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Nachruf
Erinnerungen an Dr. Kai Gleißner

FDP Magdeburg

Kai Gleißner war ein Repräsentant der jungen liberalen Generation des vereinigten Deutschland.

© FDP Magdeburg

Er hatte noch viel vor. Aber das Schicksal hat es anders gewollt. Kai Gleißner ist mit 39 Jahren an den tragischen Folgen eines Unfalls verstorben.

Er gehörte mit Herz und Verstand zur liberalen Familie. Mehr als das: Ich kenne kaum jemanden, der so viel Energie, Leidenschaft und Zeit für den Liberalismus einsetzte wie er. Dies gilt sowohl für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als auch für die Partei der Freien Demokraten.

Er war zunächst Stipendiat und später Altstipendiat der Stiftung - und dabei ganz selbstverständlich in wichtigen Gremien der Selbstverwaltung tätig. Später wurde er Forenleiter bzw. Programmmanager der Stiftung im Länderbüro Niedersachsen/Bremen. Er hat dort seit 2016 viele Veranstaltungen gestaltet und begleitet, im Durchschnitt mehr als eine pro Monat, bis in die allerjüngste Vergangenheit. Pläne für Künftiges lagen längst auf dem Tisch, bestens vorbereitet. Er war dabei thematisch vielseitig, organisatorisch begabt und stets maximal einsatzbereit. Wenn er etwas in in die Hand nahm, dann wusste man: Das wird was.

Als Mitglied der Freien Demokraten engagierte er sich im Kreisverband Magdeburg, der Stadt seines Studiums und seiner späteren universitären Tätigkeit, wo er auch vor wenigen Wochen seine Promotion an der Otto-von-Guericke-Universität erfolgreich abschloss - zu einem bildungswissenschaftlichen Thema, das ihn auch regelmäßig in osteuropäische und asiatische Länder führte, allen voran China. Er war in Magdeburg stellvertretender Kreisvorsitzender, der die intellektuelle Arbeit im Fachausschuss der Landes-FDP für Bildung bereicherte und beflügelte. Sein zweiter Arbeitsschwerpunkt war Europa: Er beteiligte sich intensiv an der fachlichen Diskussion über die politische Zukunft der Europäischen Union, und er nahm dabei stets eine pro-EU-Position ein - niemals unkritisch, aber stets mit guten Argumenten und Leidenschaft für ein Zusammenwachsen Europas. Er war auch engagiertes Mitglied im Bundesfachausschuss Internationales der FDP.

In seiner praktischen Parteiarbeit war Kai Gleißner ein Vorbild. Er scheute sich vor keinem Einsatz, auch auf der Straße bei Wind und Wetter. Ich selbst habe dies oft genug erlebt, zuletzt im Bundestagswahlkampf 2017 - am FDP-Stand im Zentrum Magdeburgs. Er liebte das Gespräch mit den Passanten, auch wenn es mühsam wurde. Manchmal musste ich schmunzeln, wenn er selbst mit unverbesserlichen Querulanten Argumente austauschte - über eine Stunde lang, während ich nach wenigen Minuten aufgegeben hatte. Ich bin sicher: So mancher von denen berichtete anschließend zu Hause, dass es bei den Liberalen tolle junge Leute gibt, die von ihrer Sache überzeugt sind und nie aufgeben - und dies selbst zur Zeit jener "Schattenjahre" 2013 bis 2017, als die Freien Demokraten nicht im Bundestag vertreten waren.

Ähnlich unermüdlich war sein Einsatz in den sozialen Medien, die er liebte. Auf Twitter hatte ich oft Gelegenheit zu beobachten, wie er mit hartnäckigen politischen Gegnern den Faden des Pro und Contra endlos weiterspann - mit großer Begeisterung für die Kraft des Arguments, aber auch mit jenem emotionalen Touch, der nötig ist, um im Internet zu überzeugen. Er war ein leidenschaftlicher junger Aufklärer. Genau solche Menschen braucht eine freiheitliche Gesellschaft.

Und er war noch etwas anderes: Zusammen mit seiner lieben Frau Anikó Merten war er ein Repräsentant jener jungen freiheitlichen Generation des wiedervereinten Deutschlands, bei der niemand erkennen kann, wo sie herkommt, aus West oder Ost. Die beiden wohnten zusammen in Braunschweig, er arbeitete in Magdeburg, und dort war er auch politisch tätig, während sie sich im FDP-Kreisverband Braunschweig engagierte. Der gar nicht so weite Weg zwischen den Partnerstädten über die ehemalige innerdeutsche Grenze bei Helmstedt-Marienborn war für beide eine Selbstverständlichkeit, physisch und vor allem mental. Auch darin war Kai Gleißner ein Vorbild. Anikó Merten, die er zurücklässt, ist es weiterhin – Vorbild für die Deutsche Einheit.