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Philippinen
Philippinen wenden sich von internationalem Strafrecht ab

Präsident Duterte sah „ungeheuerliche Angriffe der Vereinten Nationen“
Rodrigo Duterte, Präsident der Philippinen.

Rodrigo Duterte, Präsident der Philippinen.

© picture alliance / AP Photo

Die Philippinen sollen nicht mehr der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag unterliegen und treten aus dem Rom-Statut aus. Die Begründung ist kurios.

Bereits vor einem Jahr hatte die philippinische Regierung ihre Austrittsurkunde aus dem Rom-Statut beim Generalsekretär der Vereinten Nationen eingereicht. Nun ist es soweit: am 17. März treten die Philippinen tatsächlich aus. Das Rom-Statut ist die Grundlage für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Er ermittelt gegen Individuen in Fällen von Verbrechen, welche die internationale Staatengemeinschaft als Ganzes betreffen: Völkermord, Kriegsverbrechen, das Verbrechen der Aggression und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Vor allem Staatsoberhäupter, hochrangige Politiker und Militärangehörige sollen zur Verantwortung gezogen werden. Dieser Gerichtsbarkeit wollen sich die Philippinen nun offenbar mit ihrem Austritt entziehen.

In der Öffentlichkeit nannte der Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, einen kuriosen Austritts-Grund: das Rom-Statut sei nie im öffentlichen Amtsblatt der Philippinen publik gemacht worden - man sei also eigentlich nie Mitglied gewesen. Die Sichtweise ist abenteuerlich, da die Philippinen das Rom-Statut 2011 ratifiziert hatten und seit Jahren ihren Zahlungen an den Strafgerichtshof nachkommen. Ein Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Raul Cano Pangalangan, stammt aus den Philippinen. Er war von der philippinischen Regierung nominiert und von den Mitgliedern der Vertragsstaatenversammlung gewählt worden. Seit 2015 ist er im Amt. Richter Pangalangan hatte bereits 1998 als philippinischer Delegierte an der Schaffung des Rom-Statuts mitgewirkt.

Tausende Tote im sogenannten Krieg gegen Drogen

Die wahren Gründe für den Rückzug der Philippinen sind wohl andere. Im Februar 2018, rund ein Monat bevor die philippinische Regierung ihre Austrittsurkunde einreichte, hatte Chefanklägerin Fatou Bensouda Vorermittlungen gegen die Philippinen eingeleitet. Es geht um Tausende Tote im Zusammenhang mit einem sogenannten Krieg gegen Drogen, den Präsident Duterte auf den Philippinen führt. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bislang bis zu 20.000 Menschen umgebracht wurden. Die Polizei spricht von 5.000 Toten. Viele wurden ohne Gerichtsverfahren regelrecht hingerichtet. Die philippinische Justiz zeigte wenig Interesse an einer Strafverfolgung der offensichtlichen Verbrechen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen will auch die Regierung in Manila den Morden des Drogenkrieges nicht nachgehen. Deshalb wurde der Internationale Strafgerichtshof durch seine Vorermittlungen aktiv. Obwohl noch keine Ermittlungen gegen konkrete Personen eingeleitet wurden, sah Präsident Duterte „grundlose, ungeheuerliche Angriffe auf meine Person und Regierung durch Amtsträger der Vereinten Nationen“. Die eingeleiteten Vorermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs können trotz des Austritts der Philippinen weiterlaufen. Allerdings können, sollte es zu Anklagen kommen, keine Verbrechen verhandelt werden, die sich nach dem Austritt ereigneten.

Der internationale Gerichtshof in Den Haag.

Der internationale Gerichtshof in Den Haag.

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Justiz zeigt mehr Elan gegen Regierungskritiker

Seit Mitte 2016, seit dem Amtsantritt von Präsident Duterte, werden auf den Philippinen rechtstaatliche Normen verletzt und wichtige Institutionen geschwächt. 2017 wollte die Regierung der nationalen Menschenrechtskommission das Budget auf 20 US-Dollar kürzen. Nur nach einem massiven öffentlichen Aufschrei ruderte die Regierung zurück und gewährte 13 Millionen US-Dollar.  Nun wartet die Menschenrechtskommission seit Jahren auf Polizeiakten zur Untersuchung der Toten im Drogenkrieg. Senatorin Leila de Lima, die eine Senatsuntersuchung zum Drogenkrieg einleitete, wurde unter dubiosen Anschuldigungen in Untersuchungshaft gesteckt. Sie ist seit mehr als zwei Jahren im Gefängnis. Gewaltenteilung erodiert. Die Vorsitzende des Verfassungsgerichts wurde abgesetzt, Duterte installierte einen Nachfolger. Kritiker sehen das Verfassungsgericht nun als Arm des Präsidenten, was auch beim Austritt aus dem Rom-Statut zu beobachten gewesen sei. Gegen den Austritt wurden zwei Klagen beim Verfassungsgericht eingereicht, doch sie wurden nicht rechtzeitig behandelt. Egal ob und was nun entschieden werden wird: es kann den Austritt nicht mehr annullieren. Die Justiz zeigt mehr Elan, wenn es um Regierungskritiker geht: Oppositionssenator Trillanes sowie das renommierte Medienhaus Rappler und die Chefredakteurin Maria Ressa sind in dubiosen Verfahren angeklagt.

Die Philippinen sind außer Burundi der einzige Staat, der jemals aus dem Rom-Statut ausgetreten ist. Auch vor dem Austritt Burundis hatte der Internationale Strafgerichtshof Ermittlungen eingeleitet. Ein Austritt aus dem Rom-Statut sage mehr über den Zustand des Austrittslandes aus als über den des Gerichtshofes, sagte Bertram Schmitt, der deutsche Richter in Den Haag. Erfreulicherweise gibt es auch eine gute Nachricht: Malaysia ist gerade dem Rom-Statut beigetreten.