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Corona
Lockdown 2: Digital muss in der Schule Pflicht werden

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Noch vor Beginn des laufenden Schuljahres hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Dimap für die Friedrich-Naumann-Stiftung gezeigt, dass die meisten Befragten nicht mit einem „normalen“ Verlauf des Schuljahres rechneten. Die Pandemieentwicklung gibt ihnen leider recht. Der Lehrerverband spricht schon vom „Salami-Lockdown“, weil immer mehr Schüler und Lehrer in Quarantäne müssen. Es ist absolut wichtig, Präsenzangebote so lange wie möglich zu sichern. Aber alle Diskussionen um Masken, Lüften und darum, ob die Kinder im Winter sich in den Klassenräumen „warme Überwürfe“ anlegen sollten (kein Witz) lenken von der zentralen Chance ab: Jetzt die Zeit, Schule und Bildung in Deutschland neu zu erfinden.

Seit dem ersten Lockdown sind acht Monate vergangen. An einigen Schulen ist mehr passiert als in acht Jahren davor. Aber wir sind weit davon entfernt, unsere Hausaufgaben gemacht zu haben. Einer der wichtigsten Punkte: Der digitale Unterricht an den Schulen muss in Zukunft verpflichtend sein. Und zwar immer, nicht nur in Pandemiezeiten. Das sehen auch 80% der Befragten aus der oben erwähnten Umfrage so. Die Schule der Zukunft ist ein Hybrid aus Präsenz- und Digitalunterricht. Klassenraum und Cloud werden sich auch nach der Corona-Krise ergänzen müssen, um allen Schulkindern ein individuelles Lernprogramm zu bieten. Doch dafür braucht es nicht nur die geeignete technische Ausstattung, sondern auch völlig neue Konzepte und Fortbildungen für Lehrkräfte. Denn echter digitaler Unterricht erschöpft sich nicht im wilden Verteilen von PDF-Arbeitsblättern per E-Mai. Um passgenaue Angebote für die Situation vor Ort zu schaffen, brauchen die einzelnen Schulen mehr Autonomie. Das gilt für Mittelverwendung und Budget genauso wie für Personal und pädagogische Konzepte. Weitere Ideen für die Zukunft der Bildung hat die Friedrich-Naumann-Stiftung mit namhaften Experten in einem Trendguide gesammelt.

Die Instrumente für die digitale Lehre sollte nicht der Staat entwickeln. Es gibt einen riesigen Markt, auf dem private Anbieter mit den entsprechenden staatlichen Vorgaben eine deutsche Edu-Tech-Revolution anzetteln können. Geld dafür ist da, es muss nur unbürokratisch bei den Schulen ankommen. Der Digitalpakt muss deshalb so umgebaut werden, dass er Möglichkeitsräume an Schulen schafft. Statt Medienentwicklungspläne zu schreiben, sollen die Schulen und Lehrer einfach mal machen dürfen, aber auch müssen. Die notwendigen Rahmenbedingungen bei Datenschutzfragen und ähnliches müssen die Kultusministerien verlässlich klären.

Dahrendorfs „Bildung ist Bürgerrecht“ gilt auch in einer Notsituation wie der Pandemie. Denn im Zentrum liberaler Bildungspolitik steht das Aufstiegsversprechen. In Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung, „New Work“ und jetzt auch noch Corona bedeutet Bildung auch Flexibilität, Kreativität und die Bereitschaft, sich selbständig und offen immer wieder auf Neues einzustellen, kurz „Resilienz“. Und weil alle Kinder diese Fähigkeiten brauchen, darf es keine neue Bildungsungerechtigkeit geben. Jetzt müssen die Weichen so gestellt, dass das Bildungssystem freier, leistungsfähiger, schockresistenter, gerechter, flexibler und durchlässiger wird. Ein zweites „School’s out for Corona“ können wir uns nicht leisten.

Dieser Artikel erschien erstmalig am 14.11.2020 in der Fuldaer Zeitung.