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Macron
Macron appelliert an die Bürger Europas

Appell für engere Zusammenarbeit und gegen Populismus

„Für einen Neubeginn in Europa“ – mit diesem Anspruch veröffentlichte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron diese Woche in den führenden Medien aller 28 EU-Staaten einen Aufruf zur Rettung Europas. Die jüngste Initiative versteht sich in der Folge der Sorbonne-Rede vom September 2017, die als bisheriger europäischer Fahrplan Macrons galt.

Den nahenden Brexit nimmt Macron zum Anlass, um dem weiteren Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten entgegenzuwirken sowie Populisten und Anti-Europäern im Vorfeld der Europawahlen die Stirn zu bieten. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr.“, unterstreicht Macron die Notwendigkeit europäischen Handelns und eine engere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten. Dabei nimmt die Initiative nicht nur die politische Ebene in den Blick, sondern richtet sich ausdrücklich auch an Europas Bürgerinnen und Bürger. Dazu ging heute zusätzlich eine Unterstützerplattform ans Netz, um den europäischen Neubeginn über nationale Grenzen hinweg aktiv mitzugestalten.

Thomas Ilka, Regionalbüroleiter Europäischer Dialog in Brüssel, kommentiert für Freiheit.org die jüngste französische Initiative:

Warum hat Macron den Gastartikel in europäischen Medien gerade jetzt veröffentlicht?

80 Tage vor der Europawahl am 26. Mai setzt Macron ein klares europapolitisches Signal. Mit dem inhaltlichen Dreiklang Schutz der freiheitlichen Demokratien, gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik, massive europäische Industriepolitik sendet er ein Signal des Führungsanspruchs an die europäischen Partner. Gleichzeitig bedient er seine innenpolitische Diskussion, indem er mit der Forderung nach einer EU-weiten Industriepolitik der französischen wirtschaftspolitischen Tradition folgt.

Welche Prioritäten für Reformen nennt Macron?

Freiheit, Schutz, Fortschritt. Mehr und schneller handeln. Macrons konkrete Vorschläge: die Schaffung einer Agentur für den Schutz der Demokratie sowie ein Vertrag über Verteidigung und Sicherheit. Weiter schlägt er eine europaweite Grundsicherung, eine Klimabank zur Finanzierung ökologischen Wandels, die wettbewerbsrechtliche Überwachung großer Internet-Plattformen und die Finanzierung von Innovationen über einen Europäischen Innovationsrat mit eigenem Budget vor.

Was bedeutet das für die europäischen Liberalen?

Grundrechteschutz und eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik sind sicher zügig konsensfähig in der liberalen Familie. Schwieriger wird es bei seinen Vorstellungen zur Sozial- und Industriepolitik. Da stoßen sehr unterschiedliche Traditionen und Weltbilder aufeinander. Für Liberale ist klar: massive Industriepolitik mit staatskapitalistischen Zügen wird Europa im Wettbewerb mit China und den USA nicht helfen. Europa steht für Vielfalt und maßgeschneiderte Lösungen. Das ist unsere Stärke. Und bei allen Mühen des Weges: kein Kontinent verfügt über soviel Erfahrung in Konfliktlösung und Kompromissbildung. Das wird auch die Zeit nach der Wahl prägen. 

Thomas Ilka ist Regionalbüroleiter des europäischen Dialog in Brüssel.