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„Fast ein bisschen elitär“

Der frühere hessische Verkehrsminister Florian Rentsch im Interview mit freiheit.org
Autobahnbaustelle
© picture alliance / dpa | Revierfoto

Herr Rentsch, Sie waren ja in Hessen Wirtschafts- und Verkehrsminister. Was haben Sie gedacht, als Sie von der Forderung der Grünen hörten, ein Moratorium für den Autobahnausbau zu verhängen?

Dass die Grünen weiterhin mit gespaltener Zunge sprechen. Der hessische Verkehrsminister Al Wazir, der den Grünen angehört, hat im Wahlkampf den Menschen versprochen, dass die Autobahn A 49 nicht kommen wird. Und er wusste schon damals, dass er nach Recht und Gesetz entscheiden muss, wenn er Minister wird. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die Gerichtsverfahren die Planung bestätigen, war bereits damals sehr hoch. Die Grünen auf Bundesebene versuchen einen ähnlichen Kniff: Eigentlich sei man dagegen, aber rechtsstaatlich lässt sich kaum etwas machen. Das ist von vorgestern. Das Ausspielen der Verkehrsträger, also etwa von Bahn und Autobahn, kann nicht die Lösung für unsere Verkehrsprobleme sein.

Wie meinen Sie das mit dem Ausspielen der Verkehrsträger?

Ich fühle mich an die 70er und 80er Jahre erinnert. Damals war das Auto das Symbol, gegen das die Grünen gekämpft haben. Aber heute tun wir alles dafür, damit das Auto umweltverträglicher wird, siehe Elektrifizierung oder auch Wasserstoff. Nehmen Sie die synthetischen Kraftstoffe, bei denen es um bahnbrechenden Fortschritt geht. Und ja, ein wirtschaftlich erfolgreiches Land braucht eine moderne Verkehrsinfrastruktur – eine gute Mischung der Verkehrsträger. Nur so können wir das Bedürfnis nach Mobilität auch erfüllen. Verkehrspolitik findet nicht nur in der Metropole statt. Das ist fast ein bisschen elitär, wie die Grünen hier Verkehrspolitik machen.

Jetzt geht es ja bei der A 49 auch ganz konkret um Verkehrsberuhigung. Die führt doch auch zu einer Entlastung von Anwohnern?

Es gibt drei große Themen. Eine ist natürlich, dass für die Region diese Autobahn wirtschaftlich wichtig ist. Wir reden von einer Region, die bis jetzt nicht richtig wirtschaftlich erschlossen ist. Das führt zweitens dazu, dass wir den Verkehr aus den Orten rausholen. Das ist der beste Umweltschutz, den man machen kann. Und drittens geht es um Verkehrssicherheit. Die A 49 soll ja die A 7 entlasten, die bekannt ist für die Kasseler Berge, die viele vom Autofahren kennen. Eine Strecke, die vor allen Dingen durch den LKW-Verkehr stark belastet ist. Und die ist extrem hügelig. Wir haben dort sehr häufig Unfälle, etwa weil LKW liegenbleiben. Das kommt in dieser Debatte völlig zu kurz.

Es gibt ja eine große Diskussion über intelligente, individualisierte Mobilität. Wann wird diese Vision in Deutschland Realität?

Wir haben ja Teile davon jetzt schon umgesetzt oder sind in der Umsetzung. In der A4 wird viel erprobt und getestet, wie man Autos besser miteinander vernetzen kann. Ein zweites Thema ist die große Debatte zum Thema Tempolimit, die ja auch überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist. Wir haben hier die Autobahnen an den wichtigen Stellen mit Telematik- Systemen ausgestattet. Das ist die Digitalisierung der Straße. Und diese Telematik-Systeme sollen dafür sorgen, dass Verkehr dann gebremst wird, wenn besonders hohe Frequenzen auf den Straßen sind. Der Vorteil ist natürlich, dass viel mehr Kapazität auf die Straße kommt und Staus verhindert werden. Der Verkehr der Zukunft wird ein ganz anderer sein, als wir ihn heute kennen.

Auch das elektrische Auto braucht eine funktionierende Infrastruktur...

Der Fehler ist immer wieder, dass der Staat technologische Entscheidungen trifft. Besser wäre es, wir legen einen bestimmten CO2-Ausstoß fest und bieten dadurch Anreize für Innovationen. Und die sollten wir nicht behindern, indem wir jetzt eine sehr antiquierte Debatte gegen das Auto führen.

 

Florian Rentsch ist Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.