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NAFTA 2.0
Freihandel reloaded?

Neues Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada
Justin Trudeau und Donald Trump

US-Präsident Donald Trump mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau bei einem Treffen im Weißen Haus im Februar 2017

© Executive Office of the President of the United States / U.S. Government

Nachdem sich die USA und Mexiko bereits Ende August auf eine neue Handelsvereinbarung, die das nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) reformieren und modernisieren soll, geeinigt hatten, ist nun auch Kanada mit an Bord. Damit geht eine lange Zitterpartie zu Ende. Denn noch vor ein paar Wochen war völlig ungewiss, ob Kanada sich dem neuen Pakt anschließen würde. Die Neuerungen betreffen vor allem die Autoindustrie und den kanadischen Milchmarkt.

Kanada ist an Bord – Heißt es nun volle Fahrt voraus?

Nach zähen und langwierigen Verhandlungen konnten sich die nordamerikanischen Nachbarn nun doch noch auf ein neues Handelsabkommen mit dem Namen „USA-Mexiko-Kanada-Abkommen“ (USMCA) einigen. Damit rückt die Erfüllung eines zentralen Wahlversprechens von Donald Trump in greifbare Nähe. Trump hatte NAFTA wiederholt als „schlechtesten Deal aller Zeiten“ bezeichnet und versprochen, das Abkommen neu zu verhandeln. Der Zeitpunkt für die Erzielung einer Einigung könnte für den US-Präsidenten und seine Republikaner nicht günstiger sein. In gut einem Monat finden in den USA die Halbzeitwahlen statt. Und mit dem politischen Teilerfolg in der Tasche bestreitet sich der Wahlkampf gleich viel leichter. Aber die Betonung liegt auf Teilerfolg. Denn noch muss das neue Abkommen von den Parlamenten der drei Vertragsparteien ratifiziert werden. 

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Mit kanadischer Besonnenheit zum Erfolg

Auf kanadischer Seite zeigte sich Premierminister Trudeau zufrieden mit den Ergebnissen. Die Kanadier hätten über die vergangenen Wochen so agiert, wie sie es in ungewissen Zeiten immer tun würden: „Konstruktiv und besonnen, aber auch entschieden. Dabei schützen wir unsere Interessen und betonen unsere Werte. Wir zeigen Entschlossenheit und Flexibilität und halten zusammen, um am Ende gestärkt aus der Situation heraus zu treten.“ Mit dieser Taktik habe Kanada einen Vertrag ausgehandelt, der den kanadischen Arbeitern, der kanadischen Wirtschaft und kanadischen Familien Nutzen bringt.

Zwar musste Kanada einige Zugeständnisse machen. Doch konnte das weitaus größere Übel - ein reformierter NAFTA-Vertrag ohne Kanada, wie Trump angedroht hatte – abgewendet werden. Kanada hat unter anderem eingewilligt, den bisher extrem streng kontrollierten und regulierten kanadischen Milchmarkt für Importe aus den USA stärker zu öffnen und zu liberalisieren. So sollen die USA künftig Zugang zu 3,5 Prozent des bisher stark abgeschottetenkanadischen Marktes für Milchprodukte erhalten. Zudem wurde festgelegt, dass die USA 25 Prozent Zoll auf Autos erheben können, sollte Kanada mehr als 2,6 Millionen Fahrzeuge in einem Jahr in das Nachbarland exportieren. Momentan überqueren rund 1,8 Millionen Autos jährlich die Grenze. Eine weitere Neuerung, auf die sich auch die USA und Mexiko bereits im August einigten, sieht vor, dass 75 Prozent – statt bisher 62,5 Prozent - der Fahrzeugteile in Kanada, Mexiko und den USA angefertigt werden, damit sich ein Auto als „Made in North America“ qualifiziert und von der Zollbefreiung im NAFTA-Raum profitieren kann. Diese Neuerung wird den Freihandel aller Voraussicht nach beschneiden, da sich dadurch in Zukunft weniger Autos für den zollfreien Handel qualifizieren werden. Eine weitere Folge wird die stärkere Rückverlagerung der Autoproduktion in die USA sein. Diese wird sich auch für die Allgemeinbevölkerung bemerkbar machen, denn sie werden die daraus resultierenden, steigenden Preise für Fahrzeuge tragen müssen. 

Im Rahmen von USMCA konnte Kanada durchsetzen, dass seine Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums sowie Regelungen zur zwischenstaatlichen Streitbeilegung aufrechterhalten bleiben. So wurde die Beibehaltung von Artikel 19 erreicht, der die Verhandlung von Ausgleichs- und Anti-Dumping-Zöllen vor separaten Schiedsgerichten, bestehend aus Repräsentanten aller drei Länder unter Umgehung amerikanischer Gerichtshöfe ermöglicht. Zudem sieht das Land kommenden Verhandlungen gestärkt entgegen, da es die Außerkraftsetzung des Artikels 11 für Kanada erreichen konnte. Dieser hätte es Unternehmen ermöglicht, im Falle von für sie ungünstigen Gesetzesänderungen, direkt rechtlich gegen eine Regierung vorzugehen.

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Nächste Hürde: Die Parlamente

Während die Mexikaner das Abkommen noch vor Ende der Amtszeit des mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto im Dezember durchs Parlament bringen wollen, gehen Beobachter davon aus, dass es in den USA erst 2019 zur Abstimmung kommen wird. Auf US-Seite hat Donald Trump mit dem Mandat der „Trade Promotion Authority“ das Recht, Handelsabkommen auszuhandeln und dem Kongress zur „up-and-down“-Abstimmung vorzulegen. Unter dieser Regelung kann der Kongress nur noch mit Ja oder Nein stimmen, darf aber keine Änderungsanträge hinzufügen. Ranghohe Abgeordnete zeigen sich aber nur verhalten optimistisch, dass dieses Mandat im Fall des USMCA überhaupt greift. So sagte der republikanische Senator Orin Hatch aus Utah, er freue sich darauf den Vertrag durchzusehen und zu prüfen, ob er den hohen Anforderungen der „Trade Promotion Authority“ genüge. 

Ob der US-Kongress USMCA durchwinken wird, hängt außerdem stark vom Ausgang der anstehenden Halbzeitwahlen und möglichen Machtverschiebungen im US-Kongress ab. Können die Demokraten den Republikanern im November die Mehrheiten im Kongress streitig machen, dürfte es für Präsident Trump schwierig werden, sein Prestigeprojekt durchzusetzen. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hofft, dass die vorgesehenen strengeren Vorschriften im Arbeitsrecht die Demokraten vom neuen Abkommen überzeugen werden. 

Bisher zeigen sich führende demokratische Abgeordnete aber unbeeindruckt. „Die Messlatte ist sehr hoch,“ warnt Richard Neal aus Massachusetts. Die Demokraten würden ein Abkommen nur dann unterstützen, wenn die Umwelt- und Arbeitsrechtstandards ihre hohen Erwartungen erfüllen. „Die Demokraten im Kongress werden den Text genauestens prüfen“ betont die Minderheitsführerin der Demokraten im US-Repräsentantenhaus Nancy Pelosi. „Wenn wir darüber sprechen, NAFTA zu reparieren, dann muss das bedeuten, dass amerikanische Arbeiter mehr Gehalt bekommen, umsetzbare Arbeitsstandards eingeführt werden und Fairness für Landwirte garantiert wird.“

Auch wenn sich Trump bereits für seinen Erfolg feiert und das Abkommen als „historisch für die amerikanische Nation und ja sogar für die Welt“ preist, ist er sich sehr wohl darüber im Klaren, dass die Demokraten ihm einen Strich durch die Rechnung machen könnten. „Theoretisch sollte es eigentlich keine Probleme geben. Aber alles, was man dem Kongress vorlegt, wird so oder so zum Problem,“ kritisiert Trump. „Die sagen dann wieder, wenn Trump es mag, dann werden wir es nicht bewilligen.“ Vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahlen 2020 bestehe die Gefahr, dass die Demokraten aus rein politisch motivierten Gründen gegen den Vertrag stimmen.

Doch auch wenn USMCA noch keine beschlossene Sache ist, dürfte der errungene Teilerfolg den Republikanern beim Rennen um den US-Kongress in die Hände spielen. Gerade die neue Regelung, dass zukünftig 75 Prozent – statt bisher 62,5 Prozent – der Fahrzeugteile in Nordamerika angefertigt werden müssen, dürfte bei der Wählerschaft in Bundesstaaten, die stark von der Fertigungsindustrie abhängig sind, auf Zuspruch stoßen. Diese Wählergruppe sieht die Verlagerung unternehmerischer Prozesse ins Ausland als direkte Bedrohung und gehört zur Kernwählerschaft von Donald Trump.

Iris Froeba, Policy Analyst und Media Officer, Büro Washington, Sitz des Transatlantischen Dialogprogramms und des Forum Weltwirtschaftsordnung , Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.