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Menschenrechte International
Deutschland und Russland – Das Boris Nemtsov Forum

Václav Bacovský

Boris Nemtsov Forum 2018 in Prague. F.l.t.r.: Greg Yudin, Julius von Freytag-Loringhoven, Flavia Kleiner and Sergey Aleksashenko.

© Václav Bacovský

Boris Nemtsov, der Oppositionspolitiker und Kämpfer für ein freies Russland, wurde am 27. Februar 2015 im Zentrum Moskaus – in Sichtweite des Kremls – erschossen. Bis heute wirft der Fall viele Fragen auf. Sein Geburtstag, der 9. Oktober, ist zwar kein Tag zum Feiern mehr. Er ist seit drei Jahren aber trotzdem zum festen Termin für russische Oppositionelle geworden: Seit 2016 kommen vom 9. bis 10. Oktober weibliche und männliche Aktivisten, Menschenrechtler und Politiker aus Russland und der EU auf dem Boris Nemtsov Forum zusammen. Das von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Boris-Nemtsov-Stiftung für die Freiheit organisierte und vom European Endowment for Democracy unterstützte Forum dient dabei auch als Diskussions- und Innovationsplattform zu Gegenwart und Zukunft des Landes und seiner Gesellschaft. Darüber hinaus unterstützt die FNF die Preisverleihung des Boris-Nemtsov-Preises, der jedes Jahr im Juni an eine Person vergeben wird, die sich im Kampf für die Meinungsfreiheit und ein freies und offenes Russland besonders engagiert. Die stellvertretende Vorsitzende der Stiftung für die Freiheit, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ist gleichzeitig Mitglied im Stiftungsrat der Boris-Nemtsov-Stiftung und damit ein wichtiges Bindeglied zu den russischen Liberalen.

Václav Bacovský

Boris Nemtsov Forum 2017 in Berlin. V.l.n.r. Christopher Gohl, Maria Snegovaya, Konstantin von Eggert, Konstantin Kuhle, Peter Limbourg.

© Václav Bacovský

„Man hat meinen Vater mit Zukunft assoziiert. Deswegen ist Zukunft das Thema des Forums.“ Mit diesen Worten eröffnete Zhanna Nemtsova, Nemtsovs Tochter, im Oktober 2017 das Boris Nemtsov Forum in Berlin. Die ewigen Diskussionen über Putin und seine Politik seien zwar wichtig, bringen Russland aber kein Stück weiter. Unter dem Titel „Politics without Vision? Future Lab on Russia and the EU“ trafen sich erneut zivilgesellschaftliche Akteure aus Kunst und Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft, um ihre Visionen für ein Russland in der Post-Putin-Ära zu debattieren. In seinen einführenden Worten plädierte auch der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum für eine Beziehung zu Russland, die von „Dialog und Offenheit“ geprägt ist. Wie schwierig diese Visionen jedoch in Russland zu vermitteln seien, stellte die junge Schriftstellerin Alisa Ganieva in ihrer Rede deutlich dar. Die russische Gesellschaft sei taub und stumm geworden. Große Teile der Bevölkerung versuchen, das Unrecht zu relativieren und nähren damit die Zweifler, die durch die Propaganda und Desinformation des Kremls bereits maßgeblich beeinflusst sind.

Unter dem Titel „Russia: Strategies for the Society“ fand das Forum im Jahr 2018 zum ersten Mal in der tschechischen Hauptstadt Prag statt. Guy Verhofstadt, Vorsitzender der ALDE-Fraktion im Europäischen Parlament, übernahm dabei die schwierige Aufgabe, die EU-Politik gegenüber Russland zu analysieren. Er sprach sich dabei für ein robusteres Auftreten gegenüber dem Kreml aus. Dabei unterstrich er aber auch: „Gleichzeitig muss der russischen Zivilgesellschaft vermittelt werden, dass diese Strategie nicht gegen das Land, sondern einzig gegen die russische Regierung gerichtet ist“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer griffen Verhofstadts Impulse gleich auf und diskutierten im Anschluss in kleinen Arbeitsgruppen über gesellschaftliche, wirtschaftliche sowie innenund außenpolitische Entwicklungen.