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Dem Protektionismus die Stirn bieten

Entschlossene Antwort der EU auf Trumps Strafzölle
Handel

Droht eine neue Ära mit Protektionismus und Handelskriegen?

© GettyImages/ takenobu

Der US-Präsident Donald Trump hat der Welt wieder einmal gezeigt, dass er – trotz zahlreicher bisheriger Aufregungen und Skandale – immer noch zu allem entschlossen ist. Mit der Unterzeichnung eines entsprechenden Dekrets hat Trump die angekündigten Importzölle von 25% auf Stahl bzw. 10% auf Aluminium beschlossen. Innerhalb der internationalen Handelsgemeinschaft hat dieser Vorstoß in erster Linie Empörung ausgelöst. Die EU veröffentlichte bereits konkrete Gegenmaßnahmen und machte damit deutlich, dass sie amerikanischem Protektionismus die Stirn bieten kann.    

Trumps Entscheidung folgt einem Bericht des US-Handelsministeriums, welcher die Einfuhr von Stahl und Aluminium als Bedrohung der nationalen Sicherheit identifiziert. In der Konsequenz empfehlen die Experten drei Handlungsoptionen, darunter Handelsbeschränkungen. Die fadenscheinige Sicherheitsbegründung für einen unilateralen Angriff auf die Welthandelsordnung verschleiert jedoch mehr schlecht als recht den eigentlichen Beweggrund der jüngsten Maßnahmen: Schutz vor ausländischer Konkurrenz, vor allem aus China.

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Üblicherweise wird bei Handelsstreitfragen die Welthandelsorganisation (WTO) per Antrag als unparteiische Schiedsrichterin eingesetzt, deren Gremium zur Streitbeilegung (Dispute Settlement Body, DSB)  innerhalb vom 12 bis 15 Monaten eine bindende Entscheidung trifft. Wird diese nicht beachtet, kann die geschädigte Partei Strafzölle erheben, d.h. auch auf Aluminium und Stahl.       

Die EU zeigt sich kämpferisch

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bedauerte die angekündigten US-Maßnahmen und zeigte sich kämpferisch: Dieser Schritt ist keine Lösung, sondern verschärft die Lage nur noch weiter. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie mit unfairen Maßnahmen gegen unsere Industrie vorgegangen wird.“

Angesichts des unbegründeten handelspolitischen Affronts durch die Umgehung der WTO kann und darf die Europäische Union nicht untätig bleiben, findet auch Professor Karl-Heinz Paqué, stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. „So bedauerlich es für Befürworter des Freihandels wie die Liberalen auch ist: Die EU muss mit Retorsionsmaßnahmen antworten, denn Donald Trump verlässt mit aggressivem Unilateralismus die Grundsätze der WTO. Ohne Antwort würde sich die EU unglaubwürdig, fast sogar lächerlich machen.“

Zahlreiche europäische Politiker zeigten sich ebenfalls alarmiert: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron traf sich mit Quebecs Premier Philippe Couillard und betonte eindringlich die Einhaltung der WTO-Regeln, Theresa May verwies auf multilaterale Lösungen und ihr Kabinettsminister warnte vor einem möglichen Handelskrieg.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström präsentierte am Mittwoch verschiedene Gegenmaßnahmen zu den geplanten Importzöllen und unterstrich die Handlungskompetenz der europäischen Staatengemeinschaft in Handelsfragen. Die schwedische Politikerin betonte, man könne das zugrunde liegende Problem der weltweiten Überproduktion von Stahl und Aluminium nur durch Kooperation mit den beteiligten Ländern und keinesfalls durch nationale Alleingänge und Isolation lösen. Die jüngsten US-Maßnahmen führten zu einer erneuten Belastungsprobe für die transatlantischen Beziehungen, Kostensteigerungen in der Stahl- und Aluminiumbranche, einem reduzierten Angebot und zum Verlust von Arbeitsplätzen auf beiden Seiten.

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Europas Antwort

Die europäische Antwort auf Trumps neuesten Griff in die protektionistische Trickkiste ist nicht nur taktisch klug und passgenau gewählt, sondern steht auch im Einklang mit den WTO-Regeln.

Bei einer offiziellen Bekanntgabe der Einfuhrschranken von Seiten der USA plant die EU dreierlei Maßnahmen von kurz- bis mittelfristiger Wirksamkeit: 

Erstens sollen Importzölle auf symbolträchtige US-Produkte erhoben werden, darunter Levi’s Jeans, Harley-Davidson-Motorräder und Bourbon Whiskey. Das Pikante daran ist, dass diese Produkte aus den Heimatstaaten einflussreicher Republikaner stammen: Die Whiskey-Brennereien stehen in Kentucky, der Heimat von Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat; die Motorradfabriken sind in Wisconsin beim Sprecher des Weißen Hauses, Paul Ryan, beheimatet, der sich jüngst gegen Trumps Pläne ausgesprochen hatte. Die europäischen Gegenmaßnahmen entsprechen in etwa dem Umfang der durch die angekündigten Zusatzzölle zu erwartenden Einbußen, was von einem entschlossenen Handeln der EU zeugt. Zweitens wird die EU-Kommission die mittelfristigen Auswirkungen der US-Maßnahmen auf den europäischen Stahlsektor beobachten und bei einem hohen Volumen umgeleiteter Produkte gegebenenfalls weitere Schutzmaßnahmen ergreifen. Schließlich plant die EU in Abstimmung mit weiteren betroffenen Ländern, drittens, eine Klage bei der WTO und die Einberufung eines DSB-Schiedsgerichts.

Karl-Heinz Paqué begrüßt die gewählten Maßnahmen im Sinne einer sogenannten Nadelstichpolitik, um Trump zur Vernunft zu bringen. „Es gäbe dann durchaus die Möglichkeit, einen ‚Deal‘ abzuschließen, der auch für Trump öffentlichkeitswirksam als Erfolg dargestellt werden könnte. Europa müsste dafür möglicherweise in anderen Bereichen flexibel reagieren, zum Beispiel bei der Erhöhung der Vereidigungsausgaben und auch beim Vorgehen (möglichst über die WTO) gegen staatskapitalistische Praktiken von China im internationalen Handel“, erklärt Paqué.

Keine Überdramatisierung, sondern ein Bekenntnis zum Freihandel

Das Angebot der EU zum Dialog und gemeinsamen Verhandlungen mit den USA, um die Importzölle doch noch abzuwenden, bleibt weiterhin bestehen. Derzeit ist jedoch völlig offen, wie die USA auf das europäische Angebot reagieren werden. Mit zunehmendem internationalen Widerstand sowie aus Trumps eigenen Reihen, darunter der jüngste Rücktritt seines bisherigen Wirtschaftsberaters Gary Cohn, besteht zumindest ein wenig Hoffnung auf eine Aufrechterhaltung des weltweiten Freihandels und die Verhinderung eines Handelskrieges. Zudem trifft EU-Handelskommissarin Malmström am Wochenende Trumps Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Brüssel.

Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass protektionistische US-Importzölle erfolgreich abgewendet würden: Im Jahr 2002 hatte Präsident George W. Bush bereits ähnliche Zölle auf Stahlimporte verhängt, die damals aber von der  WTO gekippt wurden.

Carmen Gerstenmeyer ist European Affairs Manager der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Brüssel.