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Liberal lovebirds

#FNF60 - The Stories: Die Stiftung als Ehestifter
Eine Stiftung als Ehestifter

Hochzeit in Byblos

© Rouba und Eugene

In 60 Jahren Stiftungsarbeit haben sich viele besondere Geschichten zugetragen, einige von Ihnen erzählen wir im Rahmen von #FNF60 - The Stories. Heute: Wie zwei ehemalige Seminarteilnehmer bei der Stiftung ihr Lebensglück fanden.  

Die Friedrich-Naumann-Stiftung ist eine politische Bildungseinrichtung, ein liberaler Think Tank und nicht zuletzt ein Netzwerk liberaler Menschen auf der ganzen Welt. Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt dafür ist die Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. Sie ist die zentrale Bildungsstätte der Stiftung für die Freiheit und bietet Teilnehmern aus aller Welt Raum für Seminare, Workshops und Fortbildungen. Regelmäßige Besuchsprogramme zwischen den über 60 Projektländern und Gummersbach fördern die globale Vernetzung Liberaler im Rahmen der Internationalen Akademie für Führungskräfte. Dabei stehen hauptsächliche Angebote politischer Bildung im Vordergrund, aber auch Leadership und andere Dialog- und Austauschprogramme verbinden Gummersbach mit der Welt. Dass dabei immer auch zwischenmenschliche Brücken gebaut werden, liegt auf der Hand. Die liberale Familie wächst mit jeder Veranstaltung in der Theodor-Heuss-Akademie. Wie gut die Vernetzung Liberaler funktioniert, zeigt sich einmal mehr, wenn die Stiftung auch eine Ehe stiftet.

Im Grunde ist es eine Liebesgeschichte wie aus einem Film: Die beiden Protagonisten Eugene Sensening und Rouba ElHelou sind seit mehreren Jahren Professoren an der libanesischen Notre-Dame-Universität im Norden Beiruts. Seit Jahren kennen sie sich, seit Jahren schätzen sie sich – aber das war’s dann auch schon. Beide stehen fest im Leben: Eugene ist geschieden und Rouba konzentriert sich auf ihre Karriere. Die Hoffnung auf die große Liebe haben beide bereits aufgegeben. Doch dann kam die Friedrich-Naumann Stiftung für die Freiheit und eine Reise nach Gummersbach. Ihr Leben sollte danach eine völlig neue Wendung nehmen. Dies ist ihre Geschichte:

Eugene ist Rouba häufig auf dem Campus begegnet. Als einer der weniger ausländischen Professoren fällt er auf. Mehrfach sind die beiden einander vorgestellt worden, doch bei jedem erneuten Aufeinandertreffen erkundigt sich Eugene wieder nach Roubas Namen. Die zierliche Medienprofessorin ist genervt von der Arroganz des österreichisch-amerikanischen Kollegen und streicht ihre Bekanntschaft gedanklich aus ihrem Kopf.

Im Juli 2015 jedoch klingelt Roubas Telefon. Die Friedrich-Naumann-Stiftung lädt auf ein zweiwöchiges Seminar in Gummersbach ein. Sie könne einen weiteren Kollegen vorschlagen, der thematisch geeignet wäre. Daraufhin klappert Rouba die ganze Universität ab, zunächst engere Freunde, dann gute Kollegen. Doch niemand kann sich vorstellen für zwei Wochen seine Arbeit ruhen zu lassen, um nach Deutschland zu fliegen. Schließlich schlägt sie der FNF-Projektmanagerin Yara Asmar den letzten verbleibenden Kollegen vor: Eugene. Anrufen müsse Yara aber selber, Rouba hat keine Lust mehr auf den vielredenden, arroganten Kollegen.

Dieser hat gerade einige Probleme mit der Uni, die seine geplante Konferenz in den USA nicht finanzieren will. Er beschließt, dass ein Seminar in Deutschland genau die richtige Abwechslung vom Arbeitsalltag sei und schickt seinen Lebenslauf.

Eine Stiftung als Ehestifter

Unterwegs mit der IAF

© FNF

Schnitt. 1. November 2015, einen Tag vor Abflug nach Deutschland. Wie das Schicksal spielt, sollen Rouba und Eugene gemeinsam nach Deutschland fliegen. Rouba fühlt sich darin bestätigt, dass diese Reise nicht „Vergnügungssteuerpflichtig“ sein wird. Dennoch bietet sie ihrem Universitätskollegen an, für ihn auch online einzuchecken. Seine Antwort: Er mache sowas eigentlich nicht, aber wenn sie darauf bestünde, hätte er gerne den Fensterplatz. Kurzer Text an das FNF Büro: „Was ist los mit diesem Kerl? Das kann ja heiter werden!“

Am nächsten Tag treffen sich die beiden am Flughafen, zuerst geht es nach Istanbul und von dort – nach fünf Stunden Aufenthalt – weiter nach Köln. Rouba schläft im Flugzeug, sie weiß ohnehin nicht, was sie mit ihm bereden soll – und erst recht nicht wie sie die fünf Stunden in Istanbul überstehen sollen. Sie beschließen, sich in ein kleines Flughafenbistro zu setzen, Eugene bestellt um zwei Uhr nachts eine Maß Bier und Fish&Chips. Und sie beginnen zu reden, zuerst über Politik, dann über Literatur, über Gott und die Welt. Schließlich schrecken sie auf: Last Call für den Flug nach Köln, beide hatten fünf Stunden geredet, ohne zu merken wie die Zeit verging. Sie rennen los, auf dem Weg kippt Eugenes Tasche von seinem Rollkoffer. Wie eine Actionheldin hebt Rouba die mit schweren Büchern gefüllte Tasche im Sprint auf, wirft sie sich über die Schulter und rennt beladen mit ihrem eigenen Gepäck und seiner Tasche voraus. Eugene bleibt nur festzustellen: „Wow, was für eine Frau ist das?“

Angekommen in der gemütlichen Atmosphäre der Theodor-Heuss-Akademie führen die beiden viele, weitere stundenlange Gespräche. Sie beginnen sich immer mehr für einander zu interessieren, während ihrer Spaziergänge durch die ruhige Natur um die Akademie und im Laufe langer Nächte im Heuss-Club, an den jeder, der schon einmal in Gummersbach war, seine eignen, lebhaften Erinnerungen hat. Rouba übersetzt die arabischen Gespräche für Eugene und er hilft ihr mit seinem Deutsch aus. In nur drei Tagen werden die beiden zu „alten Freunden“ – während die anderen Teilnehmer das Pärchen-Potenzial schon sehen, lange vor Rouba und Eugene.

Im Rahmen des Seminars reisen die beiden nach Aachen, Brüssel und Köln. Auf dem Rückweg von Brüssel macht die Gruppe einen Zwischenstopp in Maastricht, es steht ein freier Nachmittag für die Teilnehmenden an. Zum Shoppen und Flanieren geht es an einem warmen Novembertag durch die pitoresken Gassen der niederländischen Stadt. Die orange-roten Blätter fallen von den Bäumen und die Herbstsonne taucht alles in warmes Licht. Zusammen besichtigen sie die Liebfrauenbasilika. Rouba möchte eine Kerze anzünden und sich dafür zwei Euro von Eugene leihen. Zwei Euro? Er soll auch eine anzünden, weigert sich aber. Als Mennonit mache er sowas nicht. Nach kurzer Diskussion im Flüsterton drückt Rouba ihm eine Kerze in die Hand: „Shut up and pray!“. Beide beten für die gleiche Sache: Wenn das die große Liebe ist, soll Gott doch ein Zeichen senden.

In den darauffolgen Nächten kann Eugene nicht schlafen, ihm geht ein Song nicht mehr aus dem Kopf: Jersey Girl von Tom Waits. Es wird das Lied ihres Hochzeitstanzes werden.

Kurz vor der Abreise steht noch ein Tag in Köln auf dem Programm, wieder schlendern die beiden gemeinsam durch die Straßen der Stadt. Eugene ist nervös, entweder jetzt oder nie. Er fühlt sich wie ein Teenager. Unbeholfen fragt er Rouba, ob er ihre Hand halten dürfe. Er darf.

Wieder zurück im Libanon wendet sich allerdings das Blatt, zurück im Mittleren Osten ist es vorbei mit dem offenen Austausch von Zärtlichkeiten. Rouba will es langsam angehen, rational sein und nichts überstürzen. Eigentlich mag sie ihr Leben so wie es ist, warum sollte sie es verändern? Nur scherzhaft reden die beiden über eine mögliche Hochzeit, halten ihre Beziehung vor allen geheim. Eugene allerdings ist sich sicher, er möchte Rouba heiraten. Er setzt eine gemeinsame Freundin darauf an, Roubas Ringgröße herauszufinden und geht mit seiner achtjährigen Tochter einen Verlobungsring kaufen. Allerdings sprechen beide nur scherzend über eine mögliche Hochzeit. Rouba nimmt ihn mit den Anforderungen an Brautgabe und Zeremoniell im Libanon gehörig auf den Arm. Als Eugene dies dann irgendwann anzweifelt, scherzt Rouba weiter: „Du liebst mich wohl nicht?“ - „Dann bringe ich den Ring eben zurück“. Und das war er, der Antrag im Januar 2016.

Vor der geplanten Hochzeit bekommt Rouba noch ein paar Mal kalte Füße, immer wieder ruft sie Eugene mitten in der Nacht an und will die Hochzeit absagen, lieber Freunde bleiben. Doch die Hochzeit findet statt, am 6. August 2016. Die Stiftung für die Freiheit ist dabei und die Stiftungs-Projektmanagerin Yara Asmar, die den Stein faktisch ins Rollen brachte, ist Trauzeugin.

Eine Stiftung als Ehestifter

Die Trauung, mit Trauzeugin Yara Asmar (links)

© Rouba und Eugene

Bis heute ist das Paar eng mit der Stiftung verbunden. Rouba hat ihr Buch mit Hilfe der FNF veröffentlich, Eugene leitet Panel-Diskussionen auf Veranstaltungen in der „Garage 664“. Den Wahlerfolg der Freien Demokraten verfolgt das Paar gespannter als viele Deutsche vor dem Fernseher. Die beiden fühlen sich als Teil der liberalen Familie, und als Teil des Büros in Beirut.

Ein Besuch in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach ist immer ein Erlebnis. Wir können natürlich nicht garantieren, dass es für jeden so romantisch endet, aber für viele ist es der Beginn einer langen Reise und die Aufnahme in die liberale Familie.