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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

E-Mobilität
Brisante Brandgefahr?

Wir brauchen endlich eine offene Diskussion über die Risiken der Elektromobilität. Derzeit reden nur Profis darüber. Die Politik steht da erst am Anfang.
Ausgebrannter Tesla
Immer wieder machen gänzlich ausgebrannte Elektrofahrzeuge Schlagzeilen, weil sie schwer zu löschen sind. © picture alliance/APA/picturedesk.com

Was hat Brandmeister Andreas Ruhs von der Feuerwehr Frankfurt am Main mit der großen Politik zu tun? Ganz einfach: Er ist ein Profi, der weiß, von was er redet. Das bewies er in dieser Woche in einem Beitrag zu einem Tesla-Unfall in Österreich im Zweiten Deutschen Fernsehen. Es geht um die Risiken auf dem Weg zur Elektromobilität im Straßenverkehr. Es ist zu ernst, als dass man es der Politik allein überlassen darf. Fachleute müssen die Lage präzise analysieren und Anstöße für den Innovationsbedarf geben. Unser Vorstandsvorsitzender Professor Paqué sieht darin eine gewaltige Herausforderung und große politische Aufgabe.

Die Fakten sind schnell erzählt: Vor wenigen Tagen brannte eine Fahrzeug mit Elektroantrieb der Marke Tesla beim Aufprall auf eine Leitplanke in Österreich komplett aus. Zunächst wurde vermutet, dass der zweite Brandschub bei diesem Unfall auf das Brennen des Akkus zurückzuführen war; inzwischen wird dies bestritten. Wie dem auch sei: Der Unfall löste eine Diskussion über die Brandgefahr der Elektromobilität aus, die ins öffentlich-rechtliche Fernsehen hineinschwappte.

Zu Recht: Der Unfall war nämlich eine absolute Standardsituation, wie sie hierzulande jeden Tag auf deutschen Straßen vorkommt. Nur eben bisher vor allem unter Beteiligung von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor – kein Wunder, denn die Anzahl der Elektro-Autos ist bisher noch sehr klein. Dies wird sich aber in den nächsten Jahren massiv ändern. Und dies beunruhigt die Feuerwehr: Zwar zeigen Crash-Tests, dass die Wahrscheinlichkeit eines Brandes bei Elektro-Fahrzeugen keineswegs höher ist als bei Autos mit konventionellem Antrieb, aber wenn einmal aus welchen Gründen auch immer ein Brand ausbricht, ist die Lage offenbar erheblich gefährlicher, weil ein betroffener Akku durch Kettenreaktion als starker Brandbeschleuniger wirkt und schließlich auch noch vollständig ausbrennen muss, was durchaus zwei Tage dauern kann. Hinzu kommt, dass die Rettung von Insassen durch die Feuerwehr erheblich schwieriger und gefährlicher wird als bisher, weil Teile des ausbrennenden Wagens "unter Strom stehen" und es präzisester Kenntnisse der Karosserie-Architektur bedarf, um die Bergung von Insassen zu ermöglichen.

Das ist eine gewaltige Herausforderung für die Gesellschaft. Vieles muss zusammen kommen, um in der Zukunft eines elektro-dominierten Straßenverkehrs nicht in der Sackgasse höchster Risiken für Leib und Leben zu rasen: deutlich mehr Feuerwehrleute, alle auf modernstem Niveau ausgebildet und ausgerüstet; neue Technologien und Schutzschilde, die im wahrsten Sinne des Wortes eine "fire wall" um die hochleistungsfähigen Akkus legen; neue Methoden, Plätze und Räume für das langsame "Auskühlen" betroffener Fahrzeuge – verbunden mit sicheren Abschlepptechniken, etc, etc, etc. Es ist deshalb überhaupt keine dumpfe Technikskepsis, wenn entsprechende Schritte politisch mit Nachdruck angemahnt werden.

Tatsächlich redet die Politik fast täglich von "Technikfolgen-Abschätzung". Gleichzeitig stürzt sie sich euphorisch in ein Elektro-Abenteuer, dessen weitreichende Folgen bisher kaum zu erahnen sind. All dies erinnert die Älteren unter uns (der Autor dieser Zeilen zählt dazu) an die frühe Diskussion über die Risiken der Kernkraft, die von begeisterten Nuklear-Ingenieuren mit kleinsten Wahrscheinlichkeiten angesetzt wurden. Dann folgten die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima – mit einem glimpflich verlaufenden Vorläufer in Harrisburg und viele weitere Zwischenfälle, deren Ausmaß mehr oder weniger bekannt sind. Die Technologie erwies sich eben nicht als "fehlerfreundlich", wie es der Philosoph und Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker in einer klugen Formulierung gefordert hatte.

Es wird Zeit, die Kriterien der Fehlerfreundlichkeit auch auf die Zukunft der Elektromobilität anzuwenden. Akkus sind eben keine harmlosen sauberen Spielzeuge. Sie bringen in unser Leben jene Brandgefahr zurück, die über Jahrhunderte das Zusammenleben der Menschen beherrschte, tragische Unglücke hervorbrachte, aber auch zur heldenhaften und glorreichen Geschichte der Feuerwehr beitrug. Mit rauchenden Smartphones in Flugzeugen fing es neuerdings wieder an und, wenn wir nicht aufpassen, könnte es mit infernalischen Bränden bei Massenkarambolagen auf Fernstraßen enden. Wir sollten es nicht so weit kommen lassen. Da hilft einmal mehr nur die Zusammenarbeit der Politikern, ja, mit Profis.