EN

"Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts"

Ausstellung zu Hans-Dietrich Genschers Leben und politischem Wirken

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit widmete sich in diesem Jahr anlässlich des ersten Todestages Hans-Dietrich Genschers nicht nur mit einer Themenwoche und verschiedenen Veranstaltungen sowie einer Broschüre, sondern auch mit einer Ausstellung dem langjährigen Vizekanzler und Bundesaußenminister. Die Ausstellung wird in diesem Jahr an verschiedenen Orten in Deutschland zu sehen sein und setzt sich mit entscheidenden Stationen von Genschers Leben und seinem politischen Wirken auseinander.

Erste Station nach dem neu eingeweihten Hans-Dietrich Genscher-Forum im Auswärtigen Amt in Berlin war im Mai das Palais Biron in Baden-Baden, wo die Ausstellung im Rahmen der Veranstaltung „In der Aufrüstungsspirale? Sicherheitspolitik in unsicheren Zeiten", einem Symposium anlässlich des 80. Geburtstags des langjährigen Bundestagsabgeordneten Olaf Feldmann eröffnet wurde.

Mit den Worten „Die Ausstellung über das Leben und Wirken Hans-Dietrich Genschers im Beisein von Dr. Olaf Feldmann, der seine internationale Politik über Jahre begleitet hat, hier in Baden-Baden eröffnen zu können, freut mich sehr! Denn gerade hier - in der früheren "Sommerhauptstadt Europas" - wurde die Diplomatie im 19. Jahrhundert geprägt. Genscher beherrschte die Klaviatur der Diplomatie wie kaum ein anderer deutscher Politiker“ brachte der Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Wolfgang Gerhardt, seine Freude über diese besondere Verbindung zum Ausdruck.

Genscher beherrschte die Klaviatur der Diplomatie wie kaum ein anderer deutscher Politiker.

Wolfgang Gerhardt
Wolfgang Gerhardt

Genschers politischer Weggefährte Olaf Feldmann

Olaf Feldmann, von Haus aus Jurist, war ein langjähriger politischer Weggefährte und Berater Hans-Dietrich Genschers, der im Vorwort des 1993 erschienenen Buches "Frieden schaffen – Frieden sichern: Von der Nachrüstung zur Abrüstungshilfe" schrieb: "Der Autor hat die entscheidenden Weichenstellungen von einem ungebremsten Rüstungswettlauf der nuklearen, chemischen und konventionellen Waffen zu der Phase des Dialogs, der Kooperation und der Abrüstung gestaltend und mit neuen Ideen maßgeblich mitbeeinflusst.

Und in der Tat waren die Analysen und Handlungsempfehlungen von Olaf Feldmann zutreffend: So kam es nach dem Ende der bipolaren Weltordnung zu globalen Abrüstungs- und Friedenssicherungsmaßnahmen, konstatierte auch Wolfgang Gerhardt, in seinem Vortrag über „Freiheit und Fairness als Werte in der internationalen Politik“, in dem er die Zusammenarbeit von Genscher und Feldmann rückblickend schilderte. Mit dem weltweiten Aufkommen des islamistischen Terrors, zahlreicher Bürgerkriegsherde und eines neuen "Isolationismus" der USA sei die internationale Politik jedoch sehr fragil geworden, so Gerhardt weiter.

Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik

Die Welt erscheine in einer neuer Aufrüstungsspirale, die sich nicht zuletzt im militärischen Kräftemessen im Pazifik zeige, sondern auch im "Zwei-Prozent-Ziel" Deutschlands für die Verteidigungsausgaben des NATO, analysierte der Friedens- und Konfliktforscher Professor Berthold Meyer von der Universität Marburg in der gemeinsamen Diskussion mit Olaf Feldmann. Auf dem Podium wurden so auch aktuelle Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik diskutiert, in der der Jubilär Feldmann abschließend an eine politische Maxime erinnerte, die ihn und Genscher sowohl als persönliche Motivation wie auch als politische Zielvorstellung verband: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“.

Abschlussveranstaltung zur Ausstellung in Hardegsen

Im Juni lud die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gemeinsam mit der Rudolf-von-Bennigsen-Stiftung zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Der Wert von Freiheit - gestern und heute“ auf die Burg Hardeg in Hardegsen ein.

Vor der eigentlichen Veranstaltung wurde Gästen aus Politik und Gesellschaft die Möglichkeit gegeben die Ausstellung zu besuchen und einen tieferen Einblick durch die Historikerin Jutta Wirth zu erhalten. Die Ausstellung war für eine Woche in Hardegsen zu sehen.

Dort wurde die Ausstellung durch die Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hochkarätig beendet bevor sie ihre Tour durch Deutschland fortsetzt. Für einen Impulsvortrag und ein anschließendes Gespräch konnten Hans-Dieter Heumann, Botschafter a.D. und Biograf Hans-Dietrich Genschers, sowie Stefan Birkner, Mitglied des Niedersächsischen Landtags und Vorsitzender der FDP Niedersachsen, gewonnen werden.

Genschers politische Visionen

Während seines Impulsvortrages beleuchtete Heumann insbesondere das Wirken Genschers während seiner langen Amtszeit, seine Verdienste und aber auch die Aspekte einer liberalen Außenpolitik. So stellte er sich und den Anwesenden die Frage, was eine liberale Außenpolitik ausmachen würde und beantwortete dies u.a. mit einem Zitat Kants, der einmal sagte: „Demokratien führen keine Kriege.“ Des Weiteren erläuterte er Genschers Standpunkte unter einem Aspekt, der für Hans-Dietrich Genscher prägend war: das Erleben zweier politischer Systeme. Heumann verdeutlichte, dass Diplomatie für Hans-Dietrich Genscher immer das Offenhalten von Optionen beinhaltete. Dies zeigte sich auch darin, dass er das Thema der Globalisierung bereits sehr früh mitdachte und sein Handeln danach ausrichtete. Dass die Bundeskanzlerin vor kurzem im Zuge der Präsidentschaft Donald Trumps und des anstehenden Brexit von einem starken Europa sprach, wurde von Genscher bereits in den frühen 1980er Jahren antizipiert. Ein starkes Europa war sein gewünschtes Ziel. Während des von Christian Grascha moderierten Gesprächs zwischen Heumann und Stefan Birkner wurden die Aussagen des Impulsvortrages unterstrichen und den Zuhörerinnen und Zuhörern verdeutlicht. Hier wurden auch verstärkt die heutigen Herausforderungen diskutiert, die beispielsweise der Populismus als Gefährdung einer freien, demokratischen Welt birgt. "Den guten Lotsen erkennt man an der ruhigen Hand und nicht an der lautesten Stimme"– so lautete ein Leitspruch von Hans-Dietrich Genscher. Diese Maxime nimmt Christian Grascha als einen wegweisenden Leitsatz für die heutige Politik. Torsten Wolfgramm, Parlamentarischer Staatssekretär a.D., war als Gast bei der Veranstaltung und betonte: „Ich gewann interessante Eindrücke über die Person, den Staatsmann und den Politiker Hans-Dietrich Genscher und auch über die Vorstellungen der Liberalen.“ Und auch Marion Villmar-Doebeling betonte: „Die Veranstaltung war sehr informativ - besonders die Informationen zu persönlichen Beziehungen der Akteure. Dies vertiefte das Verständnis über die liberale Außenpolitik, was hilfreich für die Erläuterungen der Positionen des Liberalismus war.“

Über die Ausstellung

Die Ausstellung „Hans-Dietrich Genscher: Versöhner - Gestalter - Visionär“ zeigt eindrucksvolle Bilder aus mehr als fünf Jahrzehnten und gewährt den Besuchern so Einblick in verschiedene Lebensabschnitte Genschers. Für fast zwei Jahrzehnte war er als Außenminister das Gesicht, welches Deutschland in der Welt repräsentierte. Mit seiner weitsichtigen Außenpolitik ebnete er nicht nur den Weg für die deutsche Wiedervereinigung, sondern auch für das Ende der Teilung ganz Europas.