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Laos
In Chinas Schuldenfalle

China hat Laos für Infrastruktur-Megaprojekte Milliarden geliehen. Nun steht das ärmste Land Südostasiens vor dem Staatsbankrott. Peking hat die Kontrolle über das laotische Elektrizitätsnetzwerk übernommen.
Laos
Eine Zeremonie für die Durchbohrung des letzten Tunnels der China-Laos-Eisenbahn fand am Dienstag im Dorf Foge in der laotischen Provinz Oudomxay statt. © picture alliance / Xinhua News Agency | Kaikeo Saiyasane  

Die kommunistischen Machthaber von Laos haben eine klare Marschrichtung vorgegeben: als regionaler Knotenpunkt für den Güterverkehr und „Batterie Südostasiens“ soll das kleine Land den Anschluss an seine reicheren Nachbarn Thailand, Vietnam und China schaffen. Bislang ist Laos recht arm. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte 2019 gerade einmal 18 Milliarden Dollar, weniger als Afghanistan oder Zimbabwe. Mehr als 60% der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Das monatliche Durchschnittseinkommen liegt bei 220 Dollar. Die Infrastruktur ist bescheiden, vor allem in ländlichen Gebieten.

Um aufzuholen, werden seit Jahren auf Hochdruck Infrastruktur-Megaprojekte vorangetrieben. Staudämme am Mekong sollen Strom für den Export erzeugen, eine Bahntrasse soll die wirtschaftliche Anbindung an Südost- und Ostasien verbessern. Allerdings konnte Laos diese Großprojekte nicht selbst finanzieren und nahm Kredite in Milliardenhöhe auf. Warnungen, Laos lebe weit über seinen Verhältnissen, wurden jahrelang in den Wind geschlagen.

Bauen um jeden Preis

Das größte Projekt ist der Bau einer Bahntrasse von der Hauptstadt Vientiane bis zur chinesischen Grenze. Von dort führt die Strecke weiter bis nach Kunming, einer Stadt im Süden Chinas, die mit sieben Millionen so viele Einwohner hat wie ganz Laos. Aus Pekings Sicht ist die Bahntrasse in Laos ein Teilstück einer geplanten, pan-asiatischen Zugverbindung von Südchina über Laos, Thailand und Malaysia bis nach Singapur - im Rahmen der chinesischen „Belt and Road Initiative“. Für Laos ist das gut 400 Kilometer lange Teilstück im Land das größte Infrastrukturprojekt seiner Geschichte. Der Bau verschlingt 6,7 Milliarden Dollar, also mehr als ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Auf mehr als der Hälfte der Strecke müssen Tunnel gebohrt und Brücken geschlagen werden, auch deshalb kostet der Kilometer rund 16 Millionen US-Dollar. Finanziert werden die Milliarden zum großen Teil durch chinesische Kredite. Chinesische Firmen bauen und profitieren, laotische werden außen vorgelassen. Ab Dezember 2021 soll der Betrieb für Passagiere und Güter aufgenommen werden. Weitere Milliarden kostete der Bau von Staudämmen im Mekong, dem größten Fluss Südostasiens. Auch hier war China ein wichtiger Darlehensgeber. Mit den Dämmen will Laos der wichtigste Stromproduzent der Region werden, eben die „Batterie Südostasiens“. Mit den Megaprojekten hat sich das einst verschlafene und wunderschöne Laos übernommen. Zwar kann nun theoretisch der eigene Strombedarf gedeckt und zusätzlich Energie an Nachbarländer geliefert werden. Doch die Einnahmen reichen nicht. Es sind weitere, große Investitionen in das Stromnetz nötig, um Kapazitätsengpässe auszumerzen. Aber Laos hat keine Liquidität, sondern einen Schuldenberg von 12,6 Milliarden Dollar. Zusätzlich ist der staatliche Stromnetzbetreiber „Électricité du Laos“ mit 8 Milliarden Dollar tief verschuldet. Die Wirtschaft leidet unter der Corona-Krise, weil Tourismus-Einnahmen drastisch zurückgegangen sind. Bis 2024 sind jährlich mehr als eine Milliarde Dollar an Schulden zurückzuzahlen. Laos, das nur noch 860 Millionen Dollar Währungsreserven hat, steht vor dem Staats-Bankrott.

Peking als knallharter Gläubiger

Als Entwicklungsland könnte Laos den Internationalen Währungsfonds im Rahmen des „COVID-19 Financial Assistance and Debt Service Relief“-Programms um Hilfe bitten. Aber das will die Regierung nicht. Denn die Mittel aus dem Programm sind mit strengen Transparenzanforderungen verbunden. Damit kann man sich in der Hauptstadt Vientiane nicht anfreunden. Lieber setzt man auf direkte Verhandlungen mit China, dem Hauptgläubiger. Doch das ist nicht unbedingt erfolgsversprechend. So großzügig China als Geldgeber auftritt – Darlehen an Entwicklungsländer sind üblicherweise an keinerlei Bedingungen geknüpft – so knallhart kann die Volksrepublik als Gläubiger agieren. Beispiel Sri Lanka: Als der südasiatische Inselstaat die Kreditrückzahlungen für den Bau eines Hafens nicht leisten konnte, musste dieser und sein Umland für 99 Jahre an China übergeben werden. China besitzt nun einen strategisch wichtigen Stützpunkt im Indischen Ozean.

Anfang September musste Laos die Kontrolle über sein Elektrizitätsnetzwerk an China abgeben. China steigert somit seinen wirtschaftlichen Einfluss nicht nur in Laos, sondern auch gegenüber Thailand und Vietnam, schon jetzt zwei der wichtigsten Abnehmer für laotischen Strom. Und somit hat Peking nun ein praktisches Druckmittel in der Hand, um Thailand zum Bau des nächsten Teilstücks der Kunming-Singapur Bahnverbindung zu motivieren. Chinas Arm wird länger.

 

Miklos Romandy ist Projekt Manager Südost- und Ostasien der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.