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Freihandel
Der Trumpf des Trump

Will Amerika nun doch wieder ein umfassendes Handelsabkommen? Wenn ja, wäre es eine große Chance, die aber Europa in Zugzwang bringt.
Karl-Heinz Paqué seit 2018

Karl-Heinz Paqué seit 2018 Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Clever ist er, der amerikanische Präsident. Zwar bleibt es schwer, hinter seinem erratischen Handeln eine kohärente Strategie zu erkennen, aber seine Taktik ist trickreich. Nun treibt er mit Zollandrohungen einen Keil zwischen Deutschland und Frankreich. Und dies auch noch, man höre und staune, im Geiste des Freihandels. Unser Vorstandsvorsitzender Professor Paqué analysiert die neue Lage.

Was hat Donald Trump nicht schon alles Abfälliges über den freien Welthandel geäußert. "Free Trade", das ist für ihn eigentlich eine politische No-Go-Area, und als er nach langen Verhandlungen mit Kanada und Mexiko das "North Atlantic Free Trade Agreement" erneuerte, änderte er schnell auch dessen Name. Es heißt jetzt einfach und hässlich "USMCA", das Wort "Free Trade" flog raus.

Merkwürdig nur, dass im Dickicht seiner Drohungen und Forderungen auch immer wieder Schritte in Richtung Freihandel auftauchen. So jetzt - erstmalig recht konkret - gegenüber der Europäischen Union. Trump droht mit Strafzöllen auf Importe von Autos aus Europa, was vor allem den deutschen Export träfe. Er fordert im Gegenzug umfassende Zollsenkungen von der EU, und zwar nicht nur für Industrieprodukte, sondern vor allem auch im Agrarbereich, was natürlich auf seine Wähler in den exportstarken landwirtschaftlichen Weiten des mittleren Westens zielt. Genau dies, die Liberalisierung des Agrarsektors, will aber vor allem Macrons Frankreich nicht - und schon gar nicht in einer Zeit, in der Gelbwesten mit ihrem Protest die Straßen französischer Städte beherrschen.

Was tun? Zugegeben, bei Trump weiß man nie, ob er morgen zu dem steht, was er heute sagt. Aber nehmen wir mal an, seine jüngste Kombination aus Drohung und Forderung ist tatsächlich ernst gemeint. Dann ist es nicht weniger als ein Angebot zu Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen. Da darf die EU nicht einfach nein sagen. Natürlich wird man sich in Brüssel bis zu den Europawahlen Ende Mai politisch durchlavieren, um nicht Macrons Gegnern, den Gelbwesten, zusätzliche Munition zu liefern. Aber danach könnte es gleich losgehen. "We put TTIP into the freezer", so sagte die liberale EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström 2016 nach Trumps Wahl bei einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Hamburg. "Let's take it out of the freezer", das muss man ihr jetzt zurufen. Möglichst natürlich in verschlankter Form und mit anderem Namen, aber doch eben in der Sache ein Freihandelsabkommen, das diesen Namen verdient.

Tut die EU das nicht, so entlarvt sie sich selbst als Anwalt des Protektionismus. Das wäre töricht, denn gerade in der Auseinandersetzung mit dem chinesischen Staatskapitalismus und seinen WTO-Regelverletzungen braucht es den transatlantischen Schulterschluss. Dass Trump dabei seine eigenen Interessen vertritt, versteht sich von selbst - er wird nie ein Freund des Freihandels werden. Aber vielleicht erkennt er, dass es durchaus sinnvoll ist, wieder näher an Europa heranzurücken, zumal die EU bisher überaus klug auf die amerikanischen Provokationen reagiert hat: durch angemessene und gezielte Vergeltung sowie durch forcierten Abschluss von Handelsabkommen mit Japan, Kanada, Mexiko und Südkorea, die eines deutlich machen: Zur Not geht es auch ohne die USA.


Natürlich wird Trump niemals zugeben, dass er auf die maßvollen Gegenmaßnahmen anderer reagiert, aber es wird gleichwohl den Rahmen verändern, in dem er argumentiert und agiert. Gute Handelspolitik braucht eben kluges Augenmaß und einen langen Atem - nicht nur in Washington, sondern auch in Brüssel.