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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Freedom Fights Fake
Fakten und Empirie statt Mythen und Verschwörungstheorien

Desinformationen durchdringen Gesellschaften weltweit
Demonstration und Kundgebung gegen die Corona-Politik in Berlin
Demonstration und Kundgebung gegen die Corona-Politik in Berlin © picture alliance / Geisler-Fotopress | Frederic Kern/Geisler-Fotopress

Im Jahr 2017 ermordete ein marodierender Mob im indischen Bundesstaat Jharkhand sieben junge Männer. Der Grund: Über WhatsApp wurden Fake News verbreitet, laut denen Kindesentführer in der Region ihr Unwesen trieben. Es sollte nicht der letzte von Falschinformationen motivierte Mord in Indien bleiben. Bis heute hat das Land ein massives Problem mit der ungefilterten Verbreitung von Fake News, seit der Corona-Krise wohl noch stärker als zuvor.

Das belegt nun auch eine globale Studie der Friedrich-Naumann-Stiftung, durchgeführt in sieben Ländern auf vier Kontinenten. Demnach sind 72 Prozent der indischen Befragten überzeugt, das Corona-Virus sei eine chinesische Biowaffe. Mehr als die Hälfte glaubt, die Regierung habe eine Corona-Impfpflicht beschlossen.

Politik muss Maßnahmen ergreifen

Ein rein exemplarischer Wert ohne Bezug oder Grund zur Sorge für uns Deutsche möchte man beruhigt feststellen. Doch so einfach ist es nicht, denn Desinformationen durchdringen inzwischen Gesellschaften weltweit. So stimmen der Aussage, Medien würden auf Druck der Regierung Tatsachen über das Coronavirus verschweigen, in Deutschland 34 Prozent der Befragten zu. Ein Viertel glaubt, Bill Gates habe mehr Macht als die Bundesregierung. Und 27 Prozent sind überzeugt, Gates fordere eine Zwangsimpfung aller Menschen.

Fake News sind längst über die Blase der „verrückten Verschwörungstheoretiker“ hinausgewachsen. Sie unterminieren das Vertrauen in die Medien, Politik, Ärzte und langfristig auch in die Demokratie als System. Dem globalen Kampf gegen Fake News muss daher eine deutlich höhere Priorität gebühren, als ihm bisher zukommt. Es liegt an der Politik, Maßnahmen zu ergreifen: Neue Bildungskonzepte zum Umgang mit Medien für Menschen jedes Alters, europäische Initiativen zur Förderung der Pressefreiheit und die strikte Anwendung des Kartell- und Wettbewerbsrechts gegenüber den digitalen Plattformbetreibern können erste Schritte sein.

Aus liberaler Sicht geht es dabei nicht um Verbote, um die Diskussion zu unterdrücken. Es geht um weltweite Aufklärung aufgrund von sorgfältiger Recherche und mit sachlicher Berichterstattung. Wollen wir den Fortschritt befördern, brauchen wir Fakten und Empirie statt Mythen und Verschwörungstheorien.

Der Artikel wurde am 11. August in der Mittelbayerischen Zeitung erstveröffentlicht.