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Lasst die Spiele beginnen!

Start der Vorwahlen zu den Midterm Elections 2018 in den USA
Die Midterm Elections 2018

Die Midterm Elections 2018 - ein Referendum über Trump?

© Gettyimages/Marilyn Nieves

Lange bevor die Wählerinnen und Wähler im November entscheiden, wer künftig das Repräsentantenhaus und den Senat kontrollieren und die 36 zu vergebenden Gouverneurssitze innehaben wird, führen Demokraten wie Republikaner innerparteiliche Auseinandersetzungen darüber, welche ideologisch-programmatischen Weichenstellungen sie vornehmen wollen. Die Zwischenwahlen gelten als Messlatte der Erwartungen, die die Amerikanerinnen und Amerikaner an ihre Regierung haben. Die „Midterm Elections“ werden somit zum Referendum über die Präsidentschaft Trumps und die aktuellen republikanischen Mehrheiten im U.S.-Kongress.

Flut an Kandidaten

Zuerst jedoch müssen die Parteien und ihre Anhängerschaft mit den Nominierungswettbewerben den Kurs vorgeben. Zwischen dem 6. März und dem 18. September finden landesweit Vorwahlen statt. Tausende von republikanischen und demokratischen Anwärtern auf jeder politischen Ebene unterhalb des Präsidentenamts kämpfen um eine Chance, im November für ihre Partei auf dem Wahlzettel zu stehen. Die historisch hohe Anzahl bereits registrierter Kandidaten erzählt einen Teil der Geschichte. Am deutlichsten ist dieser Anstieg bei den Vorwahlen für das Repräsentantenhaus. Bisher haben sich 455 demokratische Kandidaten bei der „Federal Election Commission“ registriert und damit doppelt so viele wie gewöhnlich. Auf republikanischer Seite haben sich hingegen nur 111 Kandidaten registrieren lassen.

Für die Demokraten sieht die Situation vor Beginn der Vorwahlsaison positiv aus. In Bundesstaaten und Wahlkreisen, in denen sie bisher chancenlos waren, treten in diesem Jahr erstmals einige aussichtsreiche Kandidaten an. Auf republikanischer Seite werden die Wettbewerbe um die Nominierungen zur Bewährungsprobe für das Parteiestablishment. Besitzt es noch genügend Einfluss auf die unruhige Basis oder wird sich diese als nicht zu bändigen herausstellen? Dabei werden ultrakonservative Aktivisten und deren Geldgeber versuchen, das derzeitige Kräfteverhältnis innerhalb der Partei weiter zu ihren Gunsten zu verschieben. Die Versuche der Parteienoberen – sowohl der Republikanischen als auch der Demokratischen Partei – die ideologischen Konflikte bei den Vorwahlen zu moderieren und Einfluss auf die Kampagnen zu nehmen, sind bisher aber gering.

Sowohl die eher linksliberale Basis der Demokraten als auch die konservative Basis der Republikaner sind gegenwärtig von populistischer Leidenschaft getrieben. Dies kann beiden Parteien helfen, aber auch schaden, wenn sie beispielsweise unzumutbare, extreme Kandidaten für den Hauptwahlkampf aufstellen. Der unberechenbare Präsident Trump dient dabei als „Trump(f)“ bei den republikanischen Vorwahlen. Er kann mit seiner Politik und seiner Popularität an der Basis ausgesuchten republikanischen Kandidatinnen und Kandidaten entweder helfen oder ihnen schaden.

Zwischen Konflikten und Schlammschlachten

Einige Vorwahlen um aussichtsreiche Kandidaturen sind bereits zu innerparteilichen Schlammschlachten ausgeartet. Mehrere republikanische Vorwahlkämpfe – darunter die Entscheidungen für die Senatsmandate in Arizona, Nevada und ein erwarteter Wettbewerb in Mississippi – gelten als Stellvertreterkriege zwischen dem moderaten Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell aus Kentucky, und ultrakonservativen Aktivisten aus dem Dunstkreis des ehemaligen Chefstrategen im Weißen Haus, Stephen Bannon. Einige dieser Vorwahlen haben mehrere glaubwürdige Kandidaten angezogen. Es ist daher vorhersehbar, dass es bei den Vorwahlen zu ideologischen Zusammenstößen und Machtkämpfen kommen wird. Viele republikanische Kandidaten fragen sich daher, ob sie persönlich aus den ideologischen Konflikten gestärkt oder geschwächt hervorgehen werden.

Auch die Demokraten sind in Konflikte verstrickt. Es scheint keine Einigkeit darüber zu geben, mit welcher Strategie sie gegen Trump antreten sollen. Außerdem ist unklar, wie die Partei den Spagat zwischen der linken Agenda ihrer Parteibasis – etwa im Hinblick auf die Gesundheitspolitik, die Anhebung des Mindestlohns oder einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump – und einer moderaten Politik schaffen soll. Letztere wird von der Parteiführung als der richtige Weg angesehen, um demokratische Wähler zurückzugewinnen, die bei der Präsidentschaftswahl 2016 Trump unterstützt haben. Bisher stimmen einige Kandidaten in Vorwahlrennen, bei denen der Ausgang offen ist, Töne im Stil von Bernie Sanders an und werben für eine allgemeine Gesundheitsversicherung und einen Mindestlohn von 15 US-Dollar; andere Anwärter wiederum schlagen moderate Töne an.

Anzeichen für eine ideologische Schlammschlacht bei den Demokraten gibt es bisher jedoch nicht. Eine Kampagne, die für die Ablösung konservativer Demokraten warb und Anfang 2017 von einem Unterstützer Bernie Sanders ins Leben gerufen wurde, wurde in eine Kampagne namens „Gerechtigkeitsdemokraten“ (Justice Democrats) umgewandelt, um so eine Vielzahl liberaler Amtsinhaber und Herausforderer zu unterstützen. Mit diesem Schachzug bleibt der Burgfrieden innerhalb der Demokratischen Partei zumindest bis auf weiteres gewahrt. Zudem half die Abneigung gegen Präsident Trump dabei, einige der Differenzen bei den Demokraten zu glätten. Je näher der Wahltag rückt, desto lauter wird die Debatte über die Amtsenthebung Donald Trumps jedoch werden.

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Erste Erkenntnisse für 2020

Aus den Ergebnissen der anstehenden Vorwahlen, die ein Warmlaufen für die „Midterm Elections“ im November sind, werden sich politische Prioritäten und mögliche Kandidaten für die Präsidentschaftskampagne im Jahr 2020 herauskristallisieren lassen. Nach dem Stand heute haben die Demokraten gute Chancen, die Zwischenwahlen in diesem Jahr erfolgreich zu bestreiten. Die Basis ist motiviert und die Partei nicht so zerstritten, wie man es nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 erwartet hatte. Zu guter Letzt ist Donald Trump ein guter Motivator für die demokratische Wählerschaft, nicht nur bei den Vorwahlen, sondern auch im November an die Wahlurne zu gehen.

Bis dahin liegen allerdings noch sieben Monate vor uns. In der heutigen politischen Atmosphäre ist dies ein sehr langer Zeitraum, indem noch viel Unerwartetes passieren kann.

Claus Gramckow ist Repräsentant der Stiftung für die USA & Kanada