EN

Menschenrechte
Ich warte nicht, bis Andere entscheiden, ob ich zu Deutschland gehöre

Der Talkshow-Moderator Jaafar Abdul Karim wendet sich an die arabische Community in Deutschland.
Foto: Veranstaltung der Diwan-Gespräche

In der arabischen Welt ist Jaafar Abdul Karim ein Medienstar: Der Moderator von „Shababtalk“, der arabischsprachigen Talkshow der Deutschen Welle, hat mehr als acht Millionen Zuschauer weltweit, wenn er heikle und kontroverse Themen wie die Stellung der Frau in der Gesellschaft oder die Rolle von Religion oder Homosexualität mit jungen Leuten diskutiert. Daher ist er auch Geflüchteten aus der arabischen Welt ein Begriff.

Und ein spannender Gesprächspartner in der Diwan-Reihe, in der Geflüchtete und Exiljournalisten sowie das deutsche Publikum ins Gespräch kommen. Die Veranstaltungsreihe ist Teil des Exiljournalistenprojektes, welches das Internationale Journalisten- und Mediendialogprogramm der Stiftung in Kooperation mit dem Tagesspiegel 2016 ins Leben gerufen hat. Der im Libanon und in der Schweiz aufgewachsene Journalist Jaafar Abdul Karim ist bei seinen Sendungen viel in der arabischen Welt unterwegs – aber auch in der arabischen Community in Deutschland. „Ich weiß, wie schwer es ist, in einem fremden Land anzukommen“, sagt der 38-Jährige den vielen jungen Geflüchteten im Publikum.

Er selbst war 2001 zum Studium nach Deutschland gekommen. Für Jaafar ist jedoch auch klar: „Man muss sich selbst integrieren und in der Gesellschaft aktiv werden und nicht darauf warten, dass andere das erledigen.“ Einem jungen Zuhörer aus Syrien rät er, sich nicht davon beeinflussen zu lassen, ob das mediale Echo gegenüber Zuwanderung gegenwärtig freundlich oder kritisch ist. Was zählt, sei: „Mach dein Ding und deine Schritte in dieser Gesellschaft.“ 

Gleichzeitig wünscht sich Jaafar Abdul Karim, dass deutsche Politiker mehr nachdenken, bevor sie ausgrenzende Statements wie „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ oder Migration sei „die Mutter aller Probleme“ abgeben. Als Richtschnur für das Zusammenleben der Mehrheitsgesellschaft und der Zugewanderten sieht der Journalist, dessen Markenzeichen das weiße Oberhemd ist, das Grundgesetz: „Das ist meine Betriebsanleitung.“ Damit könnten alle „leben und leben lassen“.

Die Diwan-Gesprächsreihe ist Teil der Arbeit mit Exiljournalisten in Deutschland. Hier erarbeiten junge Journalisten, die mehrheitlich aus arabischen Ländern, der Türkei und Iran stammen, jährlich eine Zeitungsbeilage mit Geschichten aus der Perspektive der Neuankömmlinge, die dann im Berliner „Tagesspiegel“ erscheint: Themen waren bisher Freiheit, Heimat und zuletzt vor der Europawahl 2019 ihr Blick auf Europa.

Mit Europa verbinden die Exiljournalisten insbesondere Freiheit. Der syrische Journalist Hareth Almukdad (32) beschreibt in seinem Aufmacher der Beilage zur Europa-Wahl 2019 seine Verwunderung, als er von Deutschland nach Tschechien fährt: „Wo ist denn hier die Grenze?“ lautet der Titel seines Artikels. Mit dem Bus von Berlin nach Prag unterwegs, verschläft er den Grenzübertritt. „Obwohl ich laut meinem Flüchtlingspass ein Staatenloser bin, kann ich ohne Probleme von einem EU-Land ins andere reisen“. Keine Stacheldrahtzäune, keine bewaffneten Soldaten, keine Visa, keine Schlangen, keine Stempel, schreibt Almukdad erstaunt.

Mehr Texte wie diesen finden Sie in unserem Jahresbericht über die Menschenrechtsarbeit der FNS.