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Asyl
Abschottung ist nicht die Lösung

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnt eindringlich vor den Folgen des harten Asyl-Kurses
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

© Tobias Koch

Dieser Artikel erschien erstmals im Handelsblatt am 03. Juni 2018. Autorin: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten.

Seit Jahren kennen wir Europäer die Probleme vor unserer Haustür in Afrika. Was vor Ewigkeiten ein gemeinsamer Kulturraum um das Mittelmeer war, ist heute nur noch ein Krisenherd. Zu einer ehrlichen Betrachtung gehört, dass die zerfallenden Staaten Syrien und Libyen Europa viel zu lange zu wenig interessiert haben. Der europäische Gipfel hinterlässt den schalen Beigeschmack, dass Europa weiter nur um sich selbst kreist. Flüchtlingslager in Libyen gibt es bereits. Sie sind als Vorbild ungeeignet angesichts der katastrophalen Menschenrechtslage. Und künftig sollen noch mehr Flüchtlingslager und eine bessere Abschottung die Antwort sein. Bekämpfung der Fluchtursachen: Fehlanzeige. Damit ist nicht die klassische Entwicklungspolitik gemeint- Wie bekommt Afrika eine bessere wirtschaftliche Dynamik? Wie lassen sich Krieg und Elend dort bekämpfen? Diese Diskussion führen die Populisten von AfD und CSU erst gar nicht.

Wer in diesen hochnervösen Zeiten wie Bundeskanzlerin Merkel differenziert, bekommt dafür den schwarzen Peter. Ihre Politik soll ja an allem Schuld sein. Asyltourismus und Asylwende sind Schlagwörter für diesen durchsichtigen Stimmenfang. Am schlimmsten wirkt sich die populistische Vereinfachung auf das internationale, europäische und deutsche Recht aus. Auf einmal wird behauptet, da das europäische Recht nicht funktioniere, könne sich Deutschland darüber hinwegsetzen. Wer so argumentiert, der sei auch an die Genfer Flüchtlingskonvention erinnert. Die Weltgemeinschaft hat sich absichtlich dazu entschlossen, Humanität und Recht an die oberste Stelle zu setzen. Deswegen gibt es zum Beispiel keine Kettenabschiebungen von Menschen in Länder, in denen ihr Leben bedroht ist. Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit dürfen nicht zum Opfer eines europaweiten Rechtsrucks werden. Sonst entstünde hier in Europa am Ende ein wirklicher Krisenherd.