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Hiroshima
Die Erinnerung darf niemals verblassen

75. jahrestag der US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.
Friedensdenkmal in Hiroshima
Friedensdenkmal in Hiroshima © picture alliance / akg-images | akg-images, Handelskammer in Hiroshima nach Atombombe 2. Weltkrieg

Von etwa 76.000 Gebäuden werden 70.000 zerstört oder stark beschädigt, 78.000 Menschen sind auf der Stelle tot und weitere 122.000 sterben an den Folgen. Drei Tage später tötet die zweite Atombombe „Fat Man“ etwa 70.000 Menschen in Nagasaki.

Wiederholt hatten die USA Japan zur bedingungslosen Kapitulation aufgefordert, doch das stolze Land hatte sich standhaft geweigert. So klang die Rechtfertigung des US-Präsidenten Harry S.Truman für den mörderischen Einsatz durchaus plausibel: Little Boy und Fat Man sollten endlich den Krieg beenden und verhindern, dass noch mehr amerikanische Soldaten fallen würden. Und tatsächlich gab Kaiser Hirohito nur wenig später am 15. August in einer reichsweit ausgestrahlten Radioansprache die bedingungslose Kapitulation des japanischen Kaiserreichs vor den Alliierten bekannt.

Bei genauerer Betrachtung der militärischen Lage im Sommer 1945 muss der Rechtfertigungsversuch des US-Präsidenten jedoch zweifelhaft erscheinen: Japan lag wirtschaftlich und militärisch bereits völlig am Boden. Alle japanischen Großstädte (mit Ausnahme von Kyoto) waren zu diesem Zeitpunkt bereits durch konventionelle Bomben komplett zerstört worden. Auch die japanische Flotte war zerstört und die Luftabwehr gegen die US-Bomber machtlos. Spätestens Ende 1945, so stellte eine amerikanische Untersuchungskommission 1946 fest, hätte sich Japan auch ohne den Einsatz der Atombomben ergeben müssen. Und bis zu dieser Kapitulation wären keineswegs so viele Soldaten gestorben, wie Truman dies dargestellt hatte. Das wahre Motiv für den Einsatz der Atombomben war vielmehr ein anderes: Es war eine Machtdemonstration gegenüber dem einstigen Verbündeten Sowjetunion im heraufziehenden Kalten Krieg.

Der Einsatz der ersten Atombomben stellte eine Revolution in der Kriegsführung dar. Die beiden Weltkriege waren riesige Materialschlachten gewesen, die Millionen von Menschen und Tausende Tonnen Stahl bewegten. Nun war es möglich geworden, mit einer einzigen Atombombe eine Großstadt auszulöschen. Dass Hiroshima und Nagasaki dennoch bis heute die einzigen Orte geblieben sind, an denen Kernwaffen zum Einsatz kamen, zeigt, dass Atomwaffen nicht ernsthaft zur Kriegführung taugten. Dafür war ihre Zerstörungskraft zu groß. Ihr einzig sinnvoller Zweck bestand in der Abschreckung. Diese Erkenntnis setzte sich in dem Maße durch, wie nach den USA auch die übrigen Alliierten und noch weitere Länder zu Atommächten wurden.

Dass es gelungen ist, eine Proliferation auf noch mehr Staaten zu verhindern, ist dem Atomwaffensperrvertrag von 1970 zu verdanken. Darin erklärte die Mehrheit der Staatengemeinschaft ihren Verzicht auf ein nukleares Arsenal. Im Gegenzug versprachen die Atomwaffenstaaten die nukleare Abrüstung. Dieses Versprechen ist jedoch de facto bis heute nicht eingelöst worden. Um auch die nukleare Abrüstung voranzubringen, haben inzwischen 80 Staaten den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet. Für sein Inkrafttreten fehlen noch 16 Ratifizierungen.

Und längst gibt es inzwischen neue Schauplätze des Wettrüstens: die Einführung von künstlicher Intelligenz markiert eine weitere Revolution in der Kriegsführung. Voll autonome Waffensysteme könnten künftig den gesamten Prozess der Zielbekämpfung ohne signifikante menschliche Kontrolle durchlaufen. Doch die letzte Entscheidung über Leben und Tod eines Menschen sollte niemals einer Maschine überlassen werden.