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Konjunkturpaket
„Es ist ein erstes Signal, mehr muss folgen, vor allem steuerpolitisch.“

Interview mit Karl-Heinz Paqué zum Konjunkturpaket
Einkaufsstraße
© picture alliance/dpa | Bernd Thissen

Mit einem Konjunkturpaket über 130 Milliarden Euro möchte die Bundesregierung Deutschland aus der Wirtschaftskrise führen. Warum das Konjunkturpaket positive Effekte haben kann und welche Maßnahmen nun folgen müssen, beantwortet unser Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Paqué im Interview mit der Magdeburger Volksstimme und Freiheit.org.

Wie beurteilen Sie das Konjunkturpaket aus ökonomischer Sicht?

Angesichts der schwersten Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wirkt das Konjunkturpaket wenig durchdacht. Es besteht aus einer Vielzahl unstrukturierter Einzelmaßnahmen, die kurzfristig Impulse setzen mögen, langfristig aber keine Probleme lösen. Es hätte die Möglichkeit geboten, nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Diese Chance wurde verpasst. Durch eine deutliche Senkung der Einkommenssteuer hätte man auch langfristige konjunkturelle Effekte erzielen können und die soziale Gerechtigkeit noch dazu gestärkt. Ohne diese Senkung bleiben gerade die Menschen und Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen in Deutschland überproportional belastet. Daran ändert auch einmaliger Kinderbonus von 300 Euro nichts.

Die Mehrwertsteuer wird gesenkt. Da müssten Sie jubeln, es war Ihre Forderung.

In der Tat ist die Senkung der Mehrwertsteuer ein wichtiger Schritt. Jedenfalls viel besser als die ursprünglich geplanten Kaufprämien. Ich habe aber meine Zweifel, ob ein halbes Jahr ausreicht. Eine längerfristige Senkung der Mehrwertsteuer wäre sinnvoller. Die Folgen der Corona-Krise werden die Konjunktur noch deutlich länger belasten. Eine langfristige Senkung der Mehrwertsteuer wäre ein klares Signal des Vertrauens an die Verbraucher – und auch an die Unternehmen, dass der Staat bereit ist, die Tür zu mehr Umsatz auf Dauer aufzustoßen. 

Was ist für Sie das Hauptmanko des Pakets? Die Kosten?

Ein starker Wachstumsimpuls ist unbedingt nötig. Es mangelt an Nachfrage, auch die Angebotssituation muss deutlich verbessert werden. Wir brauchen ein Zukunftsprogramm, das die Investitionsbedingungen grundlegend verbessert. Das ist nicht geplant. Nicht das Volumen ist das Problem, sondern die Struktur. Mit 130 Milliarden Euro hätte man eine grundlegende Entlastung bei Einkommensteuer und Gewinnsteuer für die Unternehmen machen müssen.

Konjunktur ist vor allem Psychologie. Kann das Konjunkturpaket einen breiten positiven psychologischen Effekt auf Wirtschaft und Gesellschaft haben?

Hoffen wir es, aber große Zweifel sind leider angebracht. Die Bevölkerung in der Breite und vor allem der gewerbliche Mittelstand werden durch dieses lustlos zusammengestrickte Paket nicht jenes Vertrauen zurückgewinnen, das ihnen Corona genommen hat – bei Millionen Kurzarbeitern und unterausgelasteten Betrieben. Immerhin: Es ist ein erstes Signal, mehr muss folgen, vor allem steuerpolitisch.
 

Auschnitte dieses Interviews erschienen am 5. Juni in der Magdeburger Volksstimme.
 

Warum wir eine drastische Senkung der Mehrwertsteuer brauchen, erläutert Karl-Heinz Paqué in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel: