umgang mit Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit
© - | - picture alliance 

Begegnet Dir Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, solltest Du wissen, was zu tun ist. Genauso wichtig ist es aber zu wissen, wie Du nicht vorgehen solltest. Wir haben Dir Tipps zusammengestellt, mit denen Du Diskussionspannen sicher umgehen kannst. Dabei gilt: In unterschiedlichen Situationen können unterschiedliche Strategien besser oder schlechter passen. 

#Do: Einmischen

Wenn man sowieso nichts erreichen kann, kann man sich dann nicht gleich ganz heraushalten? Die Frage ist berechtigt, aber die Antwort ist klar: Nein! Denn radikaler Hass erschöpft sich auf Dauer nicht in Worten. Widersprichst man ihm nicht, wird das als Zustimmung gewertet. Und das dürfen wir nicht zulassen.

#Do: Selbstbewusst auftreten

Überzeugen kann nur, wer sich selbst stark fühlt. Wenn man es schafft, seine Gefühle positiv zu beeinflussen, schwindet die Gefahr, sich von negativen Gefühlen beeinflussen zu lassen. Zeigt man Schwäche, werden die Demagogen genau dort ansetzen. Denn vergessen wir nicht: Menschliche Rücksichtnahme ist ihnen oftmals fremd.

#Do: Richtige Diskursebene

Menschen suchen in erster Linie nach Anerkennung und Bestätigung – nicht nach Fakten. Daher muss man in einer emotionalen Situation in der Lage sein, den Diskurs nicht nur auf der Fakten-, sondern auch auf der Beziehungsebene führen zu können. Echtes Interesse (nicht zu verwechseln mit Verständnis) für die Gründe der Angst oder des Hasses öffnet die Tür zur Diskussion. „Offensichtlich nehmen wir die Situation unterschiedlich wahr. Lass uns doch mal schauen, wo die Unterschiede herkommen“, könnte eine Feststellung sein, mit der man sich nicht verbiegt. Gleichzeitig lässt man den Gesprächsfaden aber auch nicht zerreißen.

#Do: Einfache Sprache

Demokraten können gegen Radikale in einem Wettbewerb um einfache Lösungen niemals gewinnen, denn dafür ist die Realität zu komplex. Was man aber tun kann: Komplexe Lösungen auf ihren Kern reduzieren und so verständlich wie möglich darstellen. Wer schon an der sprachlichen Ebene scheitert, wird seinen Gesprächspartner sonst nicht überzeugen können.

#Do: Nachfragen

Diese Strategie hat gleich mehrere Funktionen. Zunächst zwingt sie einen selbst zur Zurückhaltung, was in einer schwierigen Gesprächsatmosphäre vor Fehlern bewahrt. Darüber hinaus kann man durch Fragen die Hoheit über die Debatte erlangen, ohne dass es dem Gegenüber überhaupt bewusst ist. Denn: Wer fragt, der steuert. Das hilft insbesondere dann, wenn man unvorhergesehen und unvorbereitet mit Diskriminierung oder Rassismus konfrontiert wird. Gute Fragen können sein:

  • „Woher weißt Du das?“
  • „Hast Du diese Aussage persönlich überprüft?
  • „Hast Du noch weitere Quellen gesucht?“
  • „Ich kenne andere Aussagen. Kannst Du Deine Behauptung bitte belegen?“
  • „Wer sind denn ‚die‘ oder ‚die da oben‘, von denen Du immer redest?
  • Kannst Du Beispiele nennen?“

Wichtig: Warum-Fragen sollte man vermeiden, weil sie in der Regel wie eine Aufforderung zur Rechtfertigung wirken und eine Abwehrhaltung provozieren.

#Do: Dranbleiben

Wenn der Gesprächspartner über seine eigenen diskriminierenden Aussagen stolpert und plötzlich versucht das Thema zu wechseln, sollte man darauf bestehen, den Punkt zu Ende zu diskutieren. Sollte der Gesprächspartner ohne Belege auf seinem Standpunkt beharren („Es weiß doch jeder, dass das so ist“), kann man erst mal nachhaken und dann nochmals um konkrete Beispiele und Namen bitten. Meistens folgt nicht mehr viel. Das reicht dann schon zum Punktsieg!

#Do: Behauptungen überprüfen

Vor allem bei Onlinediskussionen gibt es die Möglichkeit, konkrete Behauptungen schnell und einfach auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Initiativen wie Mimikama, Hoaxmap, Correctiv oder der ARD-Faktenfinder haben es sich zur Aufgabe gemacht, Internetgerüchten auf den Zahn zu fühlen und haben inzwischen ordentliche Datenbanken aufgebaut.

#Do: Grenzen ziehen

Radikale gebrauchen Regelbruch und Grenzüberschreitung. Es bewirkt, dass in fast jedem Gespräch irgendwann der Moment kommt, in dem die Geduldsgrenzen des Gegenübers überschritten werden. Lässt man dies zu, kommt man danach nie wieder zu einem geordneten Gespräch zurück. Durch das Ziehen von Grenzen behält man die Kontrolle und wirkt authentisch: „Diese Aussage von Dir macht eine Diskussion unmöglich. Wenn Du an einem Dialog interessiert bist, halte Dich an die Regeln, die Du selbst für Dich in Anspruch nimmst“. Beides ist wichtig, um am Ende eine geordnete Diskussion führen zu können.

#Do: Solidarität organisieren

Diese Strategie gilt natürlich nur für den Fall, dass man sich in einer größeren Runde und nicht im Zwiegespräch befindet. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele der Zuhörer von dominant bis aggressiv auftretenden Diskussionsteilnehmern einschüchtern lassen und deshalb still bleiben. Von den Demagogen wird das gerne als schweigende Zustimmung gewertet. Wenn man Personen in der Gesprächsrunde und deren Position kennt, kann man diese direkt ins Gespräch miteinbeziehen: „Du siehst das doch sicher anders, oder?“ oder einfach „Was sagst Du denn dazu?“

#Do: Zustimmen und eigene Themen setzen

Spätestens an diesem Punkt beginnen die Strategien für „Fortgeschrittene“. Wichtig ist, dass man mit der Zustimmung nicht zu weit geht. Mögliche Formulierungen könnten etwa sein: „Der Punkt ist tatsächlich wichtig, aber viel wichtiger ist noch…“ oder „Das hat mir schon mal jemand gesagt. Nachdem ich ihr die Hintergründe erklärt habe, hat sie das aber folgendermaßen gesehen…“ oder sogar „Das habe ich früher auch so gesehen. Dann ist mir allerdings XY begegnet/Folgendes passiert…“.

#Do: Humor gezielt einsetzen

Unser Lieblingspunkt. Ein überspitzter, humorvoller Kommentar kann – sparsam dosiert, und solange er nicht zu Zynismus wird – helfen, Stärke zu demonstrieren. Wird behauptet, Asylbewerber werden in Deutschland besser behandelt als Deutsche, kann folgender Spruch helfen: „Es wird Dich sicher niemand davon abhalten, einer Flüchtlingsfamilie Deine Wohnung zu geben und selbst in eine von diesen luxuriösen Container-Sammelunterkünften zu ziehen.“ Humorvolle, überspitzte Kommentare zeigen die ganze Absurdität der Behauptung auf und sind ein beliebtes Mittel der Rhetorik.

#Do: Beweglich bleiben

Manchmal muss man auch die Strategien im Umgang mit Rassismus wechseln. Nämlich immer dann, wenn man am Anfang die Situation oder den Gesprächspartner nicht richtig eingeschätzt hat.

#Do: Abbrechen

Wenn man eine Diskussion nicht in den Griff bekommt und die sich die Argumente des Gegenübers in persönliche Angriffe wandeln, kann man das Gespräch jederzeit abbrechen. Denn auch wenn Radikale dann gerne etwas von Meinungsfreiheit erzählen: Niemand hat ein Anrecht darauf, dass man der rassistischen Meinung länger zuhört, als man selbst will.

#Do: Den Rechtsstaat zur Hilfe holen

Wer den liberalen Rechtsstaat erhalten möchte, muss auch mithelfen, ihn zu beschützen. Wenn also in Gesprächen oder Onlinediskussionen tatsächlich volksverhetzende oder verleumderische Behauptungen in den Raum gestellt und auf Nachfrage weder belegt noch zurückgenommen werden, kann das ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft sein. Aufrufe zum Mord, Drohungen in Richtung anderer Gesprächspartner oder das Leugnen des Holocausts sind nicht mehr nur diskriminierend. Meinungsfreiheit hört da auf, wo Straftaten beginnen. Strafanzeigen können inzwischen auch online gestellt werden. Aber: Prüft den Fall und informiert Euch über die Konsequenzen, bevor Ihr diesen Schritt geht.

Don’ts

#Dont: Laut werden

Wirst Du laut oder ausfällig, spielst Du denen, die diskriminierende Aussagen verbreiten in die Hände. Es bietet ihnen die Möglichkeit, in die Opferrolle zu schlüpfen. Mit Aussagen wie es herrsche „Gesinnungsterror“ und es gäbe keine Meinungsfreiheit mehr, musst Du dann rechnen. Merke: Wer keine falschen Fakten produziert, muss auch nichts durch Lautstärke kompensieren.

#Dont: Moralisieren

Auch wenn Dein Ziel ehrenwert ist, kann es durch schlechte Gesprächsführung seine Wirkung verfehlen. Predigst Du Deinen Gesprächspartner dauerhaft Moral, können diese sich mit Verweis auf „Political Correctness“ und „Gutmenschentum“ aus der Verantwortung stehlen. Und das, ohne ihre Behauptungen belegen zu müssen.

#Dont: Von oben herab argumentieren

Sätze wie „Du hast offenbar keine Ahnung“ wirken extrem unsympathisch und können eine Diskussion schneller beenden als es Dir lieb ist. Artikuliere Deine Zweifel in Frageform: „Kennst Du die Studie von XY, die das Gegenteil besagt? Was sagst Du dazu?“. So kannst du Deine Informationen unterbringen und den Gesprächspartner dazu bringen, Stellung zu nehmen. Du wirst sehen, seine rassistischen Argumente erscheinen dann gar nicht mehr so stichhaltig.

#Dont: Ängste bagatellisieren

Sich über tatsächliche Ängste lustig zu machen ist weder sympathisch, noch wirkungsvoll. Sätze wie „Wenn wir sonst keine Probleme haben…“ oder „Als ob das alles wirklich so schlimm wäre…“ solltest Du daher vermeiden. Versuche vielmehr empathisch zu reagieren, deine Meinung dabei aber klar und deutlich zu formulieren. Denn Diskriminierung und Rassismus dürfen durch nichts gerechtfertigt werden.

#Dont: Befehlston

Vermeide unbedingt eine herrische Tonlage während Deiner Argumentation. Durch Sätze wie „Hör doch auf mit dem Quatsch!“ oder „Jetzt reiß Dich doch mal zusammen“, wirst Du Dein Ziel nicht erreichen.

#Dont: Vorwürfe und Drohungen

Auch Vorwürfe zu formulieren, ist ein absolutes Don’t im Umgang mit Rassismus und Diskriminierung. Mit Sätzen wie „Du willst es wohl einfach nicht verstehen!“ wirst Du allenfalls eine Trotzreaktion, aber ganz bestimmt kein Verständnis erzielen. Auch Drohungen alá „Das wird Dir noch leidtun!“ provozieren lediglich eine Eskalation. Das Ergebnis: noch mehr falsche Aussagen und keine Einsicht.

#Dont: Dogmatisch auftreten

Wer aus Prinzip widerspricht, auch wenn der Gegenüber nicht nur diskriminierende Meinungen von sich von sich gibt, verliert. Eine passendere Methode ist es, dem Gesprächspartner Recht zu geben, wo dieser Recht hat. Anschließend solltest Du aber begründen können, warum Du seine Schlussfolgerung nicht teilst: „An der Stelle kann ich Dir sogar Recht geben, das sehe ich auch so. Aber Deine Schlussfolgerung teile ich deshalb trotzdem nicht“.

#Dont: Übertreiben

Behauptet Dein Gesprächspartner, dass alle Asylbewerber mit Drogen dealen, so ist das schlicht falsch. Ebenso falsch ist es jedoch, im Umkehrschluss zu behaupten, kein Asylbewerber sei Drogendealer. Durch Leugnen offensichtlicher Probleme macht man sich unglaubwürdig – und spielt damit dem Gegenüber nur in die Hände. Bleiben wir bei der Wahrheit.