EN

Ein Mann von legendärer Großherzigkeit

Ein Mann von legendärer Großherzigkeit

Vitit Muntarbhorn

© Vitit Muntarbhorn

Sein Ruf eilt ihm voraus: Erster unabhängiger Experte der UN auf dem Gebiet Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität. UN-Sonderberichterstatter. Emeritierter Rechtsprofessor an der Chulalongkorn Universität in Bangkok, Thailand. Studium in Großbritannien mit einem Bachelor- und Masterabschluss in Jura von der Universität in Oxford und einem Abschluss im Europarecht von der Freien Universität Brüssel.

Lernen Sie Professor Vitit Muntarbhorn kennen.

“Ich bin nur eine kleine Persönlichkeit. Mein Werdegang ist eine demütige Geschichte, die versucht, Hoffnung für den Erfolg der Menschenrechte zu erwecken”, sagt Muntarbhorn trotz seiner beeindruckenden Vergangenheit, als er etwas über sich selbst erzählen soll.

Wörter wie Glücksfall, Wechselseitigkeit, Menschlichkeit und Geist fallen häufig in dem Gespräch mit dem hochrangigen Thai-Professor. Ungeachtet seiner kleinen Statur, lässt ihn seine aufrechte Körperhaltung stattlicher aussehen, als er in Wirklichkeit ist. Sein ständiges Lächeln strahlt die Leichtigkeit seines Geistes aus.

Unsere (gemeinsame) Menschheit

Trotz seiner 65 Jahre ist Muntarbhorn noch ständig in Bewegung, jedoch nie ohne die Vergangenheit zu reflektieren. Er erinnert sich an seine ersten Jahre in der Entwicklungshilfe, in denen er Spenden für den Bau von Schulen und Straßen im Nordosten Thailands gesammelt hat. “Die Dorfbevölkerung besaß selbst sehr wenig, trotzdem schenkten sie uns Kissen und Matratzen. Ich konnte ihnen nie angemessen für diese Freundlichkeit danken”, erzählt Muntarbhorn.

Dieselbe Freundlichkeit setzt sich in der gesamten Menschenrechtsarbeit von Muntarbhorn, die weit über die Grenzen von Thailand hinausreicht, fort. Laut ihm handeln Menschenrechte auch von Liebe und Freundschaft – es geht um die Förderung von gegenseitigem Verständnis, Respekt und Achtsamkeit für unsere gemeinsame Menschheit.

Muntarbhorn ist ein treues Mitglied der regionalen Arbeitsgruppe für den ASEAN-Menschenrechtsmechanismus. Als Ehrenamtlicher spricht er mit Regierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um die Diskussionen anzuregen und den Schutz der Menschenrechte zu unterstützen.

1993 haben die Außenminister der ASEAN-Mitgliedsstaaten die Notwendigkeit eines internationalen Menschenrechtsgremiums hervorgehoben. Dies führte schließlich zu der Errichtung der Arbeitsgruppe 1995. Getrieben vom Geist der solidarischen Teilhabe, unterstützt die Arbeitsgruppe seitdem den Austausch und Dialog.

Ein Mann von legendärer Großherzigkeit

Muntarbhorn ist ein treues Mitglied der regionalen Arbeitsgruppe für den ASEAN-Menschenrechtsmechanismus.

© Vitit Muntarbhorn

Als ASEAN 2005 die Arbeitsgruppe um Hilfe bei der Umsetzung des „Vientiane Action Programe“ (VAP) angefragt hat, stellte dies einen besonders bedeutenden Moment für die Arbeitsgruppe dar.

Das VAP betonte die Notwendigkeit einer Institutionalisierung der Menschenrechte und, in diesem Zuge, auch die Erforderlichkeit einer zwischenstaatlichen Steuerung. In einer Veröffentlichung des Instituts für Internationale Beziehungen der Australischen Nationalen Universität aus dem Jahr 2013 heißt es: “In entscheidenden Momenten, vor und nach 2004, war es die Arbeitsgemeinschaft für die Schaffung eines ASEAN- Menschenrechtsmechanismus, die nicht nur den Blick der ASEAN auf die Menschenrechte gelenkt, sondern auch die Interdependenz zwischen dem Schutz dieser Rechte und einem langfristen Erfolg der ASEAN-Sicherheitsziele herausgestellt hat.”

Aus der ASEAN-Charta aus dem Jahr 2008, welche die Rechtsstellung und den institutionellen Rahmen der Organisation beschreibt, entstanden später eine Vielzahl von Menschenrechtsmechanismen: ASEAN Intergovernmental Human Rights Commission (AICHR), ASEAN Commission on the Rights of Women and Children (ACWC), und ASEAN Committee to Implement the Declaration on the Protection and Promotion of the Rights of Migrant Workers.

„Die Mechanismen, die wir heute haben, sind ein Mittel zum Zweck und der Zweck ist die Förderung und der Schutz der Menschenrechte für alle. Die Arbeitsgemeinschaft hat immer noch die sehr wichtige Aufgabe, die neu gewonnene Dynamik zu erhalten”, erklärt Muntarbhorn. Die Arbeitsgruppe ist die einzige Menschenrechtsorganisation, die in der Charta von ASEAN als Partnerorganisation aufgeführt wird.

Niemals frustriert

Dieser Aufschwung scheint in der Region jedoch momentan ins Stocken zu geraten. Einige Staaten ASEANs verzeichnen Rückschritte in politischen und bürgerlichen Rechten, aber auch in dem Schutz fundamentaler Menschenrechte.

“Freunde fragen mich, ob ich nicht frustriert sei angesichts der Lage der Menschenrechte. Ich sage dann immer: `Nein, ich bin niemals frustriert.` Die Implementierung der Menschenrechte ist ein langfristiger, niemals endender Prozess, der sich manchmal sogar zyklisch gestaltet. Wir brauchen ein starkes Engagement, um dieses langfristige Element der Menschenrechte zu verstehen.” Er betont, sein unbeirrbarer Optimismus beruhe auf dem Verständnis, dass Menschenrechte nicht isoliert seien. “Sie gehen Hand in Hand mit Demokratie, Frieden und nachhaltiger Entwicklung. Das ist das gesamte Paket. Man sollte Menschen und Organisationen nicht zu sehr verallgemeinern. Menschen sind sehr unterschiedlich, und wir finden immer einen Ansatzpunkt für graduelle Veränderungen.”

Ein Mann von legendärer Großherzigkeit

“Ich bin kein geeigneter Kandidat für revolutionäre Veränderungen. Als Lehrer spornen mich selbst kleine Fortschritte an, auch wenn es für Außenstehende vielleicht zu langsam vorangehen würde”

© Vitit Muntarbhorn

“Ich bin kein geeigneter Kandidat für revolutionäre Veränderungen. Als Lehrer spornen mich selbst kleine Fortschritte an, auch wenn es für Außenstehende vielleicht zu langsam vorangehen würde”, führt er fort. Muntarbhorn lehrt Jura und organisiert regelmäßig kleine Pizzaparties für seine Studenten. Er erzählt, dass er immer bemüht sei, ein demokratisches Umfeld in seinem Klassenzimmer zu schaffen, sodass die Studenten verschiedene Möglichkeiten haben, um an den Diskussionen teilzuhaben.

Ein Gefühl für Balance

Muntarbhorn beantwortet auch spontane Fragen, sei es über seine Arbeit in der Diplomatie oder als Professor, seine Beratung im Bereich der Menschenrechte oder über das Leben im Allgemeinen. Seine Antworten waren gleichzeitig wortgewandt und natürlich, besonders als er anfing, über seine ausgewogene Lebensweise zu berichten.

“Ich bin nicht immer zufrieden mit mir selbst, aber trete anderen meistens gut gelaunt gegenüber”, offenbart Muntarbhorn. “Ich gehe laufen, mache Sport und Yoga. Das gibt mir die nötigen Endorphine für eine gesunde und positive Einstellung.”

Muntarbhorn, der zu unserem Interview in einem frisch gebügelten Anzug und einem Turnbeutel erschien, sieht sich selbst als Mensch mit schlichten Bedürfnissen. Diese Bescheidenheit ist es, die ihn schon seit drei Jahrzehnten ehrenamtlich für die Arbeitsgruppe arbeiten lässt. Er schätzt sich selbst als glücklich ein, die Möglichkeit zu haben, mit verschiedenen Einrichtungen zu interagieren und Wege für die Hoffnung zu finden.

“Ich nähere mich diesen Angelegenheiten von einer leicht immateriellen Sichtweise. Ich bin nicht religiös, aber ich denke, dass es einen bestimmten Spirit gibt, und ein Großteil meiner Arbeit orientiert sich daran. Es geht um den Spirit, der Spirit ist entscheidend”, betont Muntarbhorn.

Der Weg zu den Menschenrechten ist vielleicht holprig, aber es wird immer Menschen mit einer großherzigen Seele wie Muntarbhorn geben, die den Weg weisen.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, die den Schutz der Menschenrechte fördert, unterstützt die Arbeitsgemeinschaft seit ihrer Gründung. Muntarbhorn beschreibt die Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgemeinschaft und der Stiftung als sehr beständig.

Zum 60. Geburtstag der FNF erinnert sich die Stiftung an Beiträge ihrer Partner und würdigt ihre Rolle in der Verteidigung, Stärkung und Ausdehnung der Freiheit. Prof. Vitit Muntarbhorn`s „Freedom Journey” ist ein Teil des Features des FNF-Regionalbüros Südost- Ostasien mit dem Namen `60 Years Diaries`.