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Postkolonialismus oder weltweite Gerechtigkeit?

Stiftung für die Freiheit setzt sich für die Akzeptanz des ICC in afrikanischen Ländern ein

Das internationale Journalisten- und Mediendialogprogramm der Stiftung für die Freiheit hat ein neues Projekt initiiert, bei dem Journalisten aus Afrika in Den Haag an die Arbeit des Strafgerichtshofes herangeführt werden. Das Ziel ist dabei, eine kompetente und sachliche Berichterstattung zu fördern, die zur Akzeptanz der internationalen Strafverfolgung beitragen kann.

Mit dem Urteil gegen den bosnisch-serbischen Ex-General Ratko Mladic hat das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erneut das internationale Völkerstrafrecht durchgesetzt. 

Während viele dies als Sieg der Gerechtigkeit feiern, schlägt den Tribunalen in Den Haag aber oft Misstrauen oder Ablehnung aus den Herkunftsstaaten der Täter entgegen. Dies ist auch beim internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) der Fall, vor dem sich derzeit ein Ex-Präsident und ein Ex-Minister der Elfenbeinküste und Milizenführer aus Uganda und der Demokratischen Republik Kongo in Hauptverfahren wegens Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit verantworten müssen. In Falle eines ehemaligen kongolesischen Vizepräsidenten, der schon wegen Mord, Vergewaltigung und Plünderungen zu 18 Jahren Haft verurteilt worden ist, läuft zur Zeit das Berufungsverfahren.

Mehrere afrikanische Länder hatten ihren Austritt angekündigt, der Vorwurf des Postkolonialismus wird erhoben. Als Grund wird angeführt, dass nur afrikanische Angeklagte vor Gericht stehen. Daher kündigten 2016 die drei afrikanischen Staaten Südafrika, Burundi und Gambia an, ihre Mitgliedschaft beim internationalen Strafgerichtshof zu beenden. Getan hat es zwar bisher nur Burundi. Aber sachliche Aufklärung über die Arbeit des internationalen Gerichtshofes ist weiterhin dringend nötig.

In Kooperation mit der in Kenia ansässigen NGO „Journalists for Justice“ hat die Stiftung für die Freiheit erstmals zwei afrikanische Journalisten für eine Woche zu einer Prozessbeobachtung nach Den Haag entsandt. Dabei ging es um den Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo. Im Januar 2016 wurde der Prozess gegen Gbagbo vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eröffnet. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus den Jahren 2010 und 2011 zur Last gelegt. Die Anklage lässt die Wogen in der Elfenbeinküste hochschlagen – doch Journalisten aus dem westafrikanischen Land sind in Den Haag nicht vertreten.

„Den Haag ist bei uns einfach ein Synonym für Gefängnis “, sagt der Blogger und Journalist Anderson Diédri, der für die Tageszeitung „Le Nouveau Courrier“ arbeitet und Chefredakteur der investigativen Onlinepublikation „Eburnie today“ ist. Diédri und Elvis Kodjo, Reporter der auflagenstärksten Tageszeitung „Fraternité Matin“, waren eine Woche vor Ort. Sie sprachen mit dem Vorsitzenden Richter Cuno Tarfusser, der Chefanklägerin Fatou Bensouda, mit Verteidigern sowie Opfervertretern und konnten Gerichtsverhandlungen gegen Gbagbo miterleben.

Entstanden ist eine Artikelserie, in der die Leser der Elfenbeinküste über Vorgänge des Gerichts und des Verfahrens sachlich und kompetent aufgeklärt werden. Das Interview mit der aus Gambia stammenden Staatsanwältin Fatou Bensouda ist in allen großen Medien der Elfenbeinküste aufgegriffen worden und hat sich so rasant in dem afrikanischen Land verbreitet.

Ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt in Richtung Akzeptanz des Völkerstrafrechts.