EN

Internationale Politik
Frauen im Iran kämpfen für ihre Freiheit seit 1979

Deutschland muss seinen Kurs neu abstecken
Iranian female students waving national flags during the 30th anniversary of the 1979

Iranian female students waving national flags during the 30th anniversary of the 1979

© picture-alliance/ dpa | epa Taherkenareh

Damals wie heute, der Kampf um Freiheit muss weitergehen

Die islamische Revolution von 1979 ist zwar nicht der Grundstein des Kampfes um Freiheit für Frauen im Iran, doch sie markiert einen wichtigen Wendepunkt. Die Rolle der Frauen ist schon seit 100 Jahren ein Streitpunkt zwischen Islamisten und Modernisten. Der lange und erbitterte Kampf der Frauen und Männer gegen den Shah und die Monarchie wurde leider zu Gunsten der Islamisten entschieden und Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini ergriff aus dem Exil in Frankreich die Macht. Anstelle des Shah-Regimes sollte eine islamische Republik treten und die Abschaffung von europäischen Lebensweisen mit sich bringen. Erste Maßnahmen zur Islamisierung des öffentlichen Lebens wurden schon zwei Wochen nach der Revolution eingeführt. In seiner Rede am 8. März 1979, dem heutigen internationalen Frauentag, rief Khomeini den Schleierzwang für die iranischen Frauen aus. Weitere Einschränkungen folgten, wie im Familienrecht und im Berufsleben. Wütend und fassungslos über die Wendung der Revolution gingen tausende Frauen mit geballten Fäusten auf die Straßen in Teheran.

„Wir haben nicht Revolution gemacht, um nun den Rückwärtsgang einzulegen!“

Der Kampf der Frauen im Iran hält bis heute an. Die Iranerinnern und Iraner mussten in Ihrem über vierzig Jahre langen Kampf viele Niederlagen und schreckliche Schicksale erleben. Umso beeindruckender ist der Mut in einer Region, in dem Islamismus und Jahrtausende patriarchalische Strukturen Frauen unterdrücken. Es ist an den westlichen Ländern, diese Frauen und Männer zu unterstützen.

Deutschland muss vorangehen

Die Proteste, die durch den Tod von Masha Amini am 16. September 2022 ausgelöst wurden, sind Teil einer breiten Bewegung. Es ist der Mut der Menschen, die im Iran tagtäglich protestieren, der berührt. Das Regime hat bereits tausende Menschen verhaften und töten lassen und geht rigoros gegen sein Volk vor. Trotz immer wieder verschärfter Sanktion müssen Deutschland und die EU ihren Kurs neu abstecken.

Der Iran hat im letzen Jahr mindesten 481 Protesierende töten lassen. Allein in diesem jungen Jahr, steht die Todesstrafe 109 Frauen und Männern bevor. Die USA haben seit dem Tod von Mahsa Amiri schon mehrfach Sanktionen gegen den Iran verhängt. Zuletzt verhängten sie Sanktionen wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste gegen iranische Offizielle. Sie richten sich unter anderem auch gegen den Direktor des Ewin-Gefängnisses in Teheran, Hedayat Farzadi. Deutschland und die EU haben zwar Sanktionen verhängt, jedoch sind sie im Vergleich zu den USA vergleichsweise milde.

Zwar wurden in der Vergangenheit schon verschiedene restriktive Maßnahmen gegen den Iran teils von den Vereinten Nationen und teils von der EU veranlasst, doch ist noch kein deutliches Zeichen gegen das Vorgehen der Sittenpolizei (Gascht-e erschād) und des Regimes gegen Frauen gesetzt worden. Die Maßnahmen bezogen sich mehr auf das Atomabkommen als auf Menschenrechtsverletzungen. So hat die EU am 17. Oktober 2022, einen Tag nach dem Tod der jungen Frau, elf iranische Personen und vier Organisationen sanktioniert. Kanada dagegen hat recht schnell zehntausend Personen in das Sanktionsregime überführt.

Ob Deutschland weniger hart reagiert, aufgrund der wirtschaftlichen Interessen? Zwar ist Deutschland der wichtigste Handelspartner für den Iran innerhalb der EU. Doch steht der Iran aus deutscher Sicht nur auf Platz 71. Sanktionen sind effektiv, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeigt. Die Studie weist darauf hin, dass die Sanktionen gegen den Iran 2012 wirkten, obwohl es keine weltweite Koalition für die Strafmaßnahmen gab. Indes, traten sie nur bis 2015 in Kraft und wurden durch die UN-Resolution 2231 ausgesetzt. Im Jahr 2016 wurden erneut Sanktionen gegen den Iran erlassen, die allerdings erneut im Zusammenhang mit dem Atomabkommen standen und nicht ausdrücklich im zusammnhang mit Menschenrechtsverletzungen.

Deutschland kann und muss einen härteren Kurs einschlagen. Zwar sind zusätzlich zu den EU-Sanktionen nationale Einschränkungen gegen den Iran angekündigt, doch nach wie vor ist nichts konkret. Die vorgenommenen Sanktionen sollen in vier Bereichen greifen doch wirken bis auf weiteres größtenteils symbolisch und reichen nicht aus. Das Einreiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten betrifft die so genannte Sittenpolizei wenig.

Eine klare Haltung gegen Menschenrechtsverletzungen

Der Zeitpunkt eines Kurswechsels ist längst gekommen. Auch wenn hierzulande viele Menschen ihre Solidarität weiterhin ausdrücken, gibt es immer noch keine neue deutsche Iran-Politik. Es bleibt abzuwarten, ob die Forderungen des Antrages der Koalitionsfraktionen an die Bundesregierung Früchte tragen. Demnach soll nicht nur der Druck auf das Regime im Iran aufrechterhalten werden, sondern weitere EU-Sanktionen sowie Visa-Sperren und das Sammeln von Beweismaterialen gegen Verantwortliche staatlicher Gewalt beschlossen werden. Sicher ist: Deutschland sollte neben einer klaren Haltung, tatkräftiger vorangehen. Die UN und ihre Iran Experten fordern einen Untersuchungsmechanismus, um die Menschrechtsverletzungen zu dokumentieren. Die Zeit wird kommen, in der das Regime zur Rechenschaft gezogen werden kann.