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„Idealerweise sollten die Wahlen verschoben werden“

Ohne faire Wahlen kommt Kenia nicht zur Ruhe
Kenias Flagge

Am 26. Oktober finden in Kenia zum zweiten Mal innerhalb von 60 Tagen Präsidentschaftswahlen statt.

© iStock/ NatanaelGinting

Denise Dittrich, Projektberaterin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Kenia und Tansania, spricht vor der Wahlwiederholung in Kenia am morgigen Donnerstag im Interview mit freiheit.org über die aktuelle Lage.

Am 26. Oktober finden in Kenia zum zweiten Mal innerhalb von 60 Tagen Präsidentschaftswahlen statt. Wie kam es dazu, dass das Bundesverfassungsgericht die Wahlen annulliert hat und der Oppositionskandidat Raila Odinga nicht mehr antritt?

Raila Odinga warf dem kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta und seiner Parteienallianz (Jubilee Partei), die die Wahl vom 8. August für sich entschied, Wahlbetrug vor und focht diese vor dem Obersten Gerichtshof an. Die Richter annullierten die Wahl und begründeten dies mit schwerwiegenden Fehlern seitens der kenianischen Wahlkommission (IEBC) und Unregelmäßigkeiten bei der Überlieferung der Wahlergebnisse. Nach dem Rechtsspruch forderten Odinga und sein NASA-Parteienbündnis grundsätzliche Reformen der Wahlkommission und personelle Veränderungen ein, um die Unregelmäßigkeiten der letzten Wahl zu beheben. Diese wurden aus politischen Gründen allerdings nicht umgesetzt. Zudem wäre dies ein Eingeständnis, dass es bei den letzten Wahlen massive Versäumnisse gab. Odinga hat mit Verweis auf die fehlenden Reformen der Kommission seinen Verzicht auf die Teilnahme an den Neuwahlen am 26. Oktober erklärt.

In den letzten zwei Monaten demonstrierten tagelang Unterstützer der Opposition für die geforderten Reformen der Wahlkommission. Wie schätzen Sie die aktuelle politische Lage ein?

Dass die Präsidentschaftswahlen für ungültig erklärt wurden, war ein beispielloser Schritt, mit dem niemand wirklich gerechnet hätte. Gerade für die Anhänger von Raila Odinga, die bereits kurz nach der Verkündung des Wahlergebnisses über Instant-Messaging-Dienste und andere sozialen Medien ihre Frustration ausgetauscht hatten, war das ein Zeichen, dass die rechtsstaatlichen Prinzipien in Kenia doch noch funktionieren. Denn das Gewaltpotential, das bereits 2007 tausende Tote verursachte, ist allgegenwärtig. Es gibt bereits jetzt über 40 Tote zu beklagen und für die nächsten Tage sind landesweite Demonstrationen angezeigt.

Kann man von Wahlwiederholung sprechen, wenn es nur einen Kandidaten – den amtierenden Präsidenten Uhuru Kenyatta – gibt? Können die Wahlen doch noch abgesagt werden?

Tatsächlich gab es das schon einmal im afrikanischen Inselstaat São Tomé und Principe. Dort war es allerdings der amtierende Präsident, der die Stichwahl boykottierte, worauf der einzige Gegenkandidat die Wahl dann erwartungsgemäß gewann.

Der Ball liegt jetzt bei der Wahlkommission, die von sich aus einen Antrag auf Verschiebung stellen könnte bzw. beim Obersten Gerichtshof. Der Präsident des Verfassungsgerichts, David Maraga, der sich auch für die Annullierung der Präsidentschaftswahlen vom 8. August aussprach, hat am 24.10. entschieden, sich eine Petition von Menschenrechtsaktivisten anzuhören, die eine Verschiebung der Wahlen beantragen. Falls die Wahlen stattfinden, wird Kenia politisch wie auch sicherheitspolitisch nicht zur Ruhe kommen. Idealerweise sollten die Wahlen verschoben und auf politischer Ebene Verhandlungen geführt werden, bis wann welche Reformen möglich sind, um faire und freie Wahlen durchführen zu können.

Denise Dittrich ist Projektberaterin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Kenia und Tansania.

Für Medienanfragen kontaktieren Sie unsere Kenia-Expertin der Stiftung für die Freiheit:

Denise Dittrich
Denise Dittrich
Telefon: +27 11 880 8851