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Grundrente
Grundrente: Schlecht gedacht, schlecht gemacht

Eine Grundrente würde der jungen Generation und dem Rentensystem erhebliche Zusatzkosten aufbürden, erklärt Karen Horn

Hubertus Heil stellt heute dem Kabinett sein Konzept zur Grundrente vor. Dabei hagelt es Kritik von allen Seiten, denn die Grundrente würde der jungen Generation und dem Rentensystem erhebliche Zusatzkosten aufbürden, erklärt Volkswirtin Karen Horn.

Die Sozialdemokraten kämpfen um das politische Überleben. Mit einem beherzten Sprung nach links soll das gelingen. Freilich führt ihr Vorschlag in der Debatte um die Grundrente zur Bekämpfung der Altersarmut vor Augen, dass für sie „links“ offenbar wieder das bedeuten soll, wofür es schon in der Vergangenheit viel zu lange stand: eine unaufgeklärte, verschwenderische Wirtschaftspolitik. 

Das soziale Anliegen ist unstrittig. Das Risiko der Altersarmut nimmt in Deutschland zu, nicht zuletzt wegen der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, mit denen die Hartz-Reformen erfolgreich viele Menschen aus der Arbeitslosigkeit geholt haben. Dass man sich hier kümmert, sollte in einer sozialen Marktwirtschaft selbstverständlich sein. Ihr Wesen macht nach den Worten des Vordenkers Alfred Müller-Armack aus, dass sie „das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem Prinzip des sozialen Ausgleichs zu verbinden“ vermag. Müller-Armack sah in dieser immer wieder neu auszutarierenden Verbindung des Sozialen mit dem Markt eine Formel für den gesellschaftlichen Frieden. Damit ist sein Konzept heute wieder von großer Aktualität, wo dieser Frieden fragil geworden zu sein scheint, wohinter allerlei Kränkungen stecken, die sich sozialmedial rasch zur Massenempörung aufschaukeln.

Eine verständliche Kränkung dürfte in der Tat empfinden, wer jahrelang zu ohnehin kargem Lohn gearbeitet und seine Rentenbeiträge gezahlt hat, aber auf seine alten Tage nicht mehr als die Grundsicherung erhält. Hier kann man freilich schon mit Freibeträgen Abhilfe schaffen. Das Konzept indes, das die Sozialdemokraten vorgelegt haben, ist schlecht durchdacht und schlecht gemacht, im Grundsatz wie im Detail. Es vermag überhaupt nur eine Minderheit der Betroffenen zu erreichen, schafft eine Fülle neuer Ungerechtigkeiten und verfehlt am Ende das eigene Ziel. Da hilft alle „Respekt“-Rhetorik nichts. Und für all das wäre der überhöhte Preis zu zahlen, dem ohnehin arg belasteten Rentensystem (und damit der jungen Generation) abermals erhebliche Zusatzkosten aufzubürden und den für die Nachhaltigkeit so wichtigen Zusammenhang zwischen lohnabhängiger Beitragsleistung und Auszahlungsanspruch in der Rentenversicherung noch weiter aufzulösen.

Das wäre unklug. Die soziale Marktwirtschaft verlangt, wie Müller-Armack schrieb, „den sozialen Zweck zu sichern, ohne störend in die Marktapparatur einzugreifen“. Nur so kann der Wohlstand wachsen und der gesellschaftliche Frieden Bestand haben. Das sollte auch ein linkes Anliegen sein. 

 

Karen Horn lehrt als Lehrbeauftragte an der HU Berlin, der Universität Witten/Herdecke, der Universität Siegen sowie an der Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt.

Karen Horn

Karen Horn

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