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Waldzustandsbericht
Wir müssen den Wald als Klimaschützer anerkennen

Der Zustand der deutschen Wälder ist verheerend. Eine Aufnahme des Waldes in den EU-Emissionshandel könnte dies ändern.
Wald bei Toppenstedt

Der neue Waldzustandsbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bestätigt die dramatische Situation des Waldes. Nach drei trockenen Jahren in Folge, sind die Wälder stark geschwächt. Sie haben keine Abwehrkräfte mehr gegen Schädlinge. Auch der Kronenzustand, der die Vitalität der Bäume misst, hat sich weiter verschlechtert.  Vor allem die alten Wälder sind stark betroffen.

Ein fortschreitender schlechter Waldzustand ist katastrophal für das Klima: Wälder leisten einen enormen Beitrag zum Klimaschutz. Pro Hektar Wald werden im Jahr durchschnittlich 8 Tonnen CO2 gespeichert. Etwa ein Drittel der Fläche Deutschlands ist bewaldet, wir sprechen also von 11,4 Millionen Hektar Wald als CO2-Senke. Jedes Jahr werden 127 Millionen Tonnen CO2 in den deutschen Wäldern gebunden.[1] Die besten CO2-Speicher sind mittealte Holzbestände, denn mit zunehmendem Alter nimmt die Speicherleistung eines Baumes ab. Die Bewirtschaftung von Wäldern ist also unerlässlich für den Klimaschutz. Wichtig ist, dass die Entnahme stets geringer ist als der Zuwachs. Spannend am Wald als Klimaschützer ist auch, dass das CO2 nach der Holzverarbeitung in Möbeln oder Gebäuden weiterhin gebunden bleibt. Dadurch werden noch einmal 3 Millionen Tonnen CO2 mehr in Holzprodukten gespeichert. Man geht davon aus, dass die die Forstwirtschaft die jährlichen Gesamtemissionen um 14 Prozent senkt. Das entspricht ungefähr den Treibhausgasen, die der Verkehr hierzulande verursacht.

Diese enorm wichtige Klimaschutzleistung wird bisher jedoch nicht honoriert. Dabei ist das Hegen und Pflegen der Wälder für die Besitzenden mit großem Aufwand verbunden, der durch zunehmende Dürren und Schädlingsbelastungen zunimmt. Deshalb müssen Wälder als natürliche CO2-Senken in den europäischen Emissionshandel eingezogen werden. Momentan nehmen an diesem nur Verursacher von Emissionen in den Sektoren Energie und Industrie teil. Allerdings sollten dort auch CO2-Senken, die das Klimagas wieder der Atmosphäre entziehen, integriert werden. In Neuseeland sind die Wälder bereits seit einem Jahrzehnt in das dortige Emissionshandelssystem einbezogen. Die neuseeländische Forstwirtschaft erhält so eine Vergütung für ihre Klimaschutzleistung. Wie dieses Modell auf den europäischen Emissionshandel übertragen werden kann, analysiert das Gutachten „Negative Emissionen im europäischen Emissionshandel“. Zu den negativen Emissionen gehören nämlich auch Wälder und Moore. Für das Speichern würden die die Waldbesitzerinnen und –besitzer Zertifikate erhalten, die sie dann wiederum am europäischen Emissionshandel handeln können. Neuseeland ist mit diesem System weltweit Vorreiter.

Die Integration von Wäldern in Emissionshandelssysteme ist auch in Entwicklungs- und Schwellenländern von großer Bedeutung. Dort werden immer wieder Wälder abgeholzt, um durch beispielsweise den Aufbau von Sojafarmen, die ökonomische Lage der Bevölkerung zu verbessern. Könnte Geld durch Aufforstungen verdient werden, würde das der Zerstörung von Regenwäldern entgegenwirken.

Das Klimaschutzpotenzial, was in unseren Wäldern legt, ist enorm. Vor allem, weil sie eine sehr akzeptierte Form der CO2-Speicherung sind und zudem ein einzigartiger Lebensraum für Flora und Fauna sowie Erholungsort für Menschen sind. Aus der deutschen Kulturgeschichte ist der Wald nichtwegzudenken. Wird der Landsektor künftig in Klimaziele eingerechnet, kann das Wichtige (Klimaschutz) mit dem Schönen (Natur) verbunden werden. Wir müssen jetzt anfangen, unsere Wälder zu schützen.

[1] https://www.wald-ist-klimaschuetzer.de/

Christine Frohn ist Referentin für Energiepolitik und Nachhaltigkeit im Liberalen Institut.